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Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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Hochstapler gehabt. Mit seinem Scharfsinn hatte er begriffen, dass es in New York keinen Platz für Leute gab, die nicht auf dem Weg nach oben waren, nicht reüssierten. Also war er dem schnellen illegalen Geld nachgelaufen. Genauso wie dem Mädchen Rania hatte man auch Nisar Drogen verboten, und Omar Jussuf erinnerte sich an den verschmitzten Schüler, der immer genau das gewollt hatte, was ihm nicht erlaubt war.
    Er schreckte aus seinen Gedanken auf, als er hörte, dass der Vorsitzende Abdel Hadi aufrief. Er sah Wallander überrascht an. Der Schwede fummelte verlegen an der Tastatur auf seiner Armlehne herum, mit der die Sprache für die Simultanübersetzung gewählt werden konnte. »Er ist Teil der palästinensischen Delegation, Abu Ramis. Ich konnte ihn wirklich nicht davon abhalten zu sprechen«, sagte er.
    Abdel Hadi stammelte einführende Bemerkungen. Omar Jussuf hätte schwören können, statische Entladungen vom billigen Anzug des Mannes durchs Mikrofon zu hören. Einige Delegierte verließen den Saal. Zweifellos eine Zigarettenpause und ein Schwätzchen über den Spaß im Bauchtanzklub gestern Abend , dachte Omar Jussuf. Der stammelnde Funktionär auf dem Podium tat ihm fast schon leid.
    »Unser neuer palästinensischer Lehrplan des palästinensischen Bildungsministeriums ist das Ergebnis fünfjährigen Nachdenkens, der Erhebung zahlreicher Daten, der Auswertung dieser Daten und der Auswertung von Erfahrungen mit Lehrplänen in anderen Ländern der Region«, las Abdel Hadi vom Blatt ab.
    Mit solchem Material bin ich gleich der Einzige im Saal, dachte Omar Jussuf.
    Mit monotoner Stimme las Abdel Hadi Einzelheiten des Erziehungsprogramms vor, das er entworfen hatte. Omar Jussuf hatte den Lehrplan schon gelesen und war davon nicht begeistert. Da er jetzt erfuhr, dass es sich um Abdel Hadis Werk handelte, war er noch weniger beeindruckt.
    »Der Druck der internationalen Gemeinschaft auf den palästinensischen Lehrplan wird ständig erhöht, und zwar durch die Aktivitäten finsterer jüdischer Gruppierungen, die unseren Schulen vorwerfen, Kinder zum Hass auf Israel und die Juden anzustacheln«, sagte Abdel Hadi. »Wir fragen, warum wird dieser Druck nur auf die palästinensische Seite ausgeübt, und warum wird nicht untersucht, was an israelischen Schulen unterrichtet wird?«
    Omar Jussuf schüttelte den Kopf. Kümmere dich um deinen eigenen Kram, dachte er. Lass die Israelis doch lehren, was sie wollen.
    Je schärfer er zur Sache kam, desto flüssiger geriet Abdel Hadis Vortrag. »Aber es sind nicht nur diese dubiosen zionistischen Kreise, die unsere Kinder bedrohen. In unseren Schulen gibt es gefährliche Agenten, die die Köpfe unserer Kinder pervertieren, indem sie Zwietracht säen.« Er ließ den Blick über die Delegierten schweifen, bis er an Omar Jussuf hängen blieb. »Später in dieser Woche werden Sie einen dieser Männer hören. Ich werde anwesend sein, um seine Anwürfe gegen die Ehre des palästinensischen Volkes zurückzuweisen. Ich hoffe, Sie werden sich mir anschließen und seine Ideen zurückweisen.«
    Abdel Hadi verließ unter lustlosem Applaus das Podium. Omar Jussuf spürte, wie der Druck in seinem Kopf stieg. Zumindest weiß ich jetzt, worüber ich sprechen werde, wenn ich in drei Tagen dieser erhabenen Körperschaft gegenübertrete , dachte er.
    »Im UN-Jargon würden wir sagen, ›wir wissen Mister Abdel Hadis Bemühungen zu schätzen‹, aber seine Bemerkungen waren ›wenig produktiv‹«, sagte Wallander.
    Omar Jussuf stieß ein bitteres Lachen aus tiefer Kehle aus. Ich bin sechstausend Meilen gereist, um über die Zukunft unserer Kinder zu diskutieren, dachte er, und dieser Mistkerl Abdel Hadi belästigt mich hier mit den gleichen läppischen Beschwerden und Rankünen, die ihn zu Hause beschäftigen. Ich kann diesem Stumpfsinn nicht entkommen. Kein Palästinenser kann es .
    Es wurde Zeit, sich nach Brooklyn aufzumachen. Mit einem saftigen Fluch für Abdel Hadi stand er auf und drängte sich durch eine Traube Delegierter, die es eilig hatten, vor der nächsten Rede zu fliehen. Erst trug er seinen Mantel zusammengelegt überm Arm, aber einzelne der ihm entgegenkommenden Diplomaten verfingen sich in der Kapuze und den Ärmeln, als sie sich an ihm vorbeischoben. Er presste sich den Mantel mit beiden Händen vor den Bauch und steuerte auf den Ausgang zu.
    Neben der Tür schwatzte eine Gruppe von Männern in dunklen Anzügen auf einer Bank, an der eine kleine libanesische Flagge angebracht

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