Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
Vom Netzwerk:
Gesicht zu einem Grinsen.
    »Die Kanaillen wurden alle in die Rosenstraße gebracht.«
    »Rosenstraße?«, fragte Daut.
    »Ins jüdische Wohlfahrtsamt«. Michalkes zynischer Unterton beim letzten Wort war nicht zu überhören.
    »Das wurde auch als Sammellager eingerichtet. Jetzt wird es den Itzigs nichts mehr nützen, dass sie sich mit einem deutschen Flittchen eingelassen haben.«

Elf
     
    Die Gaststube im Rübezahl war wie so häufig in den letzten Monaten fast leer. Nur ein älteres Ehepaar saß an einem der runden Holztische in der Nähe des Ofens. Daut und Rösen hatten an einem Tisch in einer der Nischen im hinteren Teil der Gaststube Platz genommen. Es musste ja nicht jeder hören, was sie zu bereden hatten.
    »Noch zwei Mollen?«
    Irma nahm die leeren Biergläser vom Tisch. Dabei hatte sie nur Augen für Rösen, der ihr zärtlich den Arm tätschelte. »Auch wenn es nur eine dünne Plörre ist ...»
    Die Bierqualität in den Kneipen war ein ständiges Diskussionsthema. Der Rohstoffmangel traf die Brauereien hart. Die meisten produzierten nur noch Dünnbier, und auch wenn das im Rübezahl ausgeschenkte »Berliner Kindl« noch als Schankbier bezeichnet wurde, hatte es an Geschmack und Alkoholgehalt eingebüßt. Die Serviererin beugte sich über den Tisch und sagte, als hätte sie eine konspirative Mitteilung zu machen: »Der Lorenz hat noch ein paar Flaschen Haase Gold im Keller. Ich schau mal, ob ich ihm zwei abluchsen kann.«
    Rösens Augen strahlten. »Gutes Bier aus Breslau! Du bist ein Schatz! Gibt es denn auch noch was Leckeres zu essen?«
    »Pökelrippe mit Sauerkraut oder ein Sülzkotelett mit Bratkartoffeln.«
    »Ich nehme die Rippe. Und du, Axel?«
    »Ich habe meine Marken nicht dabei«, brummte Daut, der bei der Aufzählung der Speisen gemerkt hatte, dass er seit Stunden nichts mehr in den Magen bekommen hatte.
    »Das ist kein Problem, Axel. Ich lade dich ein. Also?«
    Daut entschied sich für das Sülzkotelett, weil die Bratkartoffeln im Rübezahl sensationell gut waren. Zumindest als er sie vor einem Jahr zum letzten Mal gegessen hatte.
    Nachdem die Bedienung gegangen war, bot Daut Rösen eine Zigarette an und fragte:
    »Wie geht’s euch denn so? Ihr wirkt ja immer noch wie Turteltäubchen ...«
    Rösen lehnte sich zurück und nahm einen tiefen Zug. »Ich bin ein Glückspilz, Axel. Erst läuft mir die Frau davon, und ich denke, das war’s wohl mit dem anderen Geschlecht, gehst du halt als Hagestolz durch den Rest deines Lebens. Und dann begegnet mir so ein Engel.«
    Erst vor ein paar Monaten war Rösen bei Irma Hinrichs eingezogen. Ihr Mann war 1940 gefallen, als sein Jagdflugzeug über London abgeschossen wurde. Sie war zehn Jahre jünger als Rösen. Natürlich hatten sie sich im Rübezahl kennengelernt, wo Irma nach dem Tod ihres Mannes als Serviererin anfing und das so etwas wie Dauts Wohnzimmer war. Daran hatte sich bis heute nicht viel geändert.
    Irma brachte das Bier, und die Männer schütteten das gut gekühlte Helle in ihre Gläser. »Wohl bekomm’s!«
    Nachdem sie sich den Schaum von den Mündern gewischt hatten, kam Rösen zum Dienstlichen.
    »Hat die Befragung der Hausbewohner noch etwas ergeben?«
    »Nichts außer Lauferei treppauf, treppab. Die meisten Leute haben sich nicht gerade gefreut, als ich vor der Tür stand. Ich habe selten so viele mürrische Menschen in so kurzer Zeit erlebt. Aber sie haben halt andere Sorgen.«
    »Also nichts Konkretes über die Frau?«
    »Gar nichts. Es hat niemand etwas Verdächtiges bemerkt, und es wird auch niemand vermisst.«
    Rösen trank einen Schluck und warf dabei einen verliebten Blick auf Irma, die den Nachbartisch putzte.
    »Vermisst ist ein gutes Stichwort. Ich habe mir die entsprechende Kartei vorgenommen. Die ist zwar gut gefüllt, aber keine Frau dabei, deren Beschreibung unserer Leiche ähnlich ist. Ist natürlich auch schwierig, weil meistens das Gesicht am detailliertesten beschrieben wird. Auf jeden Fall fehlt keiner Vermissten in unserer Kartei ein Zeh.«
    »Was auch nichts heißen muss«, wandte Daut ein, »kann vor Aufregung oder auch durch Schlamperei vergessen worden sein.«
    Irma kam mit zwei großen Tellern an den Tisch.
    »Guten Appetit, Ihr zwei!«
    Rösen sah Daut fragend an. »Noch eine Molle? Geht auf mich.«
    »Ich weiß nicht, so hundemüde wie ich jetzt schon bin.«
    »Ach komm, eine mehr haut dich auch nicht um.«
    Rösen schob Irma die leeren Gläser hin, die lachend sagte: »Diesmal aber nur Kindl. Der Lorenz hat

Weitere Kostenlose Bücher