Der Aufbewarier (German Edition)
Fassung brachte.
»Darf ich vorstellen: Axel Daut, für diesen Abend der Beschützer unserer wunderbaren Carla. Und jetzt amüsiert euch«.
Sie klatschte in die Hände und schwebte davon.
Daut setzte sich zwischen Carla und Jary, der das unterbrochene Gespräch mit Balz wieder aufnahm. Es ging um Lieder und Rhythmen. Daut verstand nichts davon, war aber froh, keine Konversation machen zu müssen, sondern seinen Gedanken nachhängen zu können.
»Sie haben ja noch gar nichts zu trinken, mein Lieber«.
Balz sprang auf und kam nach kurzer Zeit mit einem großzügig gefüllten Cognacschwenker zurück an den Tisch.
»Es kann einen schon ganz schön fertigmachen, mit einer lebenden Legende zu sprechen. Trinken Sie erst mal einen ordentlichen Schluck.«
Daut stürzte den Cognac in einem Zug herunter und saß zwei Sekunden mit geschlossenen Augen da.
»Das war meine Rettung.«
Alle lachen und applaudierten. Der Alkohol entspannte Daut sofort. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und lauschte der Unterhaltung. Es ging um die kommende Premiere von Zarah nächstem Film. »Damals« würde in drei Tagen im Ufa-Filmpalast uraufgeführt werden. Alle waren sich einig, dass es ein großer Erfolg werden würde. Michael Jary wandte sich an Daut:
»Wenn die Leute wüssten, dass sie danach eine Weile auf unsere Freundin verzichten müssen ...«
Ehe er den Satz vollenden konnte, warf Balz ein:
»Vielleicht wäre das eine Idee, Michael. Man sollte die Leute nicht fragen, ob sie den totalen Krieg wollen, sondern ob sie die Leander sehen wollen. Und wenn sie voller Verzückung Ja brüllen, eröffnen wir ihnen trocken: Kein Problem, sie kommt zurück. Aber erst, wenn der Krieg zu Ende ist.«
Selma, Balz’ Angetraute, beugte sich nach vorne und stieß fast eine Sektschale vom Tisch.
»Hört auf damit! Anstatt solche Reden zu schwingen, solltet ihr dem Führer dankbar sein. Wo wären wir denn ohne ihn?«
Was für ein seltsames Paar, dachte Daut, das von Zara anzüglich gesprochene »Angetraute« noch immer im Ohr. Carla sah seinen fragenden Blick und neigte sich zu ihm.
»Selma ist Brunos Ehefrau, aber er, nun ja ...«
Während sie nach dem richtigen Wort suchte, griff Balz ein.
»Ich denke, Carla versucht, Ihnen die etwas verworrenen Beziehungen hier am Tisch zu erklären. Dabei ist es ganz einfach. Ich liebe Männer, was wiederum den hohen Herren nicht gefällt, die mich darum schon das eine oder andere Mal ihre besondere Gastfreundschaft haben spüren lassen. Und ich musste dieses reizende Geschöpf aus altem pommerschen Bauerngeschlecht heiraten, meinen Augapfel, meinen Morgenstern. Denn merke: Es kann im Deutschen Reich nicht sein, was nicht sein darf!«
Selma sprang wütend auf, im gleichen Moment ertönte Zarahs Altstimme.
»Guten Abend, meine Freunde. Ich freue mich, euch alle so wohlauf und fröhlich zu sehen. Fast alle, denn einer fehlt. Kurt hatte ein besonderes Treffen mit einigen Mitgliedern der Leibstandarte des Führers. Ich habe die Herren ja anders in Erinnerung.«
Alle lachten herzhaft, Daut verstand schon wieder nichts. Carla brachte ihren Mund an sein Ohr und flüsterte:
»Du kennst doch Zarahs Film, ›Die große Liebe‹?«
»Natürlich«, antwortete Daut ebenfalls flüsternd. »Wer kennt den nicht.«
»Erinnerst du dich an die Szene, in der Zarah Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen singt?«
Daut spürte einen Kloß im Hals und nickte stumm.
»Die Chordamen um sie herum, das sind gar keine Damen. Das sind verkleidete Männer von der Leibstandarte. Es ließen sich keine Statistinnen finden, die groß genug waren, und da mussten halt die SS-Männer einspringen. Die Szene wurde so geschickt gefilmt, dass bis heute niemand dahintergekommen ist.«
Daut hätte fast laut losgelacht. Hitlers ganzer Stolz in Frauenkleidern. Zarahs Rede lenkte ihn zum Glück ab.
»Ihr wisst, warum ich in Berlin bin. In ein paar Tagen gibt es eine Premierenfeier.«
Balz rief dazwischen: »Wenn die Tommies noch ein paar Kinos stehen lassen.«
Das Gelächter war diesmal nicht ganz so laut und fröhlich. Zarah hob die Hand, und sofort waren alle still.
»Es wird euch nicht wundern, dass ich auch in diesem Film das eine oder andere Lied zum Besten gebe. Weil ihr ihnen in den nächsten Wochen kaum entgehen könnt, eure Volksempfänger werden sie euch um die Ohren blasen, dürft ihr euch heute Abend etwas wünschen. Was möchtet ihr hören?«
Niemand traute sich, einen Titel zu nennen. Daut schon gar nicht,
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