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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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dieser Entfernung wie ein Spielzeug erschien. Er trottete stetig dahin, ein Zehn-Pfünder-Geschütz auf dem Rücken, geführt von kleinwüchsigen Japanern.
    »Wahrscheinlich ist er ein Beutestück aus einem der burmesischen Holzfällerlager«, äußerte Boyer.
    Während wir die Gruppe beobachteten, rissen zwei oder drei Japaner plötzlich die Arme hoch und brachen zusammen. Die anderen ließen sich sofort auf den Boden fallen. Erst in diesem Augenblick drang das Rattern von Maschinengewehrfeuer zu uns. Jemand hatte den Pfad genau im Visier und wahrscheinlich lange genug gewartet, bis die Japaner einen bestimmten Punkt erreicht hatten. Es mußte die 18. Brigade sein, sehr wahrscheinlich die Dorsets. Der Elefant hob den Rüssel zu einem Trompetenstoß. Nun sprangen auch die Soldaten wieder auf und rannten davon. Der Elefant brach in die Knie. Er schwenkte den Rüssel umher und riß das Maul weit auf. Dann kippte er über die Felskante und verschwand. Das Maschinengewehrfeuer verstummte. Niemand war mehr zu sehen außer den Toten.
    »Diese verdammten Schweine, ein unschuldiges Tier zu töten!« schimpfte Jack Tertis.
    »Der war nicht unschuldig – es war ein feindlicher Elefant!« berichtigte Bamber.
    Wir brachen in schallendes Gelächter aus. Jeder stand einfach nur da, schüttelte den Kopf und brüllte vor Lachen. Da gab es die sogenannte moderne Kriegsführung, Luftwaffenunterstützung und alles Mögliche, und dieser verdammte Sato setzte Elefanten ein!
     
    An jenem Abend, nach einem erschöpfenden Marsch über die dschungelbewachsenen Berghänge, bezogen die Mendips neben den Punjabis ihre Verteidigungsstellungen. Wir waren endlich in Kohima!
    Vierzehn Tage Belagerung, Angriff und Gegenangriff hatten Kohima zerstört. Während die A-Kompanie sich einen Weg durch die zerfetzten Bäume suchte, schienen die Sonnenstrahlen zu zittern. Die Fliegen waren da! Dies war ihr Feldzug. Sie labten sich dort, wo Menschen verhungerten. Und es gab so viele Arten von Fliegen, kleine Fliegen, die bei all ihrer Gefräßigkeit niemals wuchsen und fett wurden, große Fliegen, die überall herumkrabbelten, tanzende Fliegen, Fliegen, die mit den Flügeln schlugen, während sie fraßen, Fliegen, die sich nicht verscheuchen ließen, die zwanzigmal auf denselben Punkt im Gesicht zurückkehrten, wenn man zwanzigmal versuchte, sie dort zu erwischen, mißgebildete Fliegen, betrunkene Fliegen, sterbende Fliegen, sportliche Fliegen. Sie bildeten eine Patina auf allem und konnten das Tageslicht verdunkeln, wenn sie in Schwärmen aufstiegen und umhersummten.
    Worauf sie saßen und wovon sie fraßen, waren Stücke von Menschen, die im aufgewühlten Schlamm verfaulten. Der gesamte Ort war ein Schlammloch, umgepflügt und gezeichnet von Granaten; Teile von Männern, ganze Gliedmaßen, waren auf dem Gebiet verstreut. Die Leichen, aufgetrieben und schwarz von der Hitze, waren endlich weggeschafft worden; aber die Stücke, die von ihnen weggerissen worden waren, lagen noch immer herum und vergifteten die Luft mit ihrem den Magen umdrehenden süßlichen Aasgestank. Einige unserer Kameraden übergaben sich und würgten ständig, während wir uns eingruben. Glücklicherweise wurde das Feuer der japanischen Scharfschützen heftiger, was unsere Aufmerksamkeit von dem Metzgerabfall um uns herum ablenkte.
    Jede Menge Kram lag herum, Kästen, Stiefel, zerschmetterte Gewehre, Fallschirmfetzen, Schlüssel, eine Schreibmaschine, Flaschen, Verbandszeug, Packsäcke. Tertis fand einen kleinen Messingbuddha, den er mit einem Stück Baumwollflanell abrieb und in die Tasche steckte. Zwei Tage später, als ich während eines heftigen Wolkenbruchs in einem Graben Wache stand, entdeckte ich im Schlamm vor mir einen seltsamen Gegenstand. Er sah wie der Teil eines Elfenbeinarmbands aus. Ich bückte mich und wollte ihn aufheben. Es war ein Zahnbogen, der aus einem Stück Unterkiefer herausragte.
    Ich drehte fast durch. Irgendwie war das zu viel. Mein Geist streikte.
    Ich erkannte Chota Morris und die anderen Burschen nicht, die sich auf mich stürzten und versuchten, mein lautes Schreien zum Schweigen zu bringen und mich davon abzuhalten, wie ein Irrer umherzurennen. Ich erkannte niemanden, sondern empfand nur Panik. Voll Mitgefühl verpaßte mir Chota Morris einen Schwinger genau auf den Punkt und legte mich flach. Als ich wieder zu mir kam, saß ich halb aufrecht an einen Baum gelehnt da, und eine Anzahl ängstlicher und gespannter Gesichter starrte mich an, das Chotas

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