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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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mich schrecklich und schleppte mich zum Latrinengraben, der hinter einer zerstörten Basha angelegt worden war. Es lag gewöhnlich ein gewisses Vergnügen darin, dort zu hocken und den rohen Gestank seiner eigenen Exkremente einzuatmen, doch ich hatte jetzt erste Symptome von Ruhr, und das war kaum erfreulich. Als ich meine Hose herunterzog, verursachte mir der Anblick Unbehagen. Ich hatte mir die Haut meines rechten Beins vom Knie bis zum Knöchel an einem Felsen aufgerissen. Meine Hose hatte kaum etwas abbekommen. Überall war eingetrocknetes Blut, und die Blutegel hingen an mir, kleine graue Bastarde, die sich vollsogen, bis sie blauviolett und dick waren wie Pflaumen. Ich hielt die Zigarettenglut in ihre Nähe, sah sie herunterfallen und zerquetschte sie unter den Stiefelsohlen. Wenn man sie zu hastig abriß, dann blieben ihre Köpfe im Fleisch hängen, und ein Geschwür bildete sich, das einem den Muskel und sogar den Knochen wegfressen konnte – wir nannten es die »Naga-Pest«.
    Während ich mich vom Sanitäter verarzten ließ, kamen die Maultiere mit dem Nachschub: Wasser, Lebensmitteln, Post, Munition und was sonst noch dazugehörte. Die alten Pathanen leisteten hervorragende Arbeit. Sie brachten uns auch große Dosen mit Zigaretten. Ernie Dutt gab mir gleich zwei Packungen.
    Wir machten es uns gemütlich und rauchten. Wir hatten uns ganz gut gehalten, waren nicht zu sehr in die Mangel genommen worden, und Kohima war nahe. Die Hilfe war nicht mehr weit nach fast vierzehntägiger Belagerung.
    Einer unserer Ausguckposten hatte sich malerisch hinter einem Felssporn eingerichtet, der, mit Pflanzen be wachsen, am Rand eines Steilabbruchs aufragte. Ich wur de von Mittag bis zwei für die Wache eingeteilt, zusammen mit Feather, und wir konnten während der schweren Nachmittagshitze bis nach Kohima sehen. Wir konnten erkennen, daß zwischen dem Garnisonshügel und dem Bungalow des Befehlshabenden mitten im Lager einiges los war. Es herrschte ein furchtbares Durcheinander. Die Bäume waren nur noch Stümpfe, und einige qualmten noch wie verbrauchte Zündhölzer. An einigen Baumstümpfen hingen bunte Stoffetzen. Dies waren die Überreste der Fallschirme, die bei den Nachschubabwürfen benutzt wurden, und sie verliehen der Szene einen völlig unangemessenen Hauch von Festlichkeit.
    »Sieh dir das an!« sagte Feather. »Wie zum Teufel sollen wir uns jemals wieder ins Zivilleben einfügen, nachdem wir das alles gesehen haben?«
    »Das wirst du schnellstens wieder vergessen, sobald du auf deine Farm zurückgekehrt bist.« Er hatte eine kleine Obstfarm in Kent.
    Feather schüttelte den Kopf. »Nach allem hier weiß ich nicht, ob ich jemals wieder mit meiner Frau ein normales Leben führen kann.«
    »An deiner Stelle würde ich mir darüber nicht den Kopf zerbrechen, ehe ich wieder zu Hause bin.«
    Er schüttelte erneut den Kopf.
    Die Kanonen der 2. Division eröffneten ihre Beschießung der japanischen Stellungen auf der anderen Seite Kohimas derart unvermittelt, daß wir beide zusammenzuckten. Auch die RAF-Bomber wurden eingesetzt.
    Nach einer Weile beobachteten wir unten auf der Stra ße, die wir ein Stück weit einsehen konnten, eine Bewegung. Wir sahen Jeeps vorbeifahren. Vielleicht war die Straße endlich wieder offen. Wir sahen Staubwolken aufsteigen, und schon nach einer Minute kamen Panzer in Sicht. Auf dem Felsgrat auf der gegenüberliegenden Seite war auch einiges im Gange, wo einige Einheiten Infanterie – die Punjabis, wie wir später erfuhren – sich auf höher gelegenes Gelände begaben. Hinter den Panzern kam ein Transportkonvoi, unser Transportzug! Sicherlich war der gute alte Jock McGuffie dort unten, falls er es nicht geschafft hatte, nach Kalkutta zu gelangen.
    Feather stieß mich an und wies auf etwas, das sich links unten von ihm befand. Ich blickte über seine Schulter. Auf einem der Pfade, die unterhalb unserer Stellung verliefen, einige hundert Meter entfernt, war eine japanische Einheit unterwegs, die sich keine Mühe machte, sich in Deckung zu halten; die Soldaten unterhielten sich lebhaft miteinander. Aber was uns am meisten erstaunte, war das, was sich in ihrer Begleitung befand. Als Nachhut hatten sie einen Elefanten. Feather begab sich nach hinten, um Korporal Warry Warren zu holen. Warry benachrichtigte Lieutenant Boyer. Die Neuigkeit machte die Runde. Schon bald hing jeder, der nichts anderes zu tun hatte, an der Kante des Steilabbruchs und starrte auf den Elefanten hinunter, der aus

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