Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
Verfügung stehen. Ich muß auch den Gesellen Eures Onkels heute nachmittag zur Verhandlung vorladen. Wie soll er mit den Waren Eures Onkels verfahren? Ich werde ihm die nötigen Instruktionen geben, wenn Ihr welche für ihn habt.«
Sie nickte verständnisvoll, nahm mühsam angesichts einer Welt täglicher Geschäfte, die mit dem Ende eines Lebens nicht untergegangen war, ihre Kräfte zusammen. »Seid so gut und sagt ihm, daß er während der drei Tage des Jahrmarkts versuchen soll, die Waren so günstig wie möglich zu verkaufen, als ob sein Meister noch da wäre. Mein Onkel hätte niemals wegen einer Gefahr oder eines Verbrechens auf seine Geschäfte verzichtet, und so will ich es in seinem Namen auch halten.« Und endlich, so ungehemmt und einfach wie ein kleines Kind, brach sie in Tränen aus.
Nachdem Hugh gegangen war und Constance sich mit Alines Zustimmung zurückgezogen hatte, saßen die beiden Frauen allein beisammen, bis Emma aufhörte zu weinen, was sie so unvermittelt tat, wie sie angefangen hatte. Sie besaß die nur wenigen Frauen eigene Gabe zu weinen, ohne ihre Anmut im mindesten zu schmälern und ohne sich um ihr Aussehen zu kümmern. Die meisten verlieren diese Fähigkeit nach dem Ende der Kindheit. Sie wischte sich über die Augen und schaute zu Aline auf, die ihren Blick ruhig und mit einer inneren Gelassenheit erwiderte, die Tröstung bot, ohne sie aufzudrängen.
»Nachdem ich zunächst so gefaßt war, müßt Ihr denken, daß ich keine tieferen Empfindungen für meinen Onkel hegte«, sagte Emma.
»Und ich kann selbst nicht mit Gewißheit behaupten, daß Ihr Euch irrt.
Dennoch liebte ich ihn, es war nicht nur Loyalität und Dankbarkeit, obwohl mir solche Gefühle leichter fielen. Er war ein harter Mann, meinten die Leute, schwer zufriedenzustellen und rücksichtslos in seinen Geschäften. Aber er war nicht hart zu mir, nur unzugänglich.
Daran trug er keine Schuld - und ich auch nicht.«
»Ich denke«, erwiderte Aline, da sie sich zu einer Stellungnahme aufgefordert sah, »daß Ihr ihn so sehr liebtet, wie er es zuließ. Wie er es zulassen konnte. Nicht alle Männer haben diese Gabe.«
»Ja. Aber ich hätte ihn gern mehr geliebt. Ich hätte alles getan, um ihm gefällig zu sein. Auch jetzt noch möchte ich alles so regeln, wie er es wünschen würde. Wir werden den Marktstand offenhalten, so lange der Jahrmarkt dauert, und uns bemühen, die Ware so gut zu verkaufen, wie er es getan hätte. Ich möchte alles, was er begonnen hat, in seinem Sinn zu Ende führen.« Ihre eigenen Worte beflügelten sie zu eifriger Entschlossenheit. Meister Thomas hätte die feste Willenskraft, die aus ihrem Blick sprach, sicherlich gebilligt. »Aline, werde ich Euch nicht lästig sein, wenn ich hierbleibe? Die Diener meines Onkels - einer ist darunter, der mich allzu sehr schätzt...«
»Das dachte ich mir«, entgegnete Aline. »Ihr seid hier herzlich willkommen, und wir werden uns nicht von Euch trennen, bis Ihr sicher und ungefährdet nach Bristol zurückgeschickt werden könnt.
Nicht, daß ich die Neigung dieses jungen Mannes tadelnswert fände«, fügte sie lächelnd hinzu.
»Da gebe ich Euch recht, aber ich kann seine Gefühle nicht erwidern. Außerdem hätte mein Onkel mir niemals erlaubt, ohne ihn an Bord der Barke zu leben. Und nun habe ich Pflichten.« Emma warf entschlossen den Kopf in den Nacken und blickte der Ungewissen Zukunft trotzig entgegen. »Ich muß sehen, daß er für die Heimreise einen guten, stabilen Sarg bekommt. Sicherlich wird es irgendwo in der Stadt einen Zimmerermeister geben?«
»Es gibt einen. Rechts vom Stadttor, in der Wyle-Straße, hat Meister Martin Bellecote seine Werkstatt. Ein guter Mann und ein ordentlicher Handwerker. Wie ich hörte, war sein Junge unter diesen schrecklichen Aufrührern.« Aline zeigte ihre Grübchen in einem nachsichtigen Lächeln. »Aber das gleiche läßt sich von der Hälfte aller jungen Männer der Stadt sagen. Ich werde Euch zu seiner Werkstatt begleiten. Mein Mann hat Euch versprochen, daß wir uns um derlei Dinge kümmern werden.«
»Nein, nein«, widersprach Emma entschieden. »Die Untersuchung vor dem ersten Grafschaftsbeamten wird langwierig sein, und Ihr solltet Euch nicht ermüden. Außerdem müßt Ihr Eure feine Wolle vom Marktplatz holen, bevor die beste Ware ausverkauft ist. Und Bruder Cadfael - war das der Name? - wird mir zeigen, wo ich die Werkstatt finde. Er wird es bestimmt wissen.«
»Es gibt sehr wenig in dieser Gegend und in
Weitere Kostenlose Bücher