Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
zornigen Leute waren keine Diebe, nur Stadtbewohner mit einer Beschwerde. Der Groll könnte sie zu einem Mord getrieben haben, doch kann ich mir nicht denken, daß er sie auch zu Dieben machen würde.«
Hugh Beringar begann Respekt vor dem Mädchen zu empfinden, ebenso wie seine Frau, die schweigend und aufmerksam lauschte.
»Ich stimme Euch darin zu«, sagte er, »aber es könnte einem jungen Mann, der beinahe durch ein Mißgeschick zum Mörder geworden ist, sehr leicht der Gedanke kommen, sein Verbrechen nachträglich als gemeinen Raubmord darzustellen. Der Möglichkeiten, junges Fräulein, sind viele. Zwanzig junge Männer, bitter enttäuscht und erfüllt von hitziger Wut gegen Euren Onkel, der ihnen mit Geringschätzung begegnete, wären nicht verdächtiger als tausend andere und sogar die am wenigsten Verdächtigen, wenn dies als eine zufällige Mordtat aus Habgier angesehen würde.«
Dieser Gedanke beunruhigte sie sogar in ihrem schmerzlichen Verlust. Sie biß sich auf die Unterlippe. »Ihr meint, es könnte einer dieser jungen Männer gewesen sein? Oder mehrere? Daß sie ihm in ihrem Groll bei Nacht auflauerten und ihn überfielen?«
»Das wird von vielen Leuten, die Zeugen der Geschehnisse am Fluß waren, gedacht und gesagt«, antwortete Hugh Beringar.
Emma runzelte die Stirn. »Aber Eure Wächter nahmen sicherlich viele von diesen jungen Männern fest, lange bevor mein Onkel zum Jahrmarktsplatz ging. Wenn sie bereits im Kerker saßen, konnten sie ihm nichts zuleide tun.«
»Das trifft für die meisten zu. Aber der Anführer wurde erst in den frühen Morgenstunden ergriffen, als er zum Stadttor taumelte, wo er erwartet wurde. Er befindet sich jetzt in einem Burgverlies, wie seine Gefährten, aber er war noch lange, nachdem Meister Thomas vermißt wurde, in Freiheit, und er steht unter starkem Mordverdacht. Der ganze Haufen wird heute nachmittag dem ersten Grafschaftsbeamten vorgeführt. Die meisten, denke ich, wird er gegen Kautionen ihrer Väter auf freien Fuß setzen, damit sie sich später für die ihnen zur Last gelegten Delikte verantworten. Aber für Philip Corviser wird dies kaum gelten. Er wird sich bessere Antworten als die ausdenken müssen, die er geben konnte, als man ihn festnahm.«
»Heute nachmittag!« rief Emma. »Dann sollte ich auch hingehen.
Ich war Zeugin, als dieser Tumult begann. Der erste Grafschaftsbeamte sollte auch meine Zeugenaussage hören, besonders, wenn meines Onkels Tod zur Verhandlung steht. Es gab andere Zeugen - den edlen Herrn Corbiere und den Klosterbruder, den Ihr gut kennt...«
»Sie werden anwesend sein«, bestätigte Hugh, »und andere außer ihnen. Sicherlich würde Euer Zeugnis wertvoll sein, aber wir möchten es Euch zu solch einer Zeit nicht abverlangen...«
»Ich möchte meine Aussage machen!« unterbrach sie ihn entschlossen. »Ich will, daß der Mörder meines Onkels gefaßt wird.
Aber ich bitte darum, daß kein unschuldiger Mann vorschnell verurteilt wird. Ich hätte nicht gedacht, daß er wie ein Mörder aussieht... Ich möchte gern sagen, was ich weiß, das ist meine Pflicht.«
Beringar warf seiner Frau einen kurzen fragenden Blick zu, und Aline nickte lächelnd.
»Wenn Ihr Euch dazu entschlossen habt«, erwiderte er, »werde ich Bruder Cadfael bitten, daß er Euch begleitet.
Und im übrigen braucht Ihr um Eure persönliche Lage nicht besorgt zu sein. Ihr werdet hierbleiben müssen, bis dieser Fall geklärt ist.
Selbstverständlich wird Euch Aline beistehen, und Ihr sollt jede mögliche Hilfe bei allen Maßnahmen bekommen, die Ihr treffen müßt.«
»Ich werde den Leichnam meines Onkels mit der Barke nach Bristol zurückbringen, damit er dort beerdigt werden kann.« Bis jetzt hatte Emma nicht überlegt, daß sie diesmal keinen Beschützer an Bord der Barke haben würde, nur Roger Dod, dessen stumme, wachsame und eifersüchtige Zuneigung mehr war, als sie ertragen konnte. Warin würde darauf bedacht sein, nichts zu bemerken, was ihn in Schwierigkeiten bringen könnte, und der arme Gregory war groß und stark, aber stumpfsinnig. Sie biß sich auf die Unterlippe.
»Wenigstens möchte ich ihn zurückschicken... Sein Rechtshelfer wird sich seiner und meiner Angelegenheiten annehmen.«
»Ich habe mit dem Prior gesprochen. Abt Radulfus gestattet, daß der Leichnam Eures Onkels in einer Klosterkapelle aufgebahrt wird, sobald er von der Burg gebracht wird, und man wird einen Sarg für ihn bereitstellen. Sagt, was Ihr wünscht, und es soll zu Eurer
Weitere Kostenlose Bücher