Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
verantwortlich zu machen, selbst wenn er seinen Befehl nicht in verständlicher Wut über den Mißbrauch seiner Protektion und den Angriff auf seine Person gegeben hätte. Emma hatte es sogar als rührend empfunden, wie vehement Ivo am Abend zuvor sein Handeln verteidigt und damit die eigenen Zweifel und sogar sein Bedauern verraten hatte. Wortreich hatte sie ihn getröstet und aufgerichtet. Welch eine schrecklich drückende Last mußte es sein, dachte sie, die Macht über Leben und Tod von Mitmenschen zu besitzen, mochten sie auch Leibeigene sein und sich irgendwelchen Verbrechen schuldig gemacht haben.
Wenn Ivo am vergangenen Abend etwas von seiner gewohnten Zuversicht und inneren Ausgeglichenheit hatte vermissen lassen, so hatte er an diesem Morgen beides zurückgewonnen. Er war wie immer makellos gepflegt, und die einfache Reisekleidung gewann durch seine bewundernswerte Gestalt eine selbstverständliche Eleganz. Es war ein schmerzlicher Anblick gewesen, wie er in den Staub geschleudert worden war und sich hinkend und gedemütigt unter den Blicken eines Dutzend oder mehr Augenzeugen aufgerappelt hatte. An diesem Morgen hatte er große Sorgfalt auf sein Äußeres gewendet und trug selbst die heilenden Schürfungen an seiner linken Wange wie eine Zierde. Doch als er eintrat, sah Emma, daß er von seinem Sturz noch hinkte.
»Ich bedaure, Euren Gemahl nicht angetroffen zu haben«, begann er. »Man sagte mir, er wäre bereits ausgegangen. Ich hatte einen Plan, den ich ihm vortragen wollte. Darf ich ihn statt dessen Euch erklären?«
»Ich bin sehr neugierig darauf«, erwiderte Aline lächelnd.
»Emma hat ein Problem, und ich weiß eine Lösung. Ich habe darüber nachgedacht, seit Ihr mir vor zwei Tagen sagtet, Emma, daß Ihr nicht mit der Barke nach Bristol zurückkehren würdet, sondern ein sicheres Geleit nach Süden suchen müßtet. Natürlich habe ich keinerlei Recht, irgendwelche Ansprüche geltend zu machen, doch wenn Euer Freund Beringar Euch meinem Schutz anvertrauen möchte... Ihr werdet so rasch wie möglich heimkehren müssen, denke ich.«
»So ist es«, bestätigte Emma, während sie ihn in verwunderter Erwartung ansah. »Es gibt so viele Dinge, um die ich mich zu Hause kümmern muß.«
Ivo wandte sich an Aline. »Ich habe eine Schwester in Stanton Cobbold, die entschlossen ist, den Schleier zu nehmen, und der Konvent ihrer Wahl hat geruht, sie aufzunehmen. Das Glück will es, daß sie in ein Benediktinerinnenkloster einzutreten wünscht, und zwar in die Priorei in Minchinbarrow, einige Meilen jenseits von Bristol. Sie wartet auf mich, damit ich sie dorthin begleite, und um die Wahrheit zu sagen, habe ich die Reise schon mehrmals aufgeschoben, um ihr Zeit zu geben, die Meinung zu ändern, doch läßt sie von ihrem Vorhaben nicht ab. Ich bin jetzt überzeugt, daß es ihr fester Wille ist. Nun, wenn Ihr Emma meiner Obhut anvertrauen wollt, was Ihr in guter Zuversicht tun könnt, weil es mir ein Vergnügen sein wird, ihr zu dienen, dann sehe ich kein Hindernis, warum sie und Isabell nicht sehr bequem zusammen reisen sollten. Ich habe genug Bedienstete, um eine sichere Eskorte zu stellen, und natürlich würde ich selbst sie begleiten. Das ist der Plan, den ich Eurem Gemahl vortragen wollte, und ich hoffte, er würde zustimmen. Es ist jammerschade, daß er nicht hier ist...«
»Es hört sich vortrefflich an«, meinte Aline erfreut, »und ich bin mir gewiß, daß Hugh nur zu gern bereit wäre, Emma Eurer Obhut anzuvertrauen. Aber sollten wir nicht Emma selbst fragen, was sie zu sagen hat?«
Emmas gerötetes Gesicht und ihr strahlendes Lächeln sprachen für sich selbst. »Ich denke - es würde für mich die bestmögliche Lösung sein«, sagte sie ein wenig stockend, »und ich bin Euch sehr dankbar.
Aber ich muß wirklich so bald wie möglich reisen, und Eure Schwester - Ihr sagtet, Ihr wolltet ihr Zeit lassen, damit sie sich über ihre Berufung klar werden könne...«
Ivo lächelte ein wenig kläglich. »Wie ich sagte, habe ich den Punkt erreicht, wo ich die Hoffnung aufgebe, sie zum Verbleib im weltlichen Leben zu überreden. Fürchtet nicht, daß Ihr Isabell zum Handeln zwingen könntet, denn seit sie Nachricht hat, daß der Konvent sie aufnehmen will, drängt sie mich zur Eile. Und wenn sie sich wirklich dem geistlichen Leben widmen möchte, wer bin ich, sie daran zu hindern? Sie hat alles bereit, es wird ihr ein Vergnügen sein, wenn ich heimkomme und sage, wir können morgen aufbrechen. Wenn Ihr
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