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Der Aufstieg des Hotel Dumort

Der Aufstieg des Hotel Dumort

Titel: Der Aufstieg des Hotel Dumort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Köbele
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Magnus. Ich weiß, was ich tue. Also bitte. Bleib oder geh. Aber entscheide dich jetzt, denn ich werde das Por…«
    Mit einem singenden Geräusch durchschnitt der Pfeil die Luft. Er drang so mühelos in Aldous’ Brust wie ein Messer in einen Apfel. Aldous richtete sich für einen Moment auf und blickte auf den Pfeil hinab; dann sackte er zur Seite und war tot.
    Magnus sah, wie das Blut auf den Granitblock troff.
    »LAUF«, brüllte er.
    Der junge Schattenjäger war vollauf damit beschäftigt, stolz sein Werk zu betrachten und sich zu freuen, wie perfekt er sein Ziel getroffen hatte. Er bemerkte nicht, wie sich vom Altar ausgehend ein Netz aus Rissen über den Boden ausbreitete und der weiße Marmor mit dem Geräusch von berstendem Eis in Hunderte und Tausende Stücke zersplitterte.
    Magnus rannte. Er rannte so schnell, wie er es nie für möglich gehalten hätte, und als er auf Höhe des Schattenjägers war, packte er diesen und zog ihn hinter sich her. In dem Moment, als sie zur Hoteltür hinausstürzten, schoss ein Feuerball bis hinaus ins Foyer und erfüllte den Raum vom Boden bis zur Decke mit Flammen. Dann wurde das Feuer genauso schnell, wie es gekommen war, wieder in den Ballsaal zurückgesogen. Die Türen des Hotels schlugen hinter ihnen zu. Das gesamte Gebäude schwankte, als habe sich gleich darüber ein gigantisches Vakuum aufgetan und sauge es auf.
    »Was geht hier vor?«, fragte der Schattenjäger.
    »Er hat eine Art Durchgang zur Großen Leere geöffnet«, erklärte Magnus, während er taumelnd wieder auf die Füße kam.
    »Was?«
    Magnus schüttelte den Kopf. Für Erklärungen war jetzt keine Zeit.
    »Ist noch jemand im Gebäude?«
    »Ich bin nicht sicher. Die Dämonen waren drinnen wie draußen. Wir haben ein halbes Dutzend auf der Straße eingefangen, aber …«
    Das Gebäude bebte und sah aus, als würde es sich um einige Zentimeter strecken, so als ziehe es jemand nach oben.
    »Mach, dass du von hier verschwindest«, riet Magnus dem Jungen. »Ich habe keine Ahnung, was als Nächstes kommt, aber es sieht aus, als würde das ganze Ding gleich … verschwinde einfach!«
    In seinem ganzen langen Leben, während all seiner Studien war Magnus nie etwas begegnet, das ihn darauf hätte vorbereiten können: ein Hexenmeister, der in die Große Leere zurückkehren wollte, dabei ein ganzes Gebäude in ein Portal verwandelte und sein eigenes Blut als Schlüssel benutzte. So etwas stand nicht im Lehrbuch. Hier half nur Raten. Und eine gehörige Portion Glück. Und dazu eine Spur Unvernunft.
    Wenn er sich an irgendeinem Punkt irrte – was sehr wahrscheinlich war –, würde er mit in die Leere gesogen werden. In die Hölle persönlich. Und das war der Punkt, an dem die Unvernunft ins Spiel kam.
    Magnus öffnete die Tür zum Hotel. Der Schattenjäger hinter ihm schrie auf, aber Magnus brüllte, er solle zurückbleiben.
    Das ist eine furchtbare Idee, dachte Magnus, als er wieder in der Lobby stand. Vielleicht die schlechteste Idee, die ich jemals hatte.
    Der Feuerball, der durch das Innere des Gebäudes gerast war, hatte alles verbrannt: Die Decke war schwarz und die Möbel zerstört, unter dem Teppich kam der blanke Boden zum Vorschein und die große Prunktreppe war verkohlt. Die Türen zum Ballsaal waren dagegen vollkommen unversehrt.
    Vorsichtig betrat Magnus den Saal.
    Und noch immer bin ich nicht in die Große Leere gesogen worden, dachte er. Das ist gut. Sehr gut.
    Von den Leichen waren nur noch schwelende Skelette übrig und der weiße Marmorboden war vollständig zerborsten. Das Blut war verdunstet und hatte nur einen dunklen Fleck zurückgelassen. Der Granitblock hingegen war erstaunlicherweise unversehrt. Darüber hinaus schwebte er knapp zwei Meter über dem Boden und war in dasselbe grünliche Licht getaucht, das Magnus zuvor bereits gesehen hatte. Von Aldous fehlte jede Spur.
    Was bist du?
    Die Stimme kam aus dem Nichts. Sie war im Raum. Sie war außerhalb. Sie war in Magnus’ Kopf.
    »Ein Hexenmeister«, antwortete Magnus. »Und was bist du?«
    Wir sind viele.
    »Bitte sag nicht, dein Name ist Legion. Das gab’s schon mal.«
    Erheiterst du dich über die heiligen Schriften der Irdischen, Hexenmeister?
    »Wollte nur das Eis brechen«, murmelte Magnus in seinen nicht vorhandenen Bart.
    Eis?
    »Wo ist Aldous?«, fragte Magnus, nun wieder etwas lauter.
    Er ist bei uns. Nun wirst auch du zu uns kommen. Tritt vor den Altar.
    »Vielen Dank, aber ich verzichte«, antwortete Magnus. »Ich habe schon ein

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