Der Auftrag
einfach Wahnsinn!«
Rastafan beugte sich etwas nach vorn, und es kam Orchan nicht ohne Grund wie eine Drohung vor. »Hör zu, du Schmeißfliege! Erstens war das meine Idee, zweitens bin ich Rastafan, ihr Sohn. Und drittens mag ich dich nicht und wundere mich, dass sie einem wie dir vertraut.«
Orchan hatte sich gefasst. Er ließ sich in einen Sessel plumpsen. »Wir kennen uns von früher. Ich habe ihr schon manchen Dienst geleistet und sie niemals enttäuscht. Dass sie einen Sohn hat, wusste ich nicht. Bist du Bagaturs Sprössling?«
Rastafan sah ihn finster schweigend an, und Orchan plapperte weiter: »Furchtbar, die Sache mit deinem Vater. Ich habe damals alle meine Verbindungen spielen lassen, aber er war eben – nun, er war Bagatur, der Schrecken von Jawendor, du weißt es selber. Keine Himmelsmacht hätte ihn vor dem Pfahl retten können.«
»Ich bin nicht gekommen, um über meinen Vater zu reden.« Rastafan nahm die Kette von seinem Hals und warf sie vor Orchan auf den Tisch. »Deswegen bin ich hier. Du sollst sie verkaufen.«
Orchan starrte das funkelnde Ding an. In seinen Augen blitzte Begierde auf. Erregt fuhr er sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. »Woher hast du sie? Geraubt?«
»Nein, man hat mir das Stück als Ehrenabzeichen verliehen!«, fauchte Rastafan ungeduldig. »Wir wollen Pferde, Waffen und warme Kleidung. Ich weiß nicht, wie wertvoll das Ding ist, aber ich hoffe, du handelst das Bestmögliche heraus.«
Orchan wiegte bedächtig das Haupt. »Das Ding, wie du dich ausdrückst, hat natürlich einen Materialwert. Allein dieser Rubin könnte fünfzig Pferde wert sein, dann das Gold, ja. Aber sein spiritueller Wert ist unermesslich. Es ist die Kette eines Erleuchteten.«
Rastafans Augenbrauen zogen sich bei dieser Ehrenbezeichnung finster zusammen. »Eure Erleuchteten können mir den Hintern küssen.«
Orchan lächelte dünn. »Mir auch, du edel Geborener, sei dessen gewiss, mir auch, aber es ist ein großes Risiko mit dem Verkauf verbunden.«
»Du willst deinen Anteil hochtreiben, wie? Mama Zira sagt, du hast Verbindungen zu den Xaytanern. Die scheren sich nicht um die Sonnenpriester, jedenfalls hoffe ich das.«
»Ich bin dir zu Diensten, edler Rastafan«, beeilte sich Orchan zu versichern, »Es ist nur so, dass auf dem Weg dorthin manchmal Kontrollen meines Gepäcks stattfinden. Ich müsste abgelegene Pfade benutzen, die …«
»Jammere mir nicht die Ohren voll. Nenne deinen Preis! Ich werde ihn akzeptieren, wenn du dabei nicht unverschämt wirst. Ich feilsche nicht mit Ratten.«
Orchan ließ sich nicht anmerken, ob ihn Rastafans Beleidigungen trafen. »Und doch brauchst du sie, nicht wahr? In Margan kann man nur überleben, wenn man sich als Ratte tarnt.«
»Und nicht schlecht, wie ich sehe.« Rastafan machte eine den Raum umfassende Handbewegung.
»Darf ich dir etwas anbieten, du Hochgeborener?«, lenkte Orchan ab.
»Sag deinen Preis, dann magst du auffahren lassen. Ich kann mit dem Rock wohl in keiner Taverne speisen.«
Orchan nannte den Preis, und Rastafan war zufrieden. Zwei Stunden später konnte er Orchan schon etwas besser ertragen. Er war satt und müde. So gut hatte er noch nie gespeist. Orchan bot ihm an, in seinem Haus zu übernachten, bevor er sich auf den langen Heimweg machte. Widerstrebend nahm Rastafan das Angebot an. Er misstraute diesem Orchan, aber wo hätte er sonst schlafen sollen? Er hoffte, seine Mutter hatte diesen Mann richtig eingeschätzt.
Es schien so. Am nächsten Morgen war er noch am Leben, und Orchan beschrieb ihm einen Weg, wie er den geschäftigen Markt umgehen könne, um wieder zum Stadttor zu gelangen.
»Gestern ist mir ein Mann begegnet – der schaute mich merkwürdig an. Seiner Kleidung nach vielleicht ein Mondpriester.«
»Keine Sorge. Die schauen immer so, sie mögen keine Sonnenpriester. Und da du es bis zu mir geschafft hast, was eine erhebliche Portion Wagemut erfordert hat, wirst du es auch wieder aus Margan hinaus schaffen.«
»Ich habe mich womöglich nicht wie ein Priester benommen?«
»Ach, niemand kritisiert oder tadelt einen der Achayanen. Er könnte mitten auf dem Königsplatz Kopfstand machen, und die Leute würden es für ein neues Ritual halten.«
Rastafan nickte. Orchan mochte eine Kröte sein, aber er glaubte ihm. Er verließ das Haus des Kaufmanns über einen Hinterausgang, der auf unbelebte Straßen hinausführte. Bereits nach kurzer Zeit hatte er wieder die breite Prachtstraße erreicht, die zum
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