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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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zurückgekehrt, er hatte den Weg zu den Rabenhügeln eingeschlagen.
    Damals war Eschnur ein verzagter junger Mann gewesen, inzwischen war er hart wie Granit und hasste Margan wie sie alle. Er hätte den Sonnenpriester gewiss nicht verschont. Mit finsterer Miene betrat Rastafan seine Hütte, wo sein Freund Tasman auf ihn wartete. Tasman stammte aus Margan. Er hatte im Heer von König Doron den Befehl über fünfzig Mann gehabt. Eines Tages sollte ein junger Soldat wegen einer Geringfügigkeit zu Tode gepeitscht werden. Tasman wusste, dass der Hauptmann ihn nicht leiden konnte, wahrscheinlich, weil der Junge ihm nicht zu Willen gewesen war. Tasman geriet mit dem Hauptmann aneinander, und in der Hitze des Gefechts schlug er ihn nieder.
    Auch ihn hatte man aus der Stadt geprügelt. Das war eine beliebte Strafe in Margan, weil alle zusehen konnten, wie ein Mensch blutig durch die Straßen wankte. Hätte Tasman nicht bereits einen Rang erreicht, hätte man ihn hingerichtet. Er wäre gestorben wie Rastafans Vater Bagatur, eine ebenfalls sehr beliebte Todesart, weil die Opfer auf der Mauer weithin sichtbar waren und die Menschen häufig noch tagelang mit ihren Qualen unterhielten.
    Tasman war schon immer ein kaltblütiger Krieger gewesen, aber niemals ungerecht oder grausam. Nach diesem Erlebnis jedoch war sein Herz verhärtet, und Rastafan war der Einzige, dem gegenüber er sich mehr und mehr geöffnet hatte. Tasman schob ihm einen Krug Bier hinüber. »Was ist los?«
    Rastafan warf die Kette achtlos auf den Tisch. »Ach, meine Mutter, du kennst sie ja.«
    Tasman grinste. Wie die meisten Männer hätte er gern etwas mit ihr angefangen, aber er ließ sich das niemals anmerken. »Was will sie?«
    »Ich soll die Kette einem Händler in Margan aushändigen, angeblich ist er vertrauenswürdig.«
    »Hm.« Tasman kratzte sich am Schädel. Sein Haupt war so rund und kahl wie der nackte Hintern einer Hure. »Das ist kein leichtes Unterfangen. Erst musst du reinkommen, dann musst du unerkannt bleiben, dann musst du wieder rauskommen.« Er hob drei Finger hoch. »Drei unüberwindliche Hürden. Hast du schon einen Plan?«
    Rastafan grinste und nahm einen Schluck. »Ich wollte dich schicken. Du bist doch so gern dort.«
    »Kann gar nicht an mich halten vor Wonne. Aber ich lasse dir gern den Vortritt. So bin ich nun einmal, großzügig und uneigennützig.«
    Rastafan ging diesmal nicht auf den Scherz ein. Er starrte nachdenklich in seinen Krug. »Margan ist wie eine Mausefalle«, murmelte er. »Nichts für einen richtigen Mann, der es sonst mit jedem Gegner aufnehmen würde.«
    »Zittern dir die Eier?«
    »In die Hose pinkele ich mir nicht, so wie du, du Furzfresser. Ich muss nur überlegen, wie ich es am besten anstelle. Zum Glück ist mein Kopf genauso gut ausgestattet wie das Übrige an mir.« Er klopfte sich an die Schläfe. Dann stürzte er das Bier in einem einzigen Zug hinunter. »Ich glaube, mir ist schon etwas eingefallen.« Er verschwand in einer Ecke, kramte in einer Truhe und holte einen roten Rock heraus, dessen Stoff verführerisch glänzte.
    »Seide!«, stieß Tasman hervor. »Woher hast du den denn?«
    »Von dem ich auch die Kette habe.« Er hielt ihn sich vor seinen Leib. »Steht er mir?«
    Tasman schüttelte den Kopf. »Den willst du doch nicht – warte! Ich ahne, was du vorhast.« Er hob abwehrend die Hand. »Das ist doch nicht dein Ernst.«
    »Sogar sehr ernst.« Rastafan nahm die Kette vom Tisch und legte sie sich um den Hals. »Nun, was sagst du, Tasman? Bin ich ein perfekter Sonnenpriester?« Er fuhr sich geckenhaft über sein krauses Haar, als stünde er vor einem Spiegel, und lachte. »Auf diese Weise wird mein Besuch dort nicht nur gewinnbringend, sondern auch amüsant sein.«
    »Man erkennt dich auf hundert Schritte als einen Gesetzlosen, der im Wald zu Hause ist«, knurrte Tasman. »Ich hoffe, du machst nur einen Scherz.«
    Rastafan legte den Rock auf den Tisch. »Dann sag du mir, wie ich ungesehen in die Stadt hineinkommen soll. Ich halte das für eine famose Idee. Äh – ja natürlich werde ich mir die Kapuze überstreifen.« Er nahm den Rock noch einmal zur Hand und untersuchte ihn. »Hier am Saum ist ein Riss, aber das macht nichts. Ich habe schließlich einen langen Weg hinter mir. Wie dieser Einfaltspinsel. Scheint, dass die Sonnenpriester öfter in roten Röcken in der Gegend herumlaufen. Niemand wird Verdacht schöpfen, glaube mir!«
    Tasman erhob sich brummend. »Ich kann es schon hören, wie sie

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