Der Auftrag des Aeltesten
lassen, den man in Narda gesehen hatte, außer Gertrude und ihn selbst - Gertrude, weil nur sie die Bestandteile ihrer Kräutermedizin kannte, und ihn selbst, weil er keinem anderen zutraute, das zu tun, was nötig war. Er wusste, dass er den Willen besaß zu handeln, wenn andere zauderten, wie in Narda, wo er die Soldaten ausgeschaltet hatte. Der Rest der Gruppe war ausgewählt, um möglichst wenig Verdacht zu erregen. Loring war alt, aber ein guter Kämpfer und ein exzellenter Lügner. Birgit hatte ihre Gerissenheit und Kraft bewiesen und ihr Sohn Nolfavrell hatte trotz seines zarten Alters bereits einen Soldaten im Kampf getötet. Er hoffte, dass sie wie eine Familie aussehen würden, die zusammen reiste.
Das heißt, falls Mandel nicht alles durcheinander bringt
.
Es war auch Rorans Idee gewesen, aus Süden nach Teirm zu gehen, denn so vermutete niemand, dass sie in Wirklichkeit aus Narda kamen.
Der Abend nahte schon, als Teirm in Sicht kam, weiß und geisterhaft in der Dämmerung. Roran blieb stehen und betrachtete, was vor ihm lag. Die ummauerte Festungsstadt stand am Rand einer weiten Bucht und schien jedem erdenklichen Angriff trotzen zu können. Fackeln brannten zwischen den schmalen, rechteckigen Schießscharten auf dem Wehrgang, wo mit Bogen bewaffnete Soldaten ihre Patrouillengänge absolvierten. Die Mauer wurde von einer Zitadelle und einem Leuchtturm überragt, dessen matter Lichtstrahl über das dunkle Wasser glitt.
»So groß ist Teirm!«, staunte Nolfavrell.
Loring nickte, ohne den Blick von der Stadt zu nehmen. »Kann man wohl sagen.«
Rorans Blick fiel auf ein Schiff, das an einem der steinernen Piers vertäut war. Der Dreimaster war größer als jedes Schiff, dass er in Narda gesehen hatte. Es hatte ein breites Vorderdeck, zwei Riegen mit Ruderhalterungen und an den Seiten jeweils sechs mächtige Katapulte zum Abfeuern von Wurfgeschossen. Das majestätische Gefährt schien ebenso gut geeignet für den Handel wie für den Krieg. Noch wichtiger war, dass Roran hoffte, es könnte vielleicht -
vielleicht
- das gesamte Dorf aufnehmen.
»So ein Schiff brauchen wir«, sagte er.
Birgit brummte missmutig. »Wir müssten uns schon als Sklaven verkaufen, um uns eine Passage auf diesem Prachtkutter leisten zu können.«
Clovis hatte sie gewarnt, dass die Stadttore in Teirm bei Sonnenuntergang geschlossen würden, deshalb eilten sie weiter, um die Nacht nicht im Freien verbringen zu müssen. Als sie der Mauer näher kamen, füllte sich die Straße mit einem Strom von Menschen, die entweder aus der Stadt herauseilten oder noch hineinwollten.
Roran hatte nicht mit so viel Trubel gerechnet, aber bald merkte er, dass die vielen Leute seine Gruppe vor unerwünschter Aufmerksamkeit schützten. Er winkte Mandel zu sich und sagte: »Bleib ein Stück hinter uns, und folge jemand anderem durchs Tor, damit die Wachen nicht sehen, dass du zu uns gehörst. Wir warten drinnen auf dich. Falls sie dich fragen, was du hier willst, sagst du, du suchst Arbeit als Matrose.«
»Jawohl, Hammerfaust.«
Als Mandel sich zurückfallen ließ, ließ Roran eine Schulter schlaff herunterhängen, begann, ein Bein hinter sich herzuziehen, und vergegenwärtigte sich noch einmal die Geschichte, die Loring sich ausgedacht hatte, um ihren Besuch in Teirm zu erklären. Er trat aus dem Weg und zog den Kopf ein, als ein Mann zwei dicke Ochsen an ihm vorbeitrieb; er war dankbar für ihren Schatten, der sein Gesicht verdeckte.
Das hochgezogene Fallgatter war in den orange leuchtenden Feuerschein der Fackeln getaucht, die auf beiden Seiten des Torwegs an der Mauer hingen. Darunter standen zwei Soldaten mit Galbatorix’ verschlungenem Flammen-Emblem auf ihren scharlachroten Uniformwämsern. Keiner der beiden hob den Blick, als Roran und seine Gefährten unterm Fallgatter hindurchschlurften und durch den kurzen Tunnel gingen.
Roran ließ die Schultern sinken und spürte, wie ein Teil der Anspannung von ihm abfiel. Er und die anderen stellten sich an eine Hausecke, wo Loring murmelte: »So weit, so gut.«
Als Mandel zu ihnen aufgeschlossen hatte, marschierten sie los, um sich eine billige Herberge zu suchen. Während sie herumliefen, studierte Roran den Aufbau der Stadt mit ihren gedrungenen, zur Zitadelle hin stetig höher werdenden Häusern und der gitterartigen Anordnung der Straßen und Gassen. Von Norden nach Süden verliefen sie schnurgerade aus der Zitadelle heraus, während die westöstlichen Verbindungswege kurvig waren und
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