Der Auftrag des Aeltesten
Stein entkommen... Vielleicht wollte er ihn auf diese Weise schützen.
Er runzelte die Stirn. Das würde seine Flucht erklären, aber es schien Roran dennoch ziemlich weit hergeholt.
Was auch immer der Grund war - bei dem Stein muss es sich um einen kostbaren Schatz handeln, wenn der König so viele Soldaten danach ausschickt, obwohl ich nicht begreife, was an dem Ding so wertvoll gewesen sein soll. Vielleicht besitzt er ja magische Kräfte.
Er sog die kühle Abendluft ein und lauschte dem Schrei einer Eule. Da erregte eine undeutliche Bewegung seine Aufmerksamkeit. Als er den Hang hinabspähte, sah er einen Mann auf den Wald unter ihm zulaufen. Roran versteckte sich hinter einem Felsen und hielt den Bogen schussbereit. Er wartete, bis er mit letzter Sicherheit erkannte, dass es Albriech war, dann stieß er einen leisen Pfiff aus.
Wenig später erreichte Albriech den Felsen. Er schleppte ein prall gefülltes Bündel auf dem Rücken, das er ächzend am Boden abstellte. »Ich dachte schon, ich würde dich nie finden.«
»Mich überrascht, dass du es überhaupt geschafft hast.«
»Es ist nicht gerade ein Vergnügen, sich im Finstern durch den Wald zu schleichen. Ich hatte ständig Angst, einem Bären oder etwas noch Schlimmerem zu begegnen. Der Buckel ist kein Aufenthaltsort für Menschen, wenn du mich fragst.«
Roran blickte auf Carvahall hinab. »Also, was wollen die Soldaten?«
»Dich verhaften. Sie wollen so lange warten, bis du von der ›Jagd‹ zurückkehrst.«
Roran setzte sich mit einem vernehmlichen Plumps auf den Hosenboden. Eiskalte Angst fuhr ihm in die Eingeweide. »Haben sie gesagt, warum? Haben sie den Stein erwähnt?«
Albriech schüttelte den Kopf. »Nein, bloß dass es ein Befehl des Königs sei. Den ganzen Tag lang haben sie uns nach dir und Eragon ausgefragt - das ist das Einzige, was sie interessiert.« Er hielt inne. »Ich würde ja gern bleiben, aber es würde ihnen auffallen, wenn ich morgen nicht da wäre. Ich habe dir jede Menge Essen und Decken mitgebracht und ein paar von Gertrudes Heilsalben, falls du dich verletzen solltest. Du hast also alles, was du brauchst.«
Roran nahm sich, so gut es ging, zusammen. »Danke für deine Hilfe«, sagte er lächelnd.
»Hätte doch jeder getan«, erwiderte Albriech mit einem verlegenen Schulterzucken. Er war schon im Begriff zu gehen, als er noch einmal zu Roran zurückschaute. »Ach so, die beiden Fremden - sie werden Ra’zac genannt.«
SAPHIRAS VERSPRECHEN
A m Morgen nach seiner Unterredung mit dem Ältestenrat war Eragon gerade damit beschäftigt, Saphiras Sattel zu reinigen und einzufetten - dabei achtete er sorgfältig darauf, aus Rücksicht auf seine Wunde keine falsche Bewegung zu machen -, als Orik zu ihm kam. Der Zwerg wartete geduldig, bis Eragon mit einem Riemen fertig war, dann fragte er: »Geht es dir heute besser?«
»Ein bisschen.«
»Gut. Wir brauchen dich im Vollbesitz deiner Kräfte. Ich bin gekommen, um nach dir zu schauen und dir mitzuteilen, dass Hrothgar dich zu sprechen wünscht, wenn du Zeit hast.«
Eragon lächelte den Zwerg trocken an. »Für ihn habe ich immer Zeit. Das müsste er doch wissen.«
Orik lachte. »Schon, aber es ist höflicher, freundlich zu fragen.« Als Eragon den Sattel weglegte, kam Saphira aus ihrer Ecke und brummte Orik gutmütig an. »Auch dir einen guten Morgen«, gab der die Begrüßung mit einer Verbeugung zurück.
Orik führte sie durch eine von Tronjheims vier Haupthallen in Richtung der mittleren Kammer mit den zwei gegenüberliegenden Freitreppen, die zum Thronsaal des Zwergenkönigs hinabführten. Bevor sie jedoch die Kammer erreichten, bog er ab und stieg eine schmale Treppenflucht hinab. Es dauerte einen Moment, bis Eragon begriff, dass der Zwerg einen Umweg gewählt hatte, um die Trümmer von Isidar Mithrim nicht sehen zu müssen.
Sie blieben vor den beiden mit einer siebenzackigen Krone verzierten Türflügeln aus Granit stehen. Sieben bewaffnete Zwerge hielten auf jeder Seite des Portals Wache und stampften gleichzeitig mit den Griffen ihrer schweren Queräxte auf den Boden. Unter dem hallenden Dröhnen von Holz auf Stein öffneten sich die Türflügel nach innen.
Eragon nickte Orik zu, dann betraten er und Saphira die dunkle Halle. Sie gingen auf den fernen schwarzen Thron zu, vorbei an den
Hírna
, den hohen Statuen der verstorbenen Zwergenkönige. Am Fuße des Throns verneigte sich Eragon. Zur Erwiderung neigte der Fürst sein von einer silbrigen Haarmähne
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