Der Auftrag des Aeltesten
Bauch gelegt. »Vielleicht hätten wir doch lieber in Dauth bleiben sollen, statt uns neue Schwierigkeiten aufzuhalsen.«
Er fürchtete, dass sie Recht hatte. Nach dem Bullenauge waren sie von den Südinseln aus nach Osten zur Küste zurück und dann den Jiet-Strom hinauf zu Surdas Hafenstadt Dauth gesegelt. Als sie dort anlegten, waren ihre Vorräte vollständig aufgebraucht und viele Dorfbewohner erkrankt.
Eigentlich hatte Roran in Dauth bleiben wollen, besonders nach dem herzlichen Empfang durch die Gouverneurin, Madam Alarice. Aber dann hatte er von Galbatorix’ Armee erfahren und sich gesagt, dass er Katrina nie wiedersehen würde, wenn Galbatorix die Varden besiegte. Deshalb hatte er mit Jeods Hilfe Horst und die meisten anderen Dorfbewohner überredet, den Jiet hinaufzufahren und den Varden zu Hilfe zu kommen. Es war nicht leicht gewesen, aber am Ende hatte Roran seinen Willen durchgesetzt, und als sie der Gouverneurin von ihrem Vorhaben erzählt hatten, waren sie von ihr mit allen nötigen Vorräten ausgestattet worden.
Seither hatte Roran sich oft gefragt, ob seine Entscheidung richtig gewesen war. Die Leute hatten das Leben an Bord inzwischen gründlich satt. Sie waren nervös und gereizt, was sich durch die Aussicht auf eine blutige Schlacht nicht gerade besserte.
Vielleicht bin ich ja zu selbstsüchtig gewesen,
sagte sich Roran.
Habe ich bei der ganzen Sache zu wenig an das Wohl der Dorfbewohner gedacht und zu viel an Katrina?
»Ja, vielleicht hätten wir wirklich in Dauth bleiben sollen«, sagte er zu Elain.
Sie sahen zu, wie die Rauchschwaden über ihnen immer dichter wurden und den Himmel verdunkelten, bis darunter alles in einem scheußlichen Orange leuchtete. Ein so seltsames Licht hatte Roran noch nie gesehen. Die Matrosen schauten furchtsam über die Reling und spielten nervös mit ihren Glücksbringern. Einige murmelten Zauberformeln vor sich hin, um sich vor drohendem Unheil zu schützen.
»Hör mal!«, sagte Elain. Sie neigte den Kopf zur Seite. »Was ist das?«
Roran spitzte die Ohren und vernahm das leise Klirren von Metall auf Metall. »Das«, sagte er, »ist der Klang unseres Schicksals.« Er drehte sich halb um und rief über die Schulter: »Uthar, wir sind gleich da!«
»An die Katapulte!«, brüllte der Kapitän. »Doppelte Besetzung an die Ruder, Bonden! Und alle, die halbwegs beieinander sind, sollen sich bereithalten, sonst werdet ihr eure Eingeweide bald als ewiges Ruhekissen benutzen!«
Roran blieb am Bug stehen, während auf dem Schiff hektisches Treiben ausbrach. Trotz des plötzlichen Lärms an Bord drang das Klirren ferner Schwerter bis an sein Ohr. Nun hörte man auch die Schreie von Männern und das Fauchen eines riesigen Raubtiers.
Jeod trat zu ihnen an den Bug. Er war kreidebleich. »Hast du jemals an einer Schlacht teilgenommen?«, fragte Roran.
Jeod schluckte beklommen und schüttelte den Kopf. »Ich war mit Brom schon in eine Menge Auseinandersetzungen verwickelt, aber es war nie etwas in dieser Größenordnung.«
»Dann ist es also für uns beide das erste Mal.«
Rechts von ihnen rissen die Rauchschwaden auf und gaben den Blick auf eine düstere Landschaft frei, aus der Flammen züngelten und übel riechende, gelbliche Dämpfe aufstiegen, während Heerscharen von Männern übereinander herfielen. Man konnte nicht erkennen, wer zu welcher Seite gehörte, aber Roran sah, dass der Ausgang der Schlacht lange noch nicht feststand.
Wir könnten das Zünglein an der Waage sein!
Dann brüllte irgendwo an Land eine Stimme: »Ein Schiff! Ein Schiff kommt den Fluss hinauf!«
»Du solltest unter Deck gehen«, sagte Roran zu Elain. »Hier oben wird es zu gefährlich für dich.« Sie nickte und lief rasch zur vorderen Ladeluke, wo sie die Leiter hinabstieg und die Abdeckung hinter sich zuklappte. Im nächsten Moment kam Horst zum Bug geeilt und gab Roran einen von Fisks Schilden.
»Ich dachte, du könntest einen brauchen«, sagte er.
»Danke. Ich -«
Roran stockte, als plötzlich die Luft um sie herum zu vibrieren begann wie nach einer gewaltigen Erschütterung.
Ffffph.
Seine Zähne schlugen aufeinander.
Ffffph.
Die Ohren schmerzten unter dem Luftdruck. Gleich darauf folgten ein drittes
Ffffph
und ein heiserer Ausruf, den Roran nur zu gut kannte, denn er hatte ihn in seiner Kindheit unzählige Male gehört. Er schaute auf und erblickte einen saphirblauen Drachen, der aus den wogenden Wolken herabgeschossen kam. Und auf dem Rücken des Drachen, in
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