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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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italienischem Akzent gab er als Fahrtziel die Kathedrale Notre-Dame an. Von dort aus ging er über die Seine zur Metrostation St. Michel. Als er sicher war, daß er nicht beschattet wurde, hielt er ein Taxi an und nannte dem Fahrer eine Adresse im 16. Arrondissement am Bois de Boulogne. Von dort aus brauchte er zu Fuß eine Viertelstunde zu einem Apartmentgebäude in einer baumbestandenen Wohnstraße unweit der Place de Colombie.
    In die Wand neben der Haustür war eine Sprechanlage mit Klingelknöpfen eingelassen. Gabriel drückte auf den Knopf von Apartment 4B, neben dem in verblaßter blauer Schrift der Name Guzman stand. Als sich eine kratzige Stimme meldete, murmelte er ein paar Worte, richtete sich auf und wartete, bis der Türöffner summte. Er durchquerte die Eingangshalle, fuhr mit dem Lift in den vierten Stock hinauf und klopfte leise an die Wohnungstür. Er hörte, wie die Sicherungskette ausgehakt wurde und der Riegel zurückschnappte. In Gabriels Ohren klang das, als werfe ein Bewaffneter eine verschossene Hülse aus und befördere eine neue Patrone in die Kammer.
    Die Tür wurde geöffnet. Auf der Schwelle stand ein Mann von Gabriels Größe, stämmig und breitschultrig, mit stahlblauen Augen und rötlichblondem Haar. Er wirkte ungeheuer selbstgefällig - wie ein Mann, der zuviel Erfolg bei Frauen hat. Er schüttelte Gabriel nicht die Hand, sondern zog ihn nur am Ellbogen herein und schloß rasch die Tür, als müsse er die Kälte aussperren.
    Eine geräumige Wohnung, etwas düster, der Geruch von frischem Kaffee und Schamrons Zigaretten in der Luft. Große Ledersofas, verstellbare Ledersessel, dicke Kissen - ein Ort, an dem Agenten warten konnten. An der Wand gegenüber eine Anlage mit japanischen Geräten und amerikanischen Videofilmen. Keine Pornofilme in sicheren Wohnungen - darauf bestand der Boß.
    Ari Schamron kam aus dem Nebenzimmer. Er sah mit großer Geste auf seine Armbanduhr. »Eineinhalb Stunden«, sagte er. »Ihr Zug ist vor eineinhalb Stunden angekommen. Wo zum Teufel haben Sie gesteckt? Ich wollte schon einen Suchtrupp losschicken.«
    Dabei habe ich nicht gesagt, wie ich nach Paris komme und wann ich ankomme…
    »Sich hundertprozentig zu vergewissern, daß man nicht beschattet wird, dauert seine Zeit. Sie erinnern sich, wie man das macht, Ari, oder lehren Sie dieses Fach an der Akademie nicht mehr?«
    Schamron streckte seine hagere Hand aus. »Haben Sie die Bänder mitgebracht?«
    Aber Gabriel sah den anderen Mann an. »Wer ist das?«
    »Dies ist Uzi Navot. Uzi ist jetzt unser Katsa in Paris, einer meiner besten Leute. Er bearbeitet diesen Fall gemeinsam mit mir. Dies ist der große Gabriel, Uzi. Schütteln Sie dem großen Gabriel Allon die Hand.«
    Gabriel merkte sofort, daß Navot einer von Schamrons Jüngern war. Im Dienst gab es sie in Massen: Männer, die alles getan hätten - die gelogen, betrogen, gestohlen und sogar gemordet hätten -, um sich Schamrons Anerkennung zu sichern. Navot war jung und dreist, und er hatte etwas Selbstgefälliges, das ihn Gabriel sofort unsympathisch machte. Er glänzte wie eine prägefrische Münze. Seine Ausbilder an der Akademie hatten ihm erzählt, er gehöre jetzt der Elite an - er sei ein Prinz -, und Navot hatte das für bare Münze genommen.
    Während Gabriel dem Alten die Kassetten überließ und in einen Ledersessel sank, konnte er nur an eines denken: In Cornwall hatte Schamron ihm versprochen, das Unternehmen werde ein selbst am King Saul Boulevard gutgehütetes Geheimnis bleiben. Wenn das stimmte, wer zum Teufel war dann Uzi Navot, und was hatte er hier zu suchen?
    Schamron durchquerte den Raum, legte eine Kassette in die Stereoanlage ein und drückte auf PLAY. Dann setzte er sich Gabriel gegenüber und verschränkte die Arme. Als Jusef zu reden begann, schloß er die Augen und hielt den Kopf leicht schief. Gabriel hatte den Eindruck, er lausche den Klängen einer fernen Musik.
    »Ein Freund von mir, ein sehr wichtiger Palästinenser, muß zu einer äußerst wichtigen Besprechung ins Ausland reisen. Leider wäre es den Zionisten und ihren Freunden lieber, wenn dieser Mann nicht an dieser Besprechung teilnähme, und wenn sie ihn unterwegs entdecken, nehmen sie ihn vermutlich fest und schaffen ihn nach Hause zurück.«
    »Warum sollten sie das tun?«
    »Weil er den Mut gehabt hat, die Fairneß des sogenannten Friedensprozesses in Frage zu stellen. Weil er gewagt hat, die Führungsspitze der Palästinenser herauszufordern. Weil er

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