Der Auftraggeber
Juden aus der Siedlung und legten einen in der Nähe gelegenen Sumpf trocken. Daoud al-Hourani lernte Hebräisch. Als eine seiner Töchter sich in einen Juden aus der Siedlung verliebte, erlaubte er ihnen zu heiraten.
Dann kam der Krieg und damit die Katastrophe. Wie die meisten Araber aus Obergaliläa flüchtete die Großfamilie al-Hourani über die Grenze in den Libanon und ließ sich in einem Flüchtlingslager bei Sidon nieder. Dieses Lager war in vielem ähnlich wie die Dörfer Obergaliläas organisiert, und Daoud al-Hourani behielt seinen Status als Ältester und geachteter Mann, obwohl er Grundbesitz und Vieh verloren hatte. Statt in einem großen weißgetünchten Haus lebten sie beengt im Zelt, das in der Sommerhitze glühendheiß, im kalten Winterregen feucht und eiskalt war. An den Abenden saßen die Männer vor ihren Zelten und erzählten Geschichten aus Palästina. Daoud al-Hourani versicherte seinen Leuten, ihr Exil sei nur vorübergehend - die arabischen Armeen würden sich sammeln und die Juden ins Meer werfen.
Aber die arabischen Armeen sammelten sich nicht, und sie versuchten auch nicht, die Juden ins Meer zu werfen. Im Lager Sidon wurden die zerschlissenen Zelte durch primitive Hütten zwischen offenen Abwassergräben ersetzt. Im Lauf der Jahre verlor Daoud al-Hourani allmählich seinen Einfluß auf die Leute aus seinem Dorf. Er hatte ihnen Geduld gepredigt, aber ihre Geduld war nicht belohnt worden. Statt dessen schien die Lage der Palästinenser immer schlimmer zu werden.
In diesen ersten schrecklichen Jahren im Flüchtlingslager gab es nur eine einzige Freudenbotschaft: Daoud al-Houranis Frau wurde schwanger, obwohl sie das Alter erreicht hatte, in dem die meisten Frauen keine Kinder mehr gebären können. Im folgenden Frühjahr, auf den Tag genau fünf Jahre nach der Flucht der Großfamilie al-Hourani aus Obergaliläa, brachte sie im Krankenrevier des Lagers einen Jungen zur Welt. Daoud al-Hourani gab ihm den Namen Tariq.
Angehörige der Großfamilie al-Hourani waren in der gesamten Diaspora verstreut. Einige lebten jenseits der Grenze in Syrien, einige in Lagern in Jordanien. Einige wenige, darunter al-Houranis Bruder, hatten es geschafft, nach Kairo zu gelangen. Einige Jahre nach Tariqs Geburt starb sein Onkel in Kairo. Um an der Bestattung seines Bruders teilnehmen zu können, reiste Daoud al-Hourani nach Beirut und beschaffte sich die nötigen Visa und Genehmigungen. Als Palästinenser besaß er keinen Reisepaß. Am nächsten Tag flog er nach Kairo, wurde aber an der Paßkontrolle auf dem Flughafen zurückgewiesen, weil seine Papiere angeblich nicht in Ordnung waren. Als er nach Beirut zurückkehrte, verweigerte ein Beamter der Einwanderungsbehörde ihm die Wiedereinreise in den Libanon. Er wurde auf dem Flughafen in eine Arrestzelle gesteckt und bekam weder Essen noch Wasser.
Nach einigen Stunden wurde ein Hund zu ihm in die Zelle gesperrt. Das Tier war unbegleitet mit einem Flugzeug aus London angekommen, und seine Papiere waren wie die Daoud al-Houranis angeblich nicht in Ordnung. Aber schon eine Stunde später kam ein hoher Zollbeamter und befreite den Hund aus der Haft. Das Tier hatte eine Sondererlaubnis zur Einreise in den Libanon erhalten.
Erst nach einer Woche durfte Daoud al-Hourani endlich den Flughafen verlassen und ins Lager bei Sidon zurückkehren. Als die Männer abends an ihren Feuern saßen, rief er seine Söhne zu sich und erzählte ihnen von den Qualen, die er erlitten hatte.
»Ich habe unsere Leute aufgefordert, Geduld zu haben. Ich habe ihnen erzählt, die Araber würden uns zu Hilfe kommen, aber seither sind viele Jahre vergangen, und wir sitzen noch immer in den Lagern. Die Araber behandeln uns schlimmer als die Juden. Die Araber behandeln uns schlimmer als Hunde. Die Zeit der Geduld ist vorbei. Die Zeit des Kampfes ist gekommen.«
Tariq war zu jung, um zu kämpfen; er war noch ein kleiner Junge. Aber Mahmoud war jetzt fast zwanzig und bereit, mit Waffengewalt gegen die Juden zu kämpfen. In derselben Nacht s chloß er sich den Fedajin an. Dies war das letzte Mal, daß Tariq seinen Bruder lebend sah.
Jusef nahm Jacqueline an der Hand und führte sie durchs Gedränge im Terminal. Sie war erschöpft. Sie hatte miserabel geschlafen und war kurz vor Tagesanbruch aus einem Alptraum hochgefahren, in dem Gabriel Jusef umgebracht hatte, während Jusef sie liebte. Sie hatte ein Summen in den Ohren, und an den Rändern ihres Gesichtsfelds flackerten Lichter wie die
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