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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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um Sie kümmere.«
    Jacqueline hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Diese Leute hielten sich nicht an die getroffene Vereinbarung. Es wäre ihr gutes Recht gewesen, aufzustehen und wortlos zu gehen. Aber was dann? Tariq würde wieder einmal entkommen und seinen Terrorfeldzug fortsetzen. Weitere unschuldige Juden würden sterben. Der Friedensprozeß wäre gefährdet. Und Gabriel würde weiterhin glauben, was Leah und seinem Sohn in Wien  zugestoßen war, sei seine Schuld.
    »Das gefällt mir nicht, aber ich komme mit.«
    »Gut, denn unser Flug ist eben aufgerufen worden.«
    Jacqueline stand auf, griff nach ihrem Koffer und folgte der jungen Frau aus dem Café. »Unser Flug?« fragte sie.
    »Ganz recht. Ich begleite Sie auf der ersten Etappe Ihrer Reise. Lucien kommt später dazu.«
    »Wohin fliegen wir?«
    »Das werden Sie gleich sehen.«
    »Wollen Sie mir nicht wenigstens Ihren Namen sagen, wenn  wir schon gemeinsam reisen?«
    Die junge Frau lächelte wieder ihr strahlendes Lächeln. »Wenn Sie glauben, mich irgendwie nennen zu müssen, können Sie mich Leila nennen.«
    Gabriel stand dreißig Meter entfernt in einem Dutyfree-Shop und tat so, als interessiere er sich für Parfüms, während er Jacqueline im Café beobachtete. Schamron wartete in Benjamin Stones Privatflugzeug. Jetzt mußte nur noch Tariq kommen.
    Er merkte plötzlich, daß er bei der Vorstellung, Tariq endlich zu Gesicht zu bekommen, aufgeregt war. Die Fotos in Schamrons Fahndungsakte waren wertlos -zu alt, zu grobkörnig. Drei von ihnen zeigten vermutlich Tariq. Tatsächlich wußte niemand im Dienst genau, wie der Kerl aussah. Gabriel stand kurz davor, ihn erstmals seit Jahren wieder mehr als nur flüchtig zu Gesicht zu bekommen. War er groß oder klein? Sah er gut oder nur durchschnittlich aus? Sah man ihm den eiskalten Killer an? Selbstverständlich nicht, dachte Gabriel. Er ist jemand, der sich seiner Umgebung unauffällig anpaßt.
    Er wird sein wie ich. Dann fragte er sich: Oder bin ich wie er?
    Als die bildhübsche Schwarzhaarige sich an Jacquelines Tisch setzte, glaubte er im ersten Augenblick, das sei einer jener gräßlichen Zufalle, die ein Unternehmen ins Trudeln bringen konnten - junge Frau sucht einen Platz, junge Frau nimmt an, Jacqueline sei allein, junge Frau setzt sich einfach zu ihr. Dann merkte er, daß das zu Tariqs Spiel gehörte. Tariq hatte in all den Jahren nur überlebt, weil er unberechenbar war. Er machte Pläne, änderte sie ständig und erzählte verschiedenen Mitgliedern seiner Organisation verschiedene Versionen davon. Er ließ niemals die linke Hand wissen, was die rechte tat.
    Die beiden Frauen standen auf und gingen davon. Gabriel wartete noch einen Augenblick, bevor er ihnen in sicherer Entfernung folgte. Er war deprimiert. Das Spiel hatte gerade erst begonnen - und schon hatte Tariq sie ausgetrickst. Gabriel überlegte, ob er wirklich darauf vorbereitet war, es mit einem Mann wie Tariq aufzunehmen. Er war schon zu lange nicht mehr im Einsatz gewesen. Vielleicht hatte sein Reaktionsvermögen nachgelassen, vielleicht war sein Überlebenstrieb schwächer geworden. Er dachte an die Nacht, in der er die Wanzen in Jusefs Wohnung installiert hatte - wie er fast geschnappt worden war, weil er ein paar Sekunden lang unkonzentriert gewesen war.
    Er spürte wieder einen leicht schwindelerregenden Adrenalinschub. Einen Augenblick überlegte er, ob er losrennen und Jacqueline aus den Klauen der Unbekannten befreien sollte. Aber dann zwang er sich dazu, Ruhe zu bewahren und nüchtern nachzudenken. Sie ging nur an Bord eines Flugzeugs. Solange es in der Luft war, konnte ihr nichts passieren, und am Landeort würde Schamron ein Team in Bereitschaft haben. Tariq hatte die erste Runde gewonnen, aber Gabriel beschloß, das Spiel weiterlaufen zu lassen.
    Die junge Frau führte Jacqueline in den von hohen Glaswänden umschlossenen Vorraum eines Flugsteigs. Gabriel beobachtete, wie sie die letzte Sicherheitskontrolle passierten und einer Angestellten der Fluggesellschaft ihre Tickets gaben. Dann verschwanden sie in dem Tunnel, der zu der bereitstehenden Maschine führte.
    Gabriel sah nochmals zu dem Monitor auf, um sich zu vergewissern, daß er sich den richtigen Flug gemerkt hatte: Air-France-Flug 382 nach Montreal.
    Kurz nach dem Start legte Schamron im Büro von Benjamin Stones Privatjet den Hörer des abhörsicheren Telefons auf und kam wieder zu Gabriel in den luxuriös eingerichteten Salon. »Ich habe eben die Station Ottawa

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