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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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mich?«
    »Interessante Neuigkeiten.«
    »Ich höre.«
    »Die Männer am King Saul Boulevard sind der Überzeugung, daß du das Attentat in Paris verübt hast.«
    »Wie brillant von ihnen!«
    »Ari Schamron will dich liquidieren und vom Premierminister  grünes Licht bekommen.«
    »Ari Schamron will mich seit Jahren liquidieren. Wieso ist das jetzt so wichtig?«
    »Weil er den Mordauftrag einem alten Freund von dir erteilen  wird.«
    »Wem?«
    Kemel lächelte und beugte sich nach vorn.

7 St. James's, Londo n
    Die manchmal liquide Galerie Isherwood Fine Arts residierte in einem verfallenden viktorianischen Lagerhaus in einer Mason's Yard genannten stillen Ecke von St. James's. Das alte Gebäude stand zwischen einer kleinen Reederei und einem Pub eingezwängt, der stets voller hübscher Sekretärinnen zu sein schien, die Motorroller fuhren. Das Firmenschild in einem der Fenster im Erdgeschoß verkündete, die Galerie sei auf alte Meister spezialisiert, ihr Besitzer Julian Isherwood ordentliches Mitglied der Society of London Art Dealers und seine Kollektion nur nach Vereinbarung zu besichtigen. Galerien in Venedig und New York wurden ebenfalls angepriesen, obwohl sie schon lange wieder geschlossen waren: Isherwood hatte einfach nicht das Herz - oder das nötige Kleingeld -, das Firmenschild so abändern zu lassen, daß es den Niedergang seines Imperiums widerspiegelte.
    Schamron traf um halb eins ein. Bomberjacke und Khakihose waren durch einen dunkelblauen Zweireiher, zu dem er ein weißes Seidenhemd und eine dezent gemusterte Krawatte trug, und einen grauen Kaschmirmantel ersetzt worden. Statt seiner Nickelbrille hatte er eine modische Schildpattbrille auf der Nase. Am linken Handgelenk trug er eine goldene Rolex, am kleinen Finger der rechten Hand einen Siegelring. Das Fehlen eines Eherings signalisierte sexuelle Verfügbarkeit. Statt wie sonst einem wütenden Bullen gleich voranzustürmen, kam er lässig wie ein Kosmopolit dahergeschlendert.
    Schamron drückte auf den gesprungenen Klingelknopf neben der Eingangstür. Einen Augenblick später drang die Stimme von Heather, Isherwoods neuester Errungenschaft aus einer ganzen
    Serie junger und ahnungsloser Assistentinnen, aus der Sprechanlage.
    »Mein Name ist Rudolf Heller«, sagte Schamron in deutsch gefärbtem Englisch. »Ich möchte zu Mr. Isherwood.«
    »Haben Sie einen Termin?«
    »Leider nein, aber Julian und ich sind alte Freunde.«
    »Einen Augenblick, bitte.«
    Aus einem Augenblick wurden zwei, dann drei. Endlich ertönte der Türsummer. Schamron stieß die Tür auf, trat ein und stieg einige wenige knarrende Stufen hinauf. Den hellen Teppichboden auf dem oberen Treppenabsatz zierte ein großer brauner Kaffeefleck. Heather saß im Vorzimmer hinter einem leeren Schreibtisch mit einem Namensschild und einem stummen Telefon. Alle Mädchen Isherwoods hatten etwas gemeinsam: es waren hübsche Absolventinnen der Kunsthochschule, die er in seine Dienste lockte, indem er ihnen eine Ausbildung und Abenteuer versprach. Die meisten kündigten nach ein bis zwei Monaten, wenn sie sich hoffnungslos langweilten oder es Isherwood wieder nicht gelingen wollte, ihr Gehalt zusammenzukratzen.
    Heather blätterte in einer Ausgabe von Loot. Sie lächelte Schamron zu und deutete mit dem abgekauten Ende eines rosa Bleistifts in Isherwoods Büro. Drinnen lief Isherwood an der offenen Tür vorbei: in Nadelstreifen und Seide, ein schnurloses Telefon in der Hand, in das er rasend schnelles Italienisch sprach.
    »Gehen Sie rein, wenn Sie sich trauen«, sagte Heather mit gedehntem Mayfair-Akzent, bei dem sich Schamron die Nackenhaare sträubten. »Er ist in einer Minute fertig. Kann ich Ihnen irgendwas zu trinken anbieten?«
    Schamron schüttelte dankend den Kopf und ging zu Isherwood hinein. Er nahm in einem Besuchersessel Platz und begutachtete den Raum. Bücherregale mit Werken über Kunstgeschichte, in Leinen gebundene Kontobücher, alte Kataloge, eine Staffelei mit schwarzem Samtüberwurf, auf der potentiellen Kunden Gemälde gezeigt werden konnten. Isherwood ging vor dem Fenster mit Blick auf den Mason's Yard auf und ab. Er machte eine Pause, um Schamron anzufunkeln, und eine weitere, um mühsam ein ächzendes Faxgerät in Gang zu bringen. Isherwood saß in der Klemme -das spürte Schamron deutlich. Andererseits saß er immer in der Klemme.
    Julian Isherwood war sehr wählerisch in bezug auf die Gemälde, die er kaufte, und noch wählerischer in bezug auf die Leute, denen er sie

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