Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
jetzt für Tariq arbeitet?«
    »Darauf würde ich mein Leben verwetten.«
    »Vorsicht mit solchen Äußerungen, Schimon.«
    Schimon ließ die Akte auf seinem Schreibtisch liegen und ging. Jetzt hatte Schamron, was er gesucht hatte: den Beweis dafür, daß das Attentat in Paris Tariqs Handschrift trug. Später an diesem Abend erschien Jossi mit vor Übermüdung geröteten Augen an Schamrons Tür. »Ich habe gerade etwas Interessantes gehört, Boß.«
    »Was gibt's, Jossi?«
    »Ein Freund im griechischen Geheimdienst hat unserem Stationsleiter in Athen eine Nachricht zukommen lassen. Vor ein paar Tagen ist auf Samos ein Palästinenser namens Ahmed Natour ermordet worden. Mit zwei Kopfschüssen erledigt und in einer Villa in den Bergen liegengelassen.«
    »Wer war dieser Ahmed Natour?«
    »Wissen wir noch nicht. Das versucht Schimon  rauszukriegen.«
    »Wem gehört die Villa?«
    »Das ist der interessanteste Punkt, Boß. Ein Engländer, ein  gewisser Patrick Reynolds hat sie gemietet. Die griechische Polizei versucht jetzt, ihn zu finden.«
    »Und?«
    »Unter der im Mietvertrag angegebenen Adresse in irgendeinem Nest in den South Downs ist kein Patrick Reynolds bekannt. Auch im dortigen Telefonbuch steht kein Patrick Reynolds. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der britischen und griechischen Behörden existiert dieser Patrick Reynolds nicht.«
    Der Alte plante eine längere Reise - das spürte Rami deutlich.
    Schamrons letzte Nacht war selbst nach den Maßstäben des Phantoms von Tiberias ruhelos gewesen. Er verbrachte lange Zeit damit, auf der Terrasse auf und ab zu marschieren, und schlug dann ein paar Stunden damit tot, daß er an einem alten Philco-Radio herumbastelte, das er an diesem Tag aus Amerika bekommen hatte. Er schlief nicht, führte keine Telefongespräche und hatte nur einen Besucher: den bußfertig wirkenden Uzi Navot. Er sprach eine Viertelstunde lang mit dem Alten auf der Terrasse und verabschiedete sich dann hastig. Beim Hinausgehen erinnerte sein Gesichtsausdruck Rami an den Ausdruck, den er in der Nacht nach dem Pariser Attentat auf Schamrons Gesicht gesehen hatte: halb grimmige Entschlossenheit, halb selbstgefälliges Grinsen.
    Aber erst der Koffer bestätigte Ramis schlimmste Befürchtungen: eine italienische Luxusmarke, schwarzes Leder, protzig vergoldete Schnallen und Schnappschlösser. Dieser Koffer war alles, was der Alte nicht war. Das Phantom hätte Zahnbürste und Rasierer in der Hüfttasche bei sich tragen können und noch Platz für seine Geldbörse gehabt. Und am Griff baumelte ein Namensschild: Rudolf Heller, Berner Adresse, Berner Telefonnummer. Schamron wollte untertauchen.
    Beim Frühstück war Rami reserviert wie eine Mutter, die am Morgen einer Trennung von ihrem Kind einen Streit vom Zaun bricht. Statt sich mit Schamron an den Tisch zu setzen, blieb er an der Küchentheke stehen und blätterte geräuschvoll im Sportteil der Maa'riv.
    »Rami, bitte«, sagte Schamron. »Lesen Sie sie, oder versuchen Sie, ein Geständnis aus ihr herauszuprügeln?«
    »Lassen Sie mich mitkommen, Boß.«
    »Darüber will ich nicht noch mal diskutieren. Auch wenn Sie's kaum glauben können, weiß ich, wie man sich im Einsatz zu verhalten hat. Ich war Katsa, lange bevor Ihre Eltern es für richtig gehalten haben, Sie in die Welt zu setzen.«
    »Sie sind nicht mehr so jung wie früher, Boß.«
    Schamron ließ seine Zeitung sinken und fixierte Rami über seine halbmondförmige Lesebrille hinweg. »Wenn Sie glauben, soweit zu sein, können Sie jederzeit versuchen, meine Fitneß zu testen.«
    Rami deutete mit dem Zeigefinger wie mit einer Waffe auf Schamron und sagte: »Peng, peng, Sie sind tot, Boß.«
    Aber Schamron lächelte nur und las seine Zeitung fertig. Zehn Minuten später begleitete Rami ihn zum Tor hinunter und verstaute seinen Koffer im Auto. Er blieb stehen und sah dem davonfahrenden Wagen nach, bis von Ari Schamron nur noch eine kleine Wolke rosa galiläischen Staubs übrig war.

6 Züric h
    Die Firma Schloss Pharmaceuticals war der größte Arzneimittelhersteller Europas und einer der größten der Welt. Die Forschungslabors, Produktionsstätten und Vertriebszentren waren über die ganze Welt verteilt, aber die Zentrale residierte in der exklusiven Züricher Bahnhofstraße in einem stattlichen Granitgebäude unweit des Sees. Weil heute Mittwoch war, hatten die Abteilungsleiter und Direktoren sich zu ihrer wöchentlichen Besprechung in dem holzgetäfelten Konferenzraum im achten Stock

Weitere Kostenlose Bücher