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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Inspektion der Straße.
    »Das ist also unser Junge?« fragte Karp.
    »Richtig.«
    »Eines würde mich noch interessieren, Gabe. Wie willst du in  die Wohnung reinkommen?«
    Gabriel erwiderte seinen Blick und lächelte. »Er mag Mädchen.«
    Am nächsten Morgen kurz nach zwei Uhr schlüpften Gabriel und Karp in die Gasse hinter der Kebab Factory. Um den Verteilerkasten zu erreichen, mußte Karp auf einen großen Container mit Küchenabfallen steigen. Er öffnete das Schloß mit einem Dietrich, zog die kleine Tür auf und arbeitete einige Minuten lang schweigend im scharf gebündelten Lichtstrahl einer dünnen Stabtaschenlampe, die er sich zwischen die Zähne geklemmt hatte.
    Gabriel, der unter ihm Wache hielt, beobachtete die Einmündung der Gasse. »Wie lange noch?« murmelte er.
    »Eine Minute, wenn du die Klappe hältst. Zwei, wenn du darauf bestehst, mit mir zu reden.«
    Als Gabriel wieder die Gasse entlangblickte, sah er zwei Männer in Lederjacken, die auf ihn zukamen. Einer von ihnen hob eine auf dem Pflaster liegende Flasche auf und ließ sie an der nächsten Hauswand zersplittern. Sein Freund bog sich vor Lachen.
    Gabriel entfernte sich einige Schritte von Karp, lehnte sich an eine Hauswand und tat so, als müsse er sich übergeben. Die beiden Männer blieben bei ihm stehen. Der Größere packte Gabriel an der Schulter. Er hatte eine lange weiße Narbe wie von einem Messerschnitt auf der rechten Backe und stank nach Bier und Whiskey. Der andere Kerl grinste dümmlich. Er war auffällig hager und hatte sich den Schädel rasiert. Im schwachen Schein der spärlichen Straßenbeleuchtung schien seine blasse Haut zu schimmern.
    »Bitte, ich will keinen Ärger«, sagte Gabriel mit seinem starken französischen Akzent. »Mir ist nur schlecht. Zuviel getrunken, wissen Sie?«
    »Ein gottverdammter Frenchie!« rief der Kahlköpfige. »Und schwul sieht er auch aus.«
    »Bitte, ich will keinen Ärger«, wiederholte Gabriel.
    Er griff in seine Jackentasche, zog mehrere zusammengeknüllte Zehner und Zwanziger heraus und hielt sie den beiden hin. »Hier, nehmen Sie mein Geld. Ich will nur in Ruhe gelassen werden.«
    Aber der große Mann mit der Narbe schlug ihm das Geld aus der Hand. Dann holte er mit der rechten Faust zu einem wilden Schwinger gegen Gabriels Kopf aus.
    Zehn Minuten später waren sie wieder in Gabriels Wohnung. Karp saß vor seinen Geräten, die er auf dem Eßtisch aufgebaut hatte. Er griff nach einem Mobiltelefon und wählte die Nummer des Restaurants. Während das Klingelzeichen zu hören war, legte er das Telefon weg und drehte den Lautstärkeregler seines Empfängers nach rechts. Der Anrufbeantworter schaltete sich ein, und eine Stimme teilte mit, die Kebab Factory habe geschlossen und sei erst ab 11.30 Uhr wieder geöffnet. Er wählte die Nummer nochmals und hörte die Ansage wieder aus seinem Empfänger. Wanze und Relaisstation funktionierten einwandfrei.
    Als er sein Werkzeug aufräumte, dachte er über Gabriels Beitrag zum Erfolg ihrer nächtlichen Arbeit nach. Er hatte nichts gesehen - seine ganze Aufmerksamkeit hatte seiner Arbeit gegolten -, aber alles gehört und vier harte Schläge gezählt. Der letzte Schlag war der brutalste gewesen. Karp hatte eindeutig Knochen splittern gehört. Er hatte erst nach unten gesehen, als die Wanze angebracht und die Tür des Verteilerkastens wieder geschlossen war. Diesen Anblick würde er nie vergessen: Gabriel Allon, der sich nacheinander über seine Opfer beugte und fürsorglich an der Kehle ihren Puls fühlte, um sich zu vergewissern, daß er sie nicht umgebracht hatte.
    An diesem Morgen verließ Gabriel die Wohnung, um Zeitungen zu holen. Er ging in leichtem Nieselregen zur Edgware Road und kaufte an einem Zeitungsstand ein Exemplar der Times. Er steckte es unter seine Jacke und überquerte die Straße zu einem kleinen Supermarkt. Dort kaufte er Alleskleber, eine Schere und ein zweites Exemplar der Times.
    Karp schlief noch, als er in die Wohnung zurückkam. Gabriel setzte sich an den Tisch und legte zwei leere Blatt Schreibpapier vor sich hin. Oben auf dem ersten Blatt vermerkte er die Geheimhaltungsstufe - Streng geheim! u nd den Empfänger: Rom - der interne Code für den Boß.
    Gabriel schrieb eine Viertelstunde lang. Seine rechte Hand kratzte rhythmisch übers Papier, die linke stützte seinen Kopf an der Schläfe. Schamrons Vorliebe entsprechend war seine Ausdrucksweise knapp und sachlich.
    Als er fertig war, nahm er ein Exemplar der Times, schlug

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