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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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die Seite acht auf und schnitt sorgfältig die große Anzeige eines Herrenausstatters aus. Er warf die Zeitung in den Papierkorb, griff nach dem zweiten Exemplar und schlug wieder die Seite acht auf. Er legte seinen Bericht auf die Anzeige und klebte die ausgeschnittene Anzeige darüber. Er faltete die Times wieder zusammen und steckte sie ins Außenfach einer schwarzen Reisetasche. Dann zog er seine Jacke an, griff nach der Tasche und verließ die Wohnung.
    Gabriel ging zum Marble Arch und fuhr zum U-Bahnhof hinunter. Er kaufte seine Fahrkarte am Automaten und führte ein kurzes Telefongespräch, bevor er durch die Drehkreuze ging.
    Kaum eine Viertelstunde später stieg er an der U-Bahnstation Waterloo aus.
    Schamrons Bodel wartete in einem Café im Eurostar-Ticketterminal und hatte als Erkennungszeichen eine Plastiktragetasche mit dem Werbeaufdruck einer amerikanischen Zigarettenmarke auf seinem Tisch liegen. Gabriel setzte sich an den Nebentisch, trank einen Tee und las die Times. Als er seinen Tee ausgetrunken hatte, stand er auf, legte die Zeitung auf den Tisch und ging. Der Bodel steckte sie in seine Plastiktüte und ging in die entgegengesetzte Richtung.
    Gabriel wartete im Terminal, bis sein Zug aufgerufen wurde. Zehn Minuten später stieg er in den Eurostar nach Paris.

1 5 Amsterda m
    Das elegante Stadthaus stand an der Amsterdamer Herengracht in der Goldenen Kurve des zentralen Kanalrings. Es war hoch und breit, mit großen Fenstern, die den Blick auf den Kanal freigaben, und hoch aufragendem Giebel. Sein Eigentümer, der Multimillionär David Morgenthau, war Vorstandsvorsitzender der Firma Optique, einem der weltgrößten Hersteller von Designerbrillen. Außerdem war Morgenthau ein leidenschaftlicher Zionist. Im Lauf der Jahre hatte er israelische Wohltätigkeitsorganisationen Millionen von Dollar gespendet und weitere Millionen in israelische Firmen investiert. Morgenthau, ein Amerikaner holländisch-jüdischer Abstammung, hatte in New York im Vorstand mehrerer jüdischer Organisationen gesessen und galt als Falke, wenn es um israelische Sicherheitsbelange ging. Seine Frau Cynthia, eine bekannte New Yorker Innenarchitektin, und er kamen zweimal im Jahr pünktlich wie ein Uhrwerk in ihr Haus in Amsterdam einmal im Sommer, auf dem Weg zu ihrer Villa bei Cannes, und einmal im Winter über die Feiertage.
    Tariq saß in einem Café auf dem gegenüberliegenden Kanalufer und trank heißen, süßen Tee. Er wußte andere Dinge über David Morgenthau - Dinge, die nicht in Klatschkolumnen oder im Wallstreet Journal standen. Er wußte, daß Morgenthau mit dem israelischen Premierminister befreundet war, Ari Schamron in der Vergangenheit verschiedene Gefälligkeiten erwiesen hatte und einmal als Geheimvermittler zwischen der israelischen Regierung und der PLO fungiert hatte. Aus allen diesen Gründen würde Tariq ihn liquidieren.
    Leila hatte während ihres Aufenthalts in Amsterdam einen detaillierten Überwachungsbericht erstellt. David und Cynthia Morgenthau verließen das Haus jeden Morgen um zehn, um Museen zu besuchen oder zum Schlittschuhlaufen aufs Land zu fahren. Tagsüber war nur ihr Dienstmädchen, eine junge Holländerin, im Haus.
    Das wird fast zu leicht, sagte Tariq sich.
    Drüben vor dem Haus hielt ein Mercedes mit Chauffeur. Tariq sah auf seine Armbanduhr: 16.00 Uhr, auf die Minute pünktlich. Ein großer grauhaariger Mann stieg aus. Er trug einen dicken Pullover und eine schwere Cordsamthose und hatte zwei Paar Schlittschuhe in der Hand. Auf der anderen Seite stieg eine attraktive Frau in Pullover und schwarzen Stretchleggings aus. Der Mercedes fuhr davon, als die beiden das Haus betraten.
    Tariq legte ein paar Gulden auf den Tisch und verließ das Café.
    Schnee wirbelte über die Herengracht, als er langsam zu dem Hausboot auf der Amstel zurückging. Zwei Radfahrer glitten lautlos an ihm vorbei und hinterließen schwarze Spuren im frisch gefallenen Schnee. Der Abend in einer fremden Stadt machte ihn stets melancholisch. Lichter flammten auf, Büros leerten sich, Bars und Cafés füllten sich allmählich. Durch die breiten Fenster von Kanalhäusern, hinter denen warmes, freundliches Licht brannte, sah er Eltern, die zu Kindern heimkehrten, Ehemänner, die zu Ehefrauen heimkamen, Liebende, die wieder vereint wurden. Leben, dachte er. Anderer Leute Leben, anderer Leute Heimatland.
    Er dachte wieder daran, was Kemel ihm bei ihrem Treff im Schnellzug erzählt hatte. Sein alter Erzfeind Gabriel Allon war

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