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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Schönes.«
    Jähe Panik traf sie wie ein Stich ins Herz. Er schien ihr Unbehagen zu spüren, denn er legte den Kopf schief und fragte: »Hast du was, Dominique?«
    »Nein, nichts«, beteuerte sie und rang sich ein schwaches Lächeln ab. »Abendessen bei dir klingt wunderbar.«
    Gabriel überquerte die Straße mit einem Nylonrucksack über der rechten Schulter. Im Rucksack hatte er die Duplikate von Jusefs Telefon und Radiowecker. Er sah zu seinem Horchposten hoch. Karp hatte die Lampe am Fenster eingeschaltet, die ihm signalisierte, daß er ungefährdet weitermachen konnte. Sie wollten sich durch Lichtsignale verständigen, aber Gabriel hatte für Notfälle ein Mobiltelefon in der Tasche.
    Er stieg die Stufen zur Haustür hinauf und holte den Bund Nachschlüssel aus seiner Tasche. Er wählte den Hausschlüssel aus, steckte ihn ins Zylinderschloß und drehte ihn nach links. Der Schlüssel klemmte. Gabriel fluchte halblaut vor sich hin. Er bewegte den Schlüssel mehrmals hin und her, dann machte er einen neuen Versuch. Diesmal ließ das Schloß sich aufsperren.
    Drinnen durchquerte er ohne Zögern den Vorraum. Das entsprach der Doktrin, die Schamron ihm vor den Einsätzen gegen die Terrorgruppe Schwarzer September eingebleut hatte. Hart und schnell zuschlagen, sich keine Sorgen wegen eines bißchen Lärms machen, rasch wieder verschwinden. Bei seinem ersten Einsatz, der Ermordung des Chefs der Terrorgruppe in Rom, hatte Gabriel binnen einer Stunde nach dem Mord im Flugzeug nach Genf gesessen. Das heutige Unternehmen würde hoffentlich ebenso reibungslos klappen.
    Gabriel erreichte die Treppe und stieg rasch in den ersten Stock hinauf. Von oben kamen ihm drei Inder entgegen: zwei junge Männer und ein hübsches Mädchen. Als sie auf dem Treppenabsatz an ihm vorbeigingen, wandte er das Gesicht ab und fummelte an einem Reißverschluß seines Rucksacks herum. Sobald die Inder an ihm vorbei waren, riskierte er einen Blick über die Schulter. Keiner sah sich nach ihm um. Im ersten Stock wartete er einen Augenblick, bis er hörte, daß die drei den Vorraum durchquerten und das Haus verließen. Erst dann ging er zu Jusefs Wohnung weiter.
    Diesmal sperrten beide Schlüssel gleich beim ersten Versuch, ohne zu klemmen, und Gabriel war sekundenschnell in der Wohnung. Er schloß die Tür hinter sich, machte aber kein Licht, sondern holte eine kleine Stabtaschenlampe aus seinem Rucksack. Er schaltete sie ein, ließ den Lichtstrahl über den Fußboden in Türnähe wandern und schaute nach einem möglicherweise heruntergefallenen Anzeiger -einem Papierschnitzel oder einem ähnlich unverfänglichen Gegenstand, der in die Tür geklemmt gewesen war und Jusef verraten würde, daß jemand in seiner Wohnung gewesen war. Aber er sah nichts.
    Gabriel richtete sich auf und leuchtete rasch das Wohnzimmer ab. Er widerstand dem instinktiven Drang, Jusefs Wohnung zu durchsuchen. Da er ihn seit mehreren Tagen aus der Ferne beobachtete, hatte er eine natürliche Neugier in bezug auf den Mann entwickelt. War er pedantisch ordentlich oder ein Schwein? Wovon ernährte er sich? Hatte er Schulden? War er drogenabhängig? Trug er merkwürdige Unterwäsche? Gabriel wollte seine Schubladen durchsuchen und seine Privatpapiere lesen. Er wollte sich sein Bad und seinen Kleiderschrank ansehen. Er wollte alles sehen, was das Bild abrunden konnte jeden Hinweis, der ihm helfen konnte, besser zu verstehen, welche Rolle Jusef in Tariqs Organisation spielte. Aber für diese Art Suche war es noch zu früh. Zu riskant, die Gefahr, dabei überrascht zu werden, zu groß.
    Der Lichtstrahl seiner Taschenlampe zeigte ihm Jusefs Telefon. Gabriel durchquerte den Raum, kniete davor nieder. Er holte das mitgebrachte Telefon aus seinem Rucksack und verglich es mit dem Original. Nahezu identisch. Jacqueline hatte gute Arbeit geleistet. Er steckte Jusefs Telefon aus und ersetzte es durch das Duplikat. An Jusefs Apparat war das Spiralkabel zwischen Hörer und Gehäuse alt und ausgeleiert; das Kabel des Duplikats war fabrikneu, deshalb vertauschte Gabriel die beiden Kabel rasch.
    Danach sah er aus dem Fenster zu seinem Horchposten hinüber. Karps Signallampe brannte noch immer. Er konnte ungefährdet weitermachen. Er steckte Jusefs Telefon in seinen Rucksack, während er aus dem Wohnzimmer ins Schlafzimmer hinüberging.
    Als er am Bett vorbeikam, befiel ihn eine beunruhigende Vorstellung davon, wie Jacquelines nackter Leib sich auf dem zerwühlten Laken wand. Er fragte sich, ob

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