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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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wiedersehen.«
    »Wann?«
    »Heute abend um halb sieben. Er will mich in der Galerie  abholen.«
    »Hast du zugesagt?«
    »Ja, aber ich kann…«
    »Nein«, unterbrach Gabriel sie, »das ist sehr gut. Ich möchte, daß du dich mit ihm triffst und ihn lange genug unterhältst, damit ich mir seine Wohnung vornehmen und die Wanzen installieren kann.«
    »Und dann?«
    »Dann ist der Fall für dich erledigt.«
    Gabriel verließ das Gebäude durch den Hinterausgang. Er ging über den Hof, kletterte ungesehen auf eine halbhohe Mauer aus Hohlblocksteinen und sprang auf der anderen Seite auf einen Bürgersteig, der mit Bierdosen und Glassplittern übersät war. Von dort aus ging er zur U-Bahnstation Maida Vale weiter. Er war etwas beunruhigt. Daß Jusef Jacqueline wiedersehen wollte, gefiel ihm nicht.
    Er fuhr mit der U-Bahn zum Covent Garden. Der Bodel stand auf dem Markt in der Schlange vor dem Kaffeestand. Er war derselbe junge Mann, der Gabriels Bericht für Schamron im Eurostar-Terminal übernommen hatte. Seine Aktentasche aus schwarzem Nappaleder trug er an einem Tragegurt so auf dem Rücken, daß das Seitenfach nach außen zeigte. Gabriel hatte das Silberetui mit den Abdrücken von Jusefs Schlüsseln in einen braunen Umschlag gesteckt - Standardgröße, unbeschriftet, ohne Aufkleber. Jetzt saß er an einem Tisch des Marktcafes, trank Tee und suchte die Menge systematisch nach einem bekannten Gesicht ab.
    Der Bodel bekam seinen Kaffee, ging mit dem Becher in der Hand weg. Gabriel stand auf, folgte ihm und schlängelte sich durchs Gedränge auf dem Markt, bis er unmittelbar hinter ihm war. Als der Bodel den ersten Schluck Kaffee nahm, stieß Gabriel ihn so an, daß er einen Teil davon auf seine Jacke verschüttete. Er entschuldigte sich und ging weiter, während der braune Umschlag jetzt sicher im Seitenfach der Aktentasche des Bodels steckte.
    Gabriel schlenderte durch St. Giles, überquerte die New Oxford Street und ging die Tottenham Court Road entlang, in der es mehrere Elektronikshops gab. Nachdem er in zwei Geschäften eingekauft hatte, saß er eine Viertelstunde später in einem Taxi, das ihn quer durch London zu seinem Horchposten in Sussex Gardens zurückbrachte. Neben ihm auf dem Sitz lag eine Tragetasche mit vier Artikeln: ein Radiowecker von Sony, ein Telefon der British Telecom und zwei Filzstifte, einer rot, einer blau, beide mit breiter Spitze.
    Karp saß am Eßtisch und studierte die freigelegten Innereien des Telefons und des Radioweckers mit Hilfe einer Leuchtlupe. Während Gabriel ihm bei der Arbeit zusah, dachte er an sein Atelier in Cornwall und stellte sich vor, er betrachte die Oberfläche des Vecellios durch sein Wild-Mikroskop.
    »Wir nennen das ein heißes Mikrofon«, sagte Karp. »Euer Dienst bezeichnet es als Glas, wenn ich mich nicht irre.«
    »Du hast wie üblich recht.«
    »Ein wundervolles kleines Gerät, mit dem wir die Wohnung und das Telefon abhören können. Zwei zum Preis von einem, könnte man sagen. Und man braucht sich nie Sorgen wegen eines Batteriewechsels zu machen, weil der Sender mit Telefonstrom arbeitet.«
    Karp machte eine kurze Pause, um sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. »Sobald die installiert sind, findet die weitere Überwachung im Prinzip automatisch statt. Die Tonbandgeräte sind sprachgesteuert. Sie laufen nur, wenn drüben gesprochen wird. Mußt du aus irgendeinem Grund mal weg, kannst du die Bänder nach deiner Rückkehr kontrollieren. Meine Arbeit hier ist praktisch beendet.«
    »Du wirst mir fehlen, Randy.«
    »Gabe, ich bin gerührt.«
    »Ich weiß.«
    »Daß du das Mädchen auf ihn angesetzt hast, war eine elegante Lösung. Einbrüche sind verdammt riskant. Immer besser, die Schlüssel und das Telefon zu haben, bevor man die Wanzen anbringt.«
    Karp schraubte das Telefongehäuse wieder zusammen, schob den Apparat Gabriel hin. »Jetzt bist du an der Reihe.«
    Gabriel, der Restaurator, griff nach den Filzstiften und machte sich daran, Spuren auf dem Tastenfeld zu hinterlassen.
    Kemel Azouri war morgens zu einer Besprechung mit Verkaufsleitern in der Pariser Niederlassung von Schloss Pharmaceuticals, als er eine SMS-Nachricht erhielt: Mr. Taylor wünsche ihn wegen Problemen mit der Lieferung vom vergangenen Donnerstag zu sprechen. Kemel brach die Besprechung ab, fuhr mit einem Taxi zur Gare du Nord und stieg in den nächsten Eurostar nach London. Die sehr kurzfristige Nachricht hatte ihn neugierig gemacht. ›Mr. Taylor‹ war der Deckname eines Agenten in

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