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Der Auftraggeber

Der Auftraggeber

Titel: Der Auftraggeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Exemplar des Daily Telegraph, in dem auf Seite 13 unter einer Anzeige ein verschlüsselter Zwischenbericht für Schamron versteckt war. Der Bodel erschien zehn Minuten später und ging an Gabriel vorbei in Richtung U-Bahnstation Temple. Er trug eine Mütze, wasbedeutete, daß er nicht beschattet wurde; die Übergabe konnte wie vorgesehen stattfinden. Gabriel folgte ihm zum Bahnsteig hinunter. Als die U-Bahn einfuhr, zwängten beide Männer sich in denselben überfüllten Wagen. Drinnen standen sie dicht nebeneinander, so daß der Tausch - Jusefs Schlüssel gegen die Zeitung mit Gabriels Bericht - unmöglich zu entdecken war. Gabriel stieg am Bahnhof Paddington aus und fuhr zu seinem Horchposten zurück.
    »Hier gibt's etwas Besonderes, das ich dir zeigen möchte«, sagte Jacqueline. Sie nahm Jusef in den Aufzug mit, und sie fuhren schweigend nach oben. Als die Türen sich öffneten, ergriff sie seine Hand und führte ihn in die Mitte der dunklen Galerie. »Mach die Augen zu«, forderte sie ihn auf.
    »Ich mag solche Spiele nicht.«
    »Mach die Augen zu.«
    Dann fügte sie neckend hinzu: »Du wirst's nicht bereuen, das verspreche ich dir.«
    Er schloß die Augen. Jacqueline ging quer durch den Raum zu den Lichtschaltern und legte ihre Hand auf den zentralen Dimmerschalter. »Jetzt darfst du sie wieder aufmachen.«
    Sie drehte die Beleuchtung langsam heller, bis die volle Lichtstärke erreicht war. Jusef war sichtlich beeindruckt, als er die Gemälde betrachtete, von denen sie umgeben waren.
    »Wundervoll!«
    »Hier oben ist mein Lieblingsplatz.«
    Jusef trat ein paar Schritte vor und blieb vor einem der  Gemälde stehen. »Mein Gott, ist das wirklich ein Claude?«
    »Ja, eine seiner ersten Flußlandschaften. Ein sehr wertvolles Gemälde. Sieh dir nur an, wie er die Sonne dargestellt hat. Claude hat als einer der ersten Maler die Sonne als Lichtquelle für eine Gesamtkomposition benutzt.«
    »Claude war Franzose, hat aber fast sein ganzes Leben in Venedig verbracht, wenn ich mich nicht irre.«
    »Leider irrst du dich. Claude hat in Rom gelebt und gearbeitet - in einem kleinen Atelier in der Via Margutta unweit der Piazza di Spagna. Er war zu seiner Zeit der gesuchteste Landschaftsmaler Italiens.«
    Jusef kehrte dem Bild den Rücken zu und sah sie an. »Du verstehst wohl viel von Malerei?«
    »Eigentlich nicht besonders viel, aber ich arbeite in einer Kunstgalerie.«
    »Wie lange arbeitest du schon hier?« fragte Jusef.
    »Ungefähr fünf Monate.«
    »Ungefähr fünf Monate? Was bedeutet das genau? Heißt das vier Monate oder sechs Monate?«
    »Es bedeutet fast fünf Monate. Und warum willst du das wissen? Warum ist das für dich wichtig?«
    »Dominique, wenn diese Beziehung Bestand haben soll, muß zwischen uns absolute Ehrlichkeit herrschen.«
    »Beziehung? Ich dachte, wir schlafen nur miteinander.«
    »Vielleicht kann sich daraus noch mehr entwickeln aber nur, wenn's keine Lügen gibt. Keine Geheimnisse.«
    »Rückhaltlose Ehrlichkeit? Willst du das wirklich? Kann es jemals völlige Ehrlichkeit zwischen zwei Menschen geben? Wäre das wünschenswert? Ist es nicht besser, manche Dinge für sich zu behalten? Hast du mir denn alle deine Geheimnisse erzählt, Jusef?«
    Er ignorierte ihre Frage.
    »Noch etwas, Dominique«, sagte er. »Liebst du einen anderen  Mann?« 
    »Nein, ich liebe keinen anderen Mann.« »Sagst du die Wahrheit?« »Natürlich tue ich das!« »Das glaube ich nicht.« »Wie kommst du darauf?«
    »Wegen deines Verhaltens letzte Nacht.«
    »Du hast schon viele Frauen geliebt? Du bist Experte auf diesem Gebiet?«
    Auf seinen Lippen erschien ein bescheidenes Lächeln.
    »Was an meinem Verhalten läßt dich glauben, daß ich einen  anderen Mann liebe?« fragte Jacqueline.
    »Du hast die Augen geschlossen, während ich in dir war. Du hast die Augen geschlossen, als wolltest du mich nicht sehen. Du hast die Augen geschlossen, als dächtest du an einen anderen.«
    »Und was wäre, wenn ich zugeben würde, einen anderen Mann zu lieben? Wie würdest du darauf reagieren? Würde sich dadurch irgend etwas zwischen uns ändern?«
    »Vielleicht würde ich mich dann noch mehr um dich bemühen.«
    »Ich schließe gern die Augen, wenn mich ein Mann liebt,  Jusef. Das hat nichts zu bedeuten.«
    »Hast du irgendwelche Geheimnisse vor mir?«
    »Keine wichtigen.«
    Jacqueline lächelte. »Führst du mich jetzt zum Abendessen  aus?«
    »Paß auf, ich habe eine bessere Idee. Wir fahren zu mir, und ich koche uns etwas

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