Der Augenblick der Liebe
ging hinüber zu ihr, legte sich eng neben sie, zwischen sie, sagte, er sei genau so erschrocken wie sie, als er sich so reden hörte. Aber müsse nicht wenigstens ein Tausendstel von dem, was in einem passiere, heraus? Zwischen zweien wie sie und er. Das Gerede vom Sturz
ist Wortstroh. Das Hinab so bremsen, daß es kein Sturz wird,
sondern ein Untergang. Jetzt, nach dem schönen Bourbon,
hat er mehrere Bedürfnisse. Erstens will er auf sie einplaudern von zu Hause. Was er jetzt empfindet, und sie wisse, daß La Mettrie alle Erkenntnis mit Empfindung beginnen
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läßt, möchte er eine unschuldige Sehnsucht nennen. Nach
dort. Nach dieser Familie, die er seine Familie nennen muß.
Er möchte sie alle andauernd aufzählen. Inklusive Anna.
Und daß er das Beate so hinsagen kann, daß er das nicht finster verheimlichen muß, das zieht ihn hin zu Beate. Er kann gar nicht sagen, wie. Er will jetzt auch einmal
Schlagzeilen machen: Besoffener Gastreferent fickt Graduate
Studentin ins Leben.
Danach verschraubten sich beide auf der Liege in einander.
Beate löschte den Fernseher. Gottlieb lag noch wach, als sie schon schlief. Ihm war, weiß Gott, warum, fromm zumute.
Er hatte dieses Hochgefühl der Biederkeit, es allen recht gemacht zu haben. Also auch sich selbst.
Am nächsten Vormittag, als Beate in ihrer Klasse war, rief
Gottlieb die Lufthansa an und verlegte den Flug noch
einmal, und zwar auf den nächsten Tag. Das wird teuer. Er muß die Fluglinie wechseln. Ihm egal. Oder nicht egal. Egal.
Als sie zurückkam, gab sie sich erstaunt. Sie habe ge‐
fürchtet, geglaubt, er sei, wenn sie zurückkomme, nicht mehr
da. Und riß ihn an sich und aufs Sofa. Und entschuldigte sich
dafür, daß sie so etwas habe denken können. Aber dieser Tag
sei der Tag der Katastrophe, was lag da näher, als zu
fürchten, daß die Katastrophe auch vor ihr nicht Halt
machen werde. Wart, sagte sie, als sie sah, daß er etwas sagen wollte. Wart! Sie hat Dr. Douglas verloren. Für immer.
Tot? sagte Gottlieb. Sie schüttelte den Kopf. Rick Hardy habe
sie heute hinausgebeten in den Park und habe sich, als sie draußen waren, umgesehen und erst als weit und breit kein
Mensch zu entdecken war, habe er angefangen. Sie sei da schon halb ohnmächtig gewesen vor Angst, weil sie sicher 198
war, daß er etwas Vernichtendes über Berkeley nachzutragen
habe oder − noch schlimmer − daß er, weiß der Geier, woher,
wisse, wo der Gastreferent untergeschlupft sei. Aber das war
es nicht. Allerdings, was der Meisterspion dann ganz kühl und leise mehr vor sich hin als zu ihr sagte, war fast genau
so schlimm. Kurzfassung O‐Ton: Dr. Douglas called
housewives: Their husbands, his patients, are in danger of comitting suicide. If the wives would have sex with another
man, that could cure the husbands. Of fifty women who now
called the sexual victimsʹ unit seven did everything the psychiatrist asked. Eine der sieben Opferwilligen war Sue-Ann, die üppige blonde Rosenne‐Gattin. Klar, ihr geliebter Gatte stehe kurz vor dem Selbstmord, helfen könne nur noch
eine Therapie per Vitalschock und sie, Sue‐Ann, sei die
einzige, die diesen Vitalschock auszulösen im Stande sei. Sie
müsse mit einem anderen Mann schlafen, das ihrem Gatten
sagen, aber nicht sagen, mit wem, sonst wäre die Schock-wirkung relativiert. Irgendwann, müsse sie sagen, werde er es von ihr erfahren. Die Wirkung werde absolut fabelhaft sein. Dafür verbürge er sich. Von Suizidgefahr könne dann nicht mehr die Rede sein. Dr. Douglas besorgte den
therapeutischen Beischlaf. Honorarfrei. Dann schaffte sie
aber das Verschweigen nicht. Oder der Gatte setzte Mittel ein, die sie dazu brachten, alles zu gestehen. Dr. Douglas ist
verschwunden. Wahrscheinlich für immer.
Gottlieb streichelte Beate. Sie brach jetzt richtig in Tränen aus. Je mehr es sie schüttelte, desto heftiger mußte er sie streicheln. Sie müßte jetzt doch sofort zu Glen O. Rosenne, ihn trösten, unglücklicher als Rosenne jetzt sei, könne doch kein Mensch sein. Und sie, sie hat, als sie zum ersten Mal 199
gehört hatte, der Professor liege bei Dr. Douglas auf der Couch, gegrinst! Dafür schämt sie sich jetzt. Ihr war, als sie das gehört hatte, eine Zeitungsnotiz eingefallen, besagend, Krokodile träumen nicht, weil sie sich zu einer Zeit
entwickelt hatten, als auf der Erde noch nicht geträumt
werden konnte, was also konnte Professor Lizard Dr.
Douglas erzählen! Und dann das! Sie weinte
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