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Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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verloren hatten. Die Insel war mir von einem freien AP-Korrespondenten empfohlen worden, der junge Kerl hatte genau wie ich die Nase voll, Berichte nach Hause zu schicken, die kein Redakteur lesen, geschweige denn ins Blatt setzen wollte, während wir täglich im Dreck lagen und im Kreuzfeuer der streitenden Parteien gefangen waren. Und da kam Jacqueline mit einer Freundin, ganz privat und schutzlos, an einen Ort, an dem sie sich augenscheinlich sicher fühlte. Ich folgte ihnen bis zu einer kleinen abgelegenen Bucht, die etwa einen Kilometer vom Dorf entfernt lag. Sie legte Badetuch, Shorts und Bluse ab. Sie trug keinen Bikini, nackt rieb sie sich mit Sonnenöl ein, und ich lag mit meiner Nikon hinter einem Felsvorsprung und schoß die Fotoserie, die Oscar und mich zu Millionären machte und OSPE NEWS zu einer weltbekannten Fotoagentur. Sie hatte so lange keine Ahnung, bis sie sich in den Wochenblättern der ganzen Welt entdeckte. Es war so leicht und ergiebig. Wieso eigentlich rumrasen und Pressefotos schießen, die dir bei den Kollegen zu Prestige verhelfen, aber kaum für die Butter aufs Brot reichen, wenn die Welt nach intimen Schnappschüssen aus dem Leben der Promis und Millionäre hechelt? Ich wurde Paparazzo durch Zufall, und im Laufe der Jahre wurde ich zu einem der besten und reichsten, weil ich keine Gnade kannte. Ich sah meine Opfer nicht als Menschen, sondern als Objekte.
    Ich weiß, daß ich irgend etwas von dieser Story brabbelte.
    Denn ich weiß noch, daß der Ire sagte: »Die Titten reicher Frauen interessieren uns nicht, sondern ein anderes Bild, Lime.
    Uns interessiert der ganze Koffer. Wir möchten gern selber aussuchen. Wie in einem Fotoladen. Also, wo ist er?«
    Die Frage wiederholte er immer wieder. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich es ihm erzählte, aber im Lichte dessen, was folgte, muß man es fast vermuten. Ich erinnere mich jedoch, daß ich quatschte und soff und plötzlich ein ungeheurer Krach ertönte und ein riesiger Stein durch die Glastür zum Garten hereinflog und die Tür gegen die Wand knallte und zwei graubraune Schatten mit gefletschten Zähnen hereinsprangen und den Iren an den Hals sprangen. Mein Stuhl stürzte um, ich fiel in die Whiskeylachen und Glassplitter, und ich weiß noch, ich sah aus einem verrückt schiefen Winkel, wie Arregui seinen Hunden folgte, seinen schweren Hirtenstab schwang und ihn auf den Schädel der Bürste sausen ließ, die im Begriff war, eine Pistole aus dem Schulterhalfter zu ziehen. Da war ein Knurren und Schreien und englisch-baskisches Fluchen, und dann verlosch ich wie eine Kerze. Was mittlerweile zu einer schlechten Angewohnheit zu werden drohte.
     
    Ich erwachte auf dem Sofa, auf dem wir gewöhnlich saßen, um fernzusehen. Es tat immer noch überall weh, aber ich war auch immer noch sehr betrunken, so daß die Schmerzen sonderbar fern und unwirklich waren. Sofa und Raum drehten sich, als ich aufzustehen versuchte, und ich war außerstande, das Gesicht vor mir zu fixieren. Es war Tómas, der mich sanft ins Polster drückte. Er hielt ein Glas Wasser in der Hand und reichte es mir.
    Ich hatte brennenden Durst und leerte es in einem Zug. Ich roch meine Ausdünstungen.
    »Bleib liegen, Peter«, sagte Tómas.
    »Wo sind sie?«
    »Zwei sind weg. Den dritten hat Vater rausgeschleppt. Er ist tot.«
    Plötzlich erinnerte ich mich.
    »Du Sau«, sagte ich. »Du verfluchte Sau!«
    Er ließ mich los und trat einen Schritt zurück. Langsam bekam sein Gesicht klarere Konturen. Ich fühlte den Alkohol durch meinen Körper rasen, aber es war mehr wie ein Rausch in alten Tagen. Ich war klar im Kopf, aber der Whiskey hatte mich aggressiv gemacht.
    »Es ist nicht, wie du glaubst«, sagte er.
    »Du hast deine Terroristenkumpane von der IRA benachrichtigt, du Sack«, lallte ich.
    »Es ist nicht, wie du glaubst«, wiederholte er.
    Ich versuchte mich aufzusetzen, aber das war keine gute Idee.
    Das Zimmer und Tómas drehten sich einmal um ihre eigene Achse und landeten wieder. Dann erinnerte ich mich an Bruchstücke.
    »Ich muß telefonieren«, sagte ich.
    »Jetzt bleib liegen. Die haben dir ’ne ordentliche Packung verpaßt.«
    »Telefon«, sagte ich.
     
    Er reichte mir sein Handy, aber ich traf die Tasten nicht, also nannte ich ihm lieber die Ziffern, und er wählte für mich Don Alfonzos Nummer in Madrid.
    »Antwortet keiner«, sagte Tómas.
    »Was ist los mit diesem Koffer?« fragte ich. »Wieso wollt ihr was über den Koffer wissen?«
    »Ich weiß nicht, wovon

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