Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Augenblick der Wahrheit

Titel: Der Augenblick der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
Vom Netzwerk:
und
    -käufen des tschechoslowakischen Semtex zusammengearbeitet hatten. Wenn es um Geld-oder Waffenlieferungen ging, konnte die IRA amerikanische Sympathisanten in Anspruch nehmen.
    Die ETA konnte die Waffen von der IRA kaufen, was sie unter anderem durch die Erpressung von Schutzgeldern finanzierte, die sie wahrscheinlich revolutionäre Steuern nannte, aber das kam aufs gleiche hinaus. Ich kapierte, warum Tómas so nervös gewesen war. Freundschaft war das eine. Diese Sache anscheinend etwas anderes. Wenn er da nicht vor die Wahl gestellt worden war, Verrat oder Tod. Aber ich kriegte die Sache nicht auf die Reihe. Ich konnte einfach nicht sehen, was sie bezweckten. Wenn sie mich nicht ausquetschen wollten, hätten sie mich mit einer Kugel in den Mund liquidieren und auf einen Rastplatz werfen können. Dann hätten sie ein weiteres Zeichen gesetzt.
    Darauf würde das Ganze wohl auch hinauslaufen. Sie trugen keine Masken, weil sie davon ausgingen, daß ich einfach zu tot wäre, um noch eine Beschreibung von ihnen geben zu können.
    » Fuck off « , sagte ich bloß und spannte den Körper, aber trotzdem tat es rasend weh, als mir die Bürste erst auf den Kiefer hackte, daß mir das Zahnfleisch blutete, und mir dann hart und präzise in die Seite schlug.
    »Mr. Lime«, sagte der Totschläger wieder. »Es lohnt sich nicht. Ich weiß, du bist ein harter Hund, aber es lohnt sich nicht.
    Wir können einfach so weitermachen.«
    »Ich weiß gar nicht, was ihr wollt«, sagte ich heiser.
    »Mr. Lime, Sie müssen entschuldigen. Das hab ich ja ganz vergessen. Was wir wollen? Wir wollen gern wissen, wo Sie einen Koffer versteckt haben, in dem sich ein oder zwei Bilder befinden, die wir ganz gern für unser eigenes Fotoalbum hätten.«
    »Keine Ahnung, wovon du redest«, sagte ich und spannte wieder alle Muskeln an, aber das half natürlich nichts.
    Als ich wieder zu mir kam, schmeckte ich Blut in meinem Mund, meine Lenden und mein Bauch schmerzten, und es kam mir vor, als hätten sie mir eine Rippe verbogen. Das eine Ohr war geschwollen und meine Lippen und eine Augenbraue gespalten. Erst dachte ich, mein T-Shirt sei blutdurchtränkt, aber das kam nur vom Wasser, mit dem sie mich überschüttet hatten, als ich ohnmächtig war. Lichtpunkte tanzten vor meinen Augen, und ich litt an der charakteristischen Übelkeit einer leichten Gehirnerschütterung. Der Totschläger saß jetzt am Küchentisch, und sie hatten mich mit dem Stuhl an den Tischrand geschleppt.
    Ich spürte, daß die anderen beiden direkt hinter mir standen. Der Kleinste von ihnen hielt mich aufrecht. Meine Arme waren jetzt frei, aber fast taub, und am Ellbogen spürte ich einen brennenden Schmerz. Sie müssen mich am Schluß umgestoßen haben. Ich legte die Arme auf den Tisch. Sie kribbelten. Jetzt waren meine Knöchel an den Stuhl gefesselt. Aber mein Blick blieb vor allem an der Flasche Whiskey und den beiden gewöhnlichen Wassergläsern hängen, die vor ihm standen, dem Totschläger oder dem großen Iren, wie ich ihn im Geiste nannte.
    Er schenkte sich vier, fünf Zentiliter ein und füllte das andere Glas bis zum Rand. Das goldbraune Getränk bewegte sich fast sinnlich im Licht. Der Duft nach Malz und Torf erfüllte mich mit einer Mischung aus schönen Erinnerungen und grausamen Alpträumen.
    »Wollen wir nicht Freunde sein, Mr. Lime? Trinken wir ein Glas zusammen«, sagte der Totschläger. Er lächelte, aber seine sonderbar farblosen Augen in der blatternarbigen Visage waren leblos.
    »Nein«, sagte ich.
    »Doch, Mr.
    Lime. Freunde sollten ein Glas zusammen
    trinken.«
    »Ich trinke nicht«, sagte ich.
    »In Irland ist es sehr unhöflich, ja fast eine Beleidigung, den Becher eines Freundes abzulehnen. Oder ist man auch ein Schlappschwanz? Nur Schwule und Schlappschwänze genehmigen sich keinen. Richtige Männer lieben ihren Whiskey, wie sie ihre Frauen lieben – rein. Nehmen Sie einen Schluck, Mr. Lime!«
    »Ich trinke nicht«, sagte ich und fegte das gefüllte Glas vom Tisch. Die Flüssigkeit lief über das braune Holz, und das Glas fiel mit einem Knall auf den Steinboden und sprang in tausend Stücke. Ich wartete auf den Schlag, aber er kam nicht. Statt dessen schüttelte er seinen seltsam schmalen Kopf, der zu dem großen Körper in keinem Verhältnis stand. Er stand auf, holte ein neues Glas und füllte es zur Hälfte. Die Bürste packte meine Arme und bog sie nach hinten, so daß ich unweigerlich festsaß.
    Der andere zog mir den Kopf an meinem verdammten

Weitere Kostenlose Bücher