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Der Augensammler

Der Augensammler

Titel: Der Augensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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nun auch wieder nicht.« »>Ein Hellseher sah Schleyers Versteck<.« Er grinste triumphierend. »Das war die Überschrift. Auch der Stern stieg darauf ein, und der Spiegel führte sogar ein Interview mit dem niederländischen Medium Gerard Croiset. Aus den Akten des IGPP geht unzweifelhaft hervor, dass er bereits in der zweiten Fahndungswoche von Ermittlern des Sonderkommandos um Hilfe gebeten worden war, einem Psychologen sowie einem Beamten der Bundeswehr.« »Bundeswehr?«, fragte Alina nach.
    »Die haben da eine Abteilung für psychologische Verteidigung.«
    TomTom winselte, worauf Alina ihm beruhigend den Nacken kraulte. Offenbar musste das arme Tier schon wieder. »Dem BKA war es peinlich, dass die Einschaltung Croisets an die Öffentlichkeit gedrungen war. Zwei Jahre später aber bestätigte der Polizeipsychologe, dass der Hellseher ihnen konkrete Hinweise auf das Hochhaus in ErftstadtLiblar gegeben hatte, in dem Schleyer versteckt gehalten worden war. Wäre man den Hinweisen Croisets nachgegangen, hätte man Schleyer retten können, so der Psychologe.«
    »Das ist doch auch nur eine moderne Sage«, widersprach ich.
    »Aber nicht die einzige. Allein Anfang der neunziger Jahre haben über hundert sensitiv veranlagte Menschen den bayrischen Behörden ihre Mithilfe angeboten. Bundesweit werden es noch sehr viel mehr sein.« Frank drehte sich zu Alina. »Sie sind also kein Einzelfall.« »Ich weiß nicht, was ich bin«, sagte Alina und klang auf einmal sehr erschöpft. »Außer müde.« Dann, nach einer kurzen Pause, fügte sie leise hinzu: »Und ich bin durstig.« Sie öffnete den Mund, als wollte sie noch etwas sagen. Im nächsten Moment schien sie es sich anders überlegt zu haben. Ihre Miene fror ein, und sie stieg wortlos mit fast ängstlich wirkenden Bewegungen aus dem Wagen. »Ist etwas passiert?«, fragte ich und wiederholte meine Frage, als ich sie eingeholt hatte. Auch Frank war ausgestiegen und sah aufmerksam über das Autodach hinweg zu uns. Irgendein Gedanke schien ihr gerade durch den Kopf geschossen zu sein, und nun wirkte sie, als versuche sie ihn mit allen Mitteln wieder zu verdrängen. Sie gab TomTom ein Zeichen, sich ruhig zu verhalten, dann drehte sie ihren Rucksack nach vorne, damit sie den Reißverschluss einer Außentasche öffnen konnte. Ich wartete, bis ein jüngeres Pärchen, das sich kichernd unter einem Regenschirm zusammenkuschelte, uns passiert hatte, und fragte sie: »Woran haben Sie eben gedacht?«
    Kurz nachdem Sie sagten, dass Sie durstig sind?
    »An gestern. Ich habe angehalten, um etwas zu trinken.«
    Gestern. Nach dem Mord!
    Mein Magen krampfte sich zusammen.
    »Das wollte ich Ihnen vorhin schon sagen, aber dann sind Sie zu Traunstein abgebogen.«
    »Wo war das? Wo haben Sie gehalten?«
    »In einer Einfahrt. Ich bin bestimmt nicht weit gefahren.«
    »Woher wissen Sie das?«, fragte ich. »Ich dachte, Sie haben kein Zeitempfinden in Ihren Visionen.«
    »Ich fühlte mich noch müde und erschöpft.«
    Davon, dass du das Kind in den Kofferraum geworfen hast .
    »Und mein Rücken war feucht. Ich schwitzte, das Gefühl kenne ich von der Auslaufphase beim Joggen. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man eine längere Pause gemacht hat. Aber ich war immer noch klitschnass.« Sie hatte die ganze Zeit mit ungelenken Bewegungen in der Außentasche herumgewühlt und schien endlich gefunden zu haben, was sie suchte. Es klimperte kurz, dann hielt sie einen großen Schlüsselbund in der Hand. Jeder Schlüsselkopf war mit einem unterschiedlich geformten Ring versehen; der eine mit Noppen, der andere mit Zacken an der Oberfläche. Sie tastete einen nach dem anderen ab und entschied sich dann für einen mittelgroßen Sicherheitsschlüssel.
    »Also sind Sie weniger als fünf Minuten unterwegs gewesen?«, schätzte ich.
    Sie nickte. »Eher drei. Wie schon gesagt, ich hatte großen Durst.«
    »Was war das für eine Einfahrt? Gehörte sie zu einem Hof, einem Mietshaus?«
    »Nein, nein. Ich habe mich falsch ausgedrückt. Zufahrt ist das bessere Wort, so eine, wie wir sie in Kalifornien hatten. Wo man das Auto direkt vor der Garage parkt.« »Also gehört die Zufahrt zu einem Einfamilienhaus?« »Ja.«
    »Ein Reihenhaus?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Frei stehend. Aber es war klein. Es wirkte auf mich wie ein einstöckiger Bungalow, aber ganz sicher bin ich mir nicht.«
    Ich dachte nach. »Was wissen Sie noch? Irgendwelche auffälligen Kennzeichen? Neu- oder Altbau? Eine bestimmte Farbe von Putz,

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