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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dorrestein
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Das war vielleicht ein Labersack, echt nicht normal. Man konnte auch Schwalli sagen, das lief aufs selbe hinaus. Aber er machte wenigstens den Mund auf. Er stammelte nicht nur, von wegen er wisse es auch nicht. Im Gegenteil, er wusste alles. Und es hörte sich auch so an, als sei er sich ganz sicher.
    »Oh, das morphologische Feld«, erfasste Tante Beatrijs. Sie hatte sich vorsichtig mit ausgestreckten Beinen auf einem der Plaids niedergelassen. Ihr Rock war so weit hochgerutscht, dass ihre dicken Oberschenkel zu sehen waren und dass sie so kleine Dellen darin hatte. »Ja, das übersteigt jede Logik.«
    »Da erst offenbart sich die Wahrheit, Beatrijs«, entgegnete Leander kühl.
    »Mann, ey! So kommen wir nie weiter«, stöhnte Yaja. Sie beugte sich vor und zeigte mit dem Finger auf Niels. »Du da, Shithead! Ja, sogar du kannst schon zur Evolution beitragen und die ganze Menschheit auf eine höhere Ebene bringen! Brauchst dich dazu nur auf ein morphologisches Feld einzutunen.« Ihre Schultern begannen wieder zu zucken vor Lachen.
    »Es funktioniert natürlich nur«, fuhr Leander fort, »wennman mit Leib und Seele hinter einem Ziel steht. Man kann das mit einem kleinen Wunsch üben. Das nennt man von innen heraus ansteuern. Ihr werdet sehen, dass...«
    »Und so weiter«, sagte Yaja. Noch kichernd nahm sie sich ein zweites Ei.
    Das mit dem Wunsch war mächtig imponierend. Unbegreiflich, was Yaja daran so lächerlich fand. Aber so war das eben mit Schnallen, die hatten kein Gefühl für Logik. Man konnte auch Bitch sagen. Oder Gurke. Oder Schlampe. Schlampe war das Wort, das Papa zuletzt immer benutzt hatte.
    »Hallo!« Da kamen die anderen. Vorneweg Onkel Timo und Tante Gwen, in kurzen Hosen und T-Shirts, die tausendmal zusammen gewaschen worden waren und inzwischen alle gleich fahl aussahen. Hinter ihnen Bobbie, stolz mit Babette im Tragesack vor dem Bauch und mit einer wahnsinnig altmodischen Sonnenbrille auf der Nase. Sein Vater bildete das Schlusslicht. Die Haare hingen ihm in die Augen. Er musste sie sich dringend mal schneiden lassen.
    »Hallo, Niels!«, sagte Tante Gwen ein bisschen außer Atem. »Tobylein! Ist das nicht gemütlich?« Sie setzte sich ins Gras und schlug die braunen Beine übereinander. Unter ihren Achseln waren Schweißflecken.
    Niels blieb auf der Hut. In seinen Gedanken wirbelte es noch von morphologischen Feldern. Da war der alltägliche Anblick seiner Tante irgendwie ein zu großer Übergang. Dieses immer etwas feuchte Gesicht hatte ihm schon zugenickt, als er noch in der Wiege gelegen hatte. Und noch davor war Tante Gwen mit seiner Mutter zusammen zur Schule gegangen. Einmal mehr erfasste ihn rasende Wut. Das war alles so gemein. So total schrecklich, hundsgemein gemein. Wenn man es doch bloß jemandem heimzahlen könnte. Wenn man das doch könnte. Wenn man doch irgendwas könnte.
    Munter schnatterte Tante Gwen: »Alle zusammen, ach, istdas schön! Ist denn für die Großen an ein Gläschen gedacht, Tiem?«
    Alle zusammen? Aus den Augen, aus dem Sinn, nannte man das. Knallhart war Tante Gwen. Sie hatte jetzt schon glatt vergessen, dass seine Mutter dazugehört hätte.
    Sein Onkel begann, den Rucksack auszupacken. Gläser, eine vor Kälte beschlagene Flasche, ein Korkenzieher.
    »Spitze«, sagte Papa. Er hatte sich immer noch nicht hingesetzt. Zum Glück hatte er wenigstens seine Sonnenbrille auf, da sah man seine traurigen Augen wenigstens nicht.
    »Sie fangen wieder an zu saufen«, sagte Marleen zu Marise. Prompt taten die Kleinen, als müssten sie sich übergeben.
    »Yaja, auch Wein?«, fragte Tante Gwen.
    Stinkig schaute die Tropfsteinhöhle in die entgegengesetzte Richtung.
    Das musste man ihr lassen, ködern ließ sie sich nicht. Sie dachte natürlich: Die soll bloß abstinken, die Schnalle mit ihren Schwitzflecken! Es munterte ihn auf, dass jemand so was über Tante Gwen zu denken wagte. Die Gwen, die immer so nett tat und so gefühllos war wie ein Stein. Das war jetzt wohl klar.
    »Yaja, Mädchen? Möchtest du kein Glas Wein?«, fragte Leander.
    »Ich schon gern, Gwen«, sagte Tante Beatrijs. Sie sah aus, als ob sie sich plötzlich furchtbar über irgendwas aufregte. Mit unwirschen Bewegungen begann sie, in einer der Kühlboxen zu kramen.
    »Angeschimmelter Rollmops«, sagte Niels in Tobys Ohr. Er erschrak kurz über die eigene Frechheit, lachte dann aber, schwindlig vor Triumph. Entzückt lachte sein kleiner Bruder mit.
    »Die Eier sind schon alle auf!«, rief Klaar. »Die hat Yaja

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