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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dorrestein
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kühl. Sie beschlossen, ihr Quartier unter dem Schutz einer uralten Kastanie aufzuschlagen. Hier breiteten sie die Plaids aus.
    Ein Stück weiter weg bellte ein Hund, es klang hoch und erschrocken. Vielleicht war er im Wasser gelandet, weil er die Entengrütze für Gras gehalten hatte. Den Unterschied konnte man bei dem Teich auch kaum erkennen. Auf dem Radweg flitzte ein Pulk Rennradfahrer vorbei, dicht aufeinander, mit gekrümmten Schultern und rotierenden Beinen.
    Weil es nichts weiter zu tun gab, dachte Niels an seinen Autofriedhof. Den hatte er Anfang Sommer zu Hause angelegt, hinten im Garten. Er wusste nicht genau, warum. Oft wurde er wach, sowie die Sonne aufging, während Toby und sein Vater noch schliefen, und der Moment war dann einfach wie geschaffen dafür, rasch ein Auto zu begraben. Auf dem Regal über seinem Bett stand eine ganze Reihe Dinky Toys. Jedes davon hatte seine eigene Geschichte. Von jedem Exemplar wusste er noch genau, zu welchem Anlass er es bekommen hatte: Als er fünf geworden war oder als er sich den Kopf aufgeschlagen hatte und das Loch im Krankenhaus zugenähtwerden musste, als Toby zur Welt gekommen war oder als er zum ersten Mal beim Zahnarzt gewesen war. Es waren nicht irgendwelche Autos, sie gehörten zu ihm und zu niemand anders.
    Mit geschlossenen Augen stellte er sich vor das Regal, streckte die Hand aus und griff aufs Geratewohl zu. In dem Moment konnte er immer alle Dinge genauer fühlen als sonst: Wie die Rippen von der Matte vor seinem Bett in seine Fußsohlen drückten, wie das erste Sonnenlicht warm in seinen Nacken schien. Manchmal war es ein altes Wrack, das er unter die Erde brachte, aber manchmal erwischte er auch ein funkelnagelneues Exemplar ohne den kleinsten Kratzer, ein Auto, das noch hunderttausend Kilometer vor sich hatte und glänzte, als käme es direkt aus dem Schaufenster des Autohauses, wie zum Beispiel sein Lieblings-Mustang vom Schwimmabzeichen. Der blinde Zufall bestimmte, was er in die Hand bekam und was somit dazu verdammt war, wenige Sekunden später aus der Kurve zu fliegen, in der Leitplanke zu enden, auf einen Geisterfahrer zu treffen oder sonst wie zu verunglücken. Wie es zuging, war egal. Es war schon passiert, wenn er die Augen wieder aufmachte und mit einer Mischung aus Bestürzung und Mitleid den Trümmerhaufen inspizierte.
    Das Wrack an sich drückend, ging er durch die Hintertür nach draußen. Ihr Garten war nicht sehr groß. Aber es stand ein Fliederbaum darin, dessen Zweige bis auf den Boden hinabhingen. Niels brauchte nur darunterzukriechen, um nicht mehr gesehen zu werden. Er kniete sich auf die noch feuchte Erde und grub mit Tobys Schaufel ein Loch. Es musste richtig tief sein, so tief, dass man nie mehr herankam.
    Sein Auto stand am Rand der Grube bereit.
    Beim Anblick des Wagens, der gerade noch von keiner Gefahr gewusst hatte und nun für immer unter die Erde musste, bekam er einen Kloß im Hals. Nur mit Mühe brachte er dierichtigen Worte heraus: »Nun nehmen wir für immer Abschied.« So gehörte es sich. Ihm lief Rotz aus der Nase. Zornig wischte er ihn weg, mitsamt den Tränen. Mann, bloß das nicht! Wozu war man denn schließlich auf einem Autofriedhof?
    Über seinem Kopf, hoch oben im Flieder, schmetterte ein Vogel ein aufgeregtes Lied, kurz und selbstbewusst.
    Hast du das gehört, Niels? Tiiht!, macht die Heckenbraunelle. Daran kannst du sie erkennen.
    Erneut wischte er sich mit der Hand über die laufende Nase. Er schob das verunglückte Auto in die Grube. Jetzt noch das Grab zubaggern und einen Stein drauflegen. Er hatte hübsche Kieselsteine in der Hosentasche, die hob er extra überall auf.
    Niels schrak aus seinen Gedanken auf, weil Klaar neben ihm auf dem Plaid plötzlich zischte: »Da kommt diese Assel.«
    In der Tat kam Yaja als Erste von den Großen gemächlich auf den Picknickplatz geschlurft.
    Niels sah die Engel sofort in Kriegsstellung gehen: Da kam die Tussi, die dachte, man könnte sich einfach so die Schwester von jemand anderem unter den Nagel reißen. Auf ihren Gesichtern erschien ein tatendurstiger Ausdruck, der ihm das gestrige Spiel in Erinnerung brachte, das Spiel, das noch zu Ende gespielt werden musste, egal wie, und bei diesem Gedanken brach ihm der Schweiß aus.
    Ohne auch nur hallo zu sagen, setzte sich Yaja mitten auf eines der Plaids und öffnete eine Kühlbox.
    »Hier wird nicht genascht«, zischte Marleen, wie gewöhnlich allen voraus. »Wir warten, bis alle da sind. Also Finger weg und Deckel

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