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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dorrestein
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Herz geworden. Das ist meine Freundin Beatrijs, hatte Veronica gesagt, als sie sie beide vor langer Zeit miteinander bekannt gemacht hatte, und nimm dich in Acht, sie ist mein Gewissen. Konnte er es nun wagen, sein Herz bei ihr auszuschütten? Was ihn beschäftigte, war so beschämend egoistisch. Er räusperte sich kurz. Was meinst du, Beatrijs: Wenn ein putzmunteres Baby am helllichten Tag mitten aus einer großen Runde von Angehörigen und Freunden so spurlos und unwiederbringlich verschwinden kann, als hätte es sich in Luft aufgelöst, dannsind doch vielleicht allerlei andere Dinge, die wir für unmöglich halten, auch nicht ausgeschlossen? Zumindest nicht grundsätzlich? Weißt du, rein theoretisch dürften natürlich Witterungseinflüsse oder meine Putzfrau dafür verantwortlich sein, dass sich das Schloss von meiner Eingangstür verzogen hat, und ich müsste jedes Mal die Achseln zucken, wenn ich hier im Haus auf fremde Gegenstände stoße. Niels und Toby und ihre Freunde gehen hier schließlich ein und aus, ohne dass ich das alles genau verfolgen kann – aber ist das wirklich die Erklärung?
    »Leander zufolge ist Babette auf jeden Fall zum Glück immer noch unversehrt«, fuhr Beatrijs fort.
    Er erstarrte innerlich. Wenn er hierauf einging, bekamen sie sich unweigerlich in die Haare. Auch mit Gwen war es am Telefon schon ein paarmal fast so weit gewesen. Leander dies, Leander das. Um zu vermeiden, dass er Beatrijs vor den Kopf stieß, wechselte er das Thema. »Aber sag mal, du hast heute noch gar nichts von deiner Arbeit erzählt. Hast du in letzter Zeit noch was Schönes gekauft? Oder verkauft?«
    Sie errötete. »Ach, weißt du das denn noch nicht? Ich habe aufgehört.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, im Sommer schon.«
    »Was! Aber warum denn? Und was machst du jetzt?« »Ich... assistiere Leander.«
    »Wieso?«
    Sie wurde noch röter. »Er gibt im ganzen Land Kurse und Seminare. Da kommt schon so einiges zusammen.«
    Laurens sah es bildlich vor sich. In nach Räucherstäbchen duftenden Sälen voller Sinnsucher war Beatrijs nun sozusagen das Fräulein, das dem Zauberkünstler seine Bälle reichte und dabei half, die Waisenmädchen zu zersägen. Noch recht sanft sagte er: »Mädchen, Mädchen. Was für ein Schritt.«
    »Es ist mein Leben, Laurens.«
    Mit einem hohlen Gefühl der Enttäuschung im Magen stellte er die Espressomaschine an. Sorgsam maß er den Kaffee ab.
    »Ich möchte einen Beitrag leisten. Ich bin viel zu lange in rein materiellen Dingen stecken geblieben. Wenn ich mich in den Dienst von Leanders Gaben stelle, kann ich...«
    »Hier. Möchtest du einen kleinen Verdauungstropfen dazu?«
    Sie erschrak, als er den Kaffee vor sie hinstellte. Ihr Mund zuckte nervös. »Du willst es gar nicht hören, was? Du willst gar nicht wissen, wie ich es sehe.«
    »Nein«, sagte er scharf und war selbst darüber erstaunt. »In der Tat. Das stimmt.« Er schaute ihr gerade in die immer etwas traurigen braunen Augen. Je weniger er über ihr Leben und ihre Entscheidungen wusste, desto besser. Er wollte gar nicht wissen, wie sie sich das alles zurechtlegte, wie sie sich von einem Schwindler, einem esoterischen Quacksalber, ausnutzen ließ, er wollte nicht den Respekt vor ihr verlieren, denn Freundschaft ohne Respekt war unmöglich, so war es doch? Er kaute auf seiner Unterlippe, er musste etwas sagen, aber alles, was ihm einfiel, schien ihm mit einem Mal gleichermaßen schmerzlich zu sein.
    »Nur weil du Witwer bist, kannst du dir noch lange nicht alles erlauben, ja! Es ist etwas Furchtbares in deinem Leben passiert, aber das gibt dir nicht das Recht, so um dich zu schlagen!«
    Steif sagte er: »Ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass du heute Abend gekommen bist, um mir mit Veronicas Sachen zu helfen.« Ob der Kotzbrocken sie so ohne weiteres einen ganzen Abend weggelassen hatte? Oder bekam sie hinterher zu Hause die Rechnung präsentiert? Er fügte einlenkend hinzu: »Ach, lieber Schatz, ich meine doch nur...«
    Sie hatte die Schultern so ungefähr bis zu den Ohren hochgezogen. »Soll ich schon mal nach oben gehen und anfangen?«
    »In Ordnung.«
    Sie hatten sich ja doch nichts mehr zu sagen.
    Missmutig räumte er die Küche auf und stellte den Geschirrspüler an. Dann schnappte er sich Toby, der mit Niels vor dem Fernseher hockte, und setzte ihn in die Badewanne. Er selbst nahm auf dem Klodeckel Platz und schaute zu, wie sein Söhnchen die dahintreibenden Badeschaumberge zu Flocken zerschlug. Diese herrliche

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