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Der Ausflug

Titel: Der Ausflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dorrestein
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Augenstern.«
    Er fürchtete immer, dass sie zu wenig an sich selbst dachte. Aber es war ja genug Geld da. »Ich halte es einfach für meine Pflicht zu helfen. Und außerdem tue ich es gern.«
    »Gwen ist allem Materiellen abhold. Das macht sie zu so einem außergewöhnlich reinen Menschen. Und bei so jemandem willst du mit Säcken voll Geld ankommen?«
    »Na ja, ich dachte eher an ein zinsloses Darlehen oder so.«
    »Hörst du mir überhaupt zu, Beatrijs? Du nennst das helfen, aber im Grunde ziehst du Gwen runter, in den irdischen Schlamm, wenn du an diesem Vorhaben festhältst.«
    »Jetzt übertreib doch nicht so«, sagte sie, plötzlich unsicher.
    »Es ist mir ernst. Überprüf du lieber erst mal deine Motive. Was leitest du eigentlich aus deinem riesigen Geldspeicher ab?«
    Er fand sie unwürdig. Er dachte über sie, wie sie immer über Frank gedacht hatte, wenn er für ihren Aufenthalt in An der Schleuse bezahlen wollte. Oder er glaubte, dass sie aus irgendeiner Form von Eigennutz oder Eitelkeit heraus handelte. Aber das stimmte nicht! Oder doch? »Wie auch immer, sie brauchen Geld, mit fünf kleinen Mädchen. Deretwegen tue ich es vor allem.«
    »Als wenn du dich denen in irgendeiner Weise verpflichtet fühlen müsstest. Das wäre ja noch schöner.«
    Sie schwieg. Als sie an jenem Nachmittag auf dem Weg zu Bobbie rücklings von einer Meute Kinder angesprungen worden war, hatte sie gedacht: Du liebe Güte, wieder so ein wildes Spiel der Engel. Aber da es einem immer hoch angerechnet wurde, wenn man mitmachte, hatte sie sich mit verbundenen Augen ins Häuschen verschleppen lassen. Dort hatten die kleinen Gauner sie von oben bis unten verschnürt. Tante Rollmops, im wahrsten Sinne des Wortes. Niels, dieser Halunke, war also auch dabei. Mit einem Schal geknebelt, der nach Kinderschweiß schmeckte, hatten sie sie auf einem der Betten zurückgelassen und sich aus dem Staub gemacht. Schon witzig: Sie konnte buchstäblich keine Gräte mehr rühren. Und eine große Ehre natürlich auch, dass sie mitspielendurfte. Nur schade für die Kinder, dass es nicht lange dauern würde. Sowie Leander sie vermisste und sich fragen würde, wo sie steckte, würde er automatisch sehen , was los war, und sie befreien, hatte sie gedacht.
    »Es ist mir ernst, Beatrijs. Ich muss dich manchmal vor dir selbst beschützen. Du bist diesen kleinen Terroristen nichts schuldig.«
    »Ach, hör doch auf«, fuhr sie ihn plötzlich an. Er redete von beschützen, aber er hatte sie an jenem Nachmittag total im Stich gelassen. Ihr summte der Kopf vor Wut. »Bei jeder Gelegenheit hackst du auf Marleen und Marise herum, und auf Niels auch, wenn du die Gelegenheit dazu bekommst. Das ist alles nur ein Ablenkungsmanöver von dir. Denn was denkst du wohl, wem ich es noch zu verdanken habe, dass ich hier vor mich hinmodere? Na?«
    Er verstummte kurz, als habe es ihm die Stimme verschlagen. Das Bewusstsein, dass sie sich das niemals getraut hätte, wenn er hier gewesen und ihr gegenübergesessen hätte, brachte sie aus dem Konzept und ließ sie stocken.
    Er sagte: »Genau genommen hast du dir deinen Sturz selbst zuzuschreiben, das stimmt. Aber hast du mich das je sagen hören? Für mich heißt es jetzt auch seit Monaten improvisieren, aber niemandem ist damit gedient, wenn du dich schuldig fühlst, meine Sonne.«
    Aus irgendeinem Grund sah sie plötzlich das ertrunkene Mädchen aus IJmuiden vor sich, von dem er kürzlich erzählt hatte: ein kleines Kind, das um sein Leben rang, während ihm zumute gewesen sein musste, als drücke eine große, schwere Hand es mit dem Kopf unter Wasser. Nach Luft schnappend, rief sie aus: »Warum tust du eigentlich immer so, als wäre Yaja nicht dabei gewesen? Wo sie doch dahintersteckte! Sie hat mich mit dem so genannten Anruf von Bobbie nach draußen gelockt!«
    Ganz langsam sagte er: »Beatrijs. Was ist denn nur in dich gefahren? So kenne ich dich ja gar nicht. Du wälzt doch wohl nicht die eigenen Fehleinschätzungen auf eine Dreizehnjährige ab? Wenn du damals nicht so viel Sekt getrunken hättest, hättest du bestimmt gehört, dass es nicht Bobbie war, die dich anrief, und dann wäre dir dieses ganze... Abenteuer erspart geblieben.«
    Es war ihr erst gedämmert, als der Alkohol ihre Blase zu sprengen drohte. In dem verzweifelten Moment, als sie keine andere Wahl mehr gehabt hatte, als ihren Urin in die Matratze des Bettes laufen zu lassen, war ihr aufgegangen: Das war vorhin Yaja, auf meinem Handy. Yaja war es geradezu

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