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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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Situation in die Hand genommen hatte, fühlte er sich irgendwie gut. Merkwürdig, aber gut, als wäre etwas in ihm losgebrochen. Erst hatte er Alex in die Schranken verwiesen, und jetzt die Sache mit Jenn. Das alles hing zusammen. Das alles hatte er ihrem Plan zu verdanken, ihrem irren Plan: Vier Menschen, denen nie etwas geschenkt worden war, beschlossen eines Tages, das Casino auszunehmen. Konnte das Leben tatsächlich so einfach sein?
    Als sein Handy vibrierte, zuckte er zusammen, als hätte er eine Starkstromleitung berührt. Er zog es aus der Tasche, drückte auf den Knopf und las:
    es ist so weit viel glück jungs
    Schlagartig verschwand seine nachdenkliche Stimmung. Er starrte auf das Display und blinzelte mehrmals, aber der Text blieb derselbe. Verdammte Scheiße. Sie zogen es wirklich durch.
    »Was ist?« Ian betrachtete ihn mit weit aufgerissenen Augen. »Was ist los?«
    In seinen Ohren hämmerte der Puls, das Blut schoss ihm in den Kopf. Es würde nicht gut gehen. Mitch wusste es, er spürte es.
    »Gehen wir rein, oder was?«
    Bis vor einer Sekunde war es ein Spiel gewesen, nichts als ein Spiel. Jetzt wurde es ernst. Er bekam kaum noch Luft. Als hätte er ein Loch in den Lungen.
    »Mitch?«
    »Alles klar. Wir gehen rein.«
    Sofort riss Ian das Lenkrad herum, eine 180-Grad-Wende, und der Fahrer des Pick-ups auf der Gegenspur drückte auf die Hupe. Ian zeigte ihm den Mittelfinger.
    »Ruhig.«
    »Ich bin ruhig.«
    Mitch atmete ein paar Mal tief durch.   Reiß dich zusammen. Du darfst sie nicht im Stich lassen, sie und die anderen.
    Er öffnete das Handschuhfach, kramte ein Paar Motorradhandschuhe heraus und zerrte das Leder über die verschwitzten Finger. Danach legte er die Skimaske auf den Schoß. Die Löcher in der schwarzen Baumwolle starrten ihm entgegen wie ein Halloween-Kürbis. Draußen auf den Straßen wurde das Tageslicht allmählich von einer violetten Dämmerung verdrängt; viel dunkler wurde es in Chicago sowieso nie. An einer Straßenecke hing ein Grüppchen Teenager herum, das sich unterhielt, miteinander lachte. Für eine schmerzvolle Sekunde hätte Mitch am liebsten mit ihnen getauscht.
    Jetzt beneidest du schon Teenager. Dir muss echt der Arsch auf Grundeis gehen.
    Bei dem Gedanken musste er lächeln. Eine halbe Sekunde später war das Lächeln wieder verschwunden, aber immerhin.
    Vorbei am Restaurant, an der Ecke links und dann noch mal links in die schmale Gasse hinter dem Gebäude. Nach dreißig Metern, knapp vor einem verrosteten Müllcontainer, schaltete Ian den Motor aus. Als gleichzeitig die Musik verstummte, war nur noch ihr rascher Atem zu hören.
    »Ich kann das alles kaum glauben.« Ians Gesicht war kreideweiß.
    Mitch rieb sich die Stirn. Das Leder der Handschuhe klebte an seiner Haut. Er schnaufte noch einmal kurz durch, dann setzte er sich auf und reichte Ian eine Maske und ein Paar Handschuhe. »Hier.«
    »Oder sollen wir …«, fing Ian an.
    »Zu spät.« Mitch fixierte ihn. »Also reiß dich zusammen.« Damit öffnete er die Tür und trat in die Gasse, wo es vage nach verdorbener Milch roch. Warme, feuchte Sommerluft umgab ihn. Er klopfte auf den Kofferraum und wartete, bis Ian ihn von innen entriegelte.
    Mitten im Kofferraum lag eine braune, oben zusammengerollte Papiertüte – ein alltäglicher, harmloser Anblick, hätte Mitch nicht gewusst, was sie enthielt: die beiden übrigen Waffen. Er blickte über die Schulter. Nichts. Leise, blecherne Sambaklänge drangen an sein Ohr, wie aus einem sehr billigen Radio, während er die Tüte öffnete und eine der beiden Kanonen herausholte, eine schwarze Automatik. Kaum hatte er sie halb in den Gürtel gesteckt, erstarrte er, nahm sie wieder heraus und betrachtete den seltsam fremden Metallgegenstand in seiner Hand.
    Und entsicherte die Pistole.
    Dann schloss er den Kofferraum – und sah durch die Fensterscheibe, wie sich Ian eine Hand vor die Nase hielt. Das konnte doch nicht … Doch, verdammt noch mal, doch! Mitch öffnete die Fahrertür. »Her damit.«
    »Was? Moment …«
    Er riss ihm das bernsteinfarbene Fläschchen aus der Hand, holte weit aus und schleuderte es ans Ende der Gasse, wo es mit einem sanften Klirren landete.
    »Was soll der Scheiß?«
    »Du bist ein Idiot. Ein gottverdammter Idiot.«
    »Mann, jetzt komm mal runter.« Ian starrte ihn aus einem Auge an, das andere war immer noch halb zugeschwollen. »Ich wollte nur topfit sein.«
    »Du bist doch eh schon bis oben hin zugekokst.«
    »Schwachsinn. Ich hatte nur

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