Der Ausloeser
misstrauisch.«
»Hm.« Jenn starrte in die Luft. »Aber Johnny könnte seine geheimnisvollen Gäste doch auch an der Vordertür empfangen und dann mit ihnen ins Büro gehen?«
Alex schüttelte den Kopf. »Nein, das wäre nicht sein Stil. Er will den großen Boss spielen, den König auf dem Thron, der so gnädig ist, eine Audienz zu gewähren.«
»Sicher?«
»Absolut.«
»Wenn du dich irrst …«
»Wenn er sich irrt, blasen wir die Sache ab«, meinte Mitch. »Kein Risiko, das war doch von Anfang an die Bedingung. Wir werden doch jetzt nicht plötzlich unvorsichtig, oder? Oder?«
Ians Augen irrten durch den Raum. »Moment, Moment. Wir müssen das durchziehen, egal was passiert.«
»Warum?«
»Weil … Nein, nein. Du hast recht.« Er wischte sich mit einer zittrigen Hand über die Nase.
Scheiße! Aber was hatte er eigentlich erwartet? Mitch starrte ihn an. »Alles klar mit dir?«
»Was? Ja, ja, alles klar. Bin nur ein bisschen nervös.«
»Leute«, sagte Alex. »Wenn wir uns an den Plan halten, ist das ein Kinderspiel. Absolut ungefährlich.«
»Du hast leicht reden«, meinte Mitch.
»Warum?«
»Na, du musst ja niemanden überfallen.«
»Ich hänge genauso mit drin wie ihr.«
»Was du nicht sagst. Wir rennen mit Pistolen durch die Gegend, während du in Ruhe Bier zapfst.«
»Fick dich doch, Mann.« Alex fixierte ihn. Mitch zwang sich, genauso unnachgiebig zurückzustarren. Ein gutes Gefühl.
»Hört auf mit dem Scheiß«, sagte Jenn. »Wir ziehen das alle zusammen durch.«
Als Alex den Blick senkte, atmete Mitch langsam aus. »Hast recht.«
»Dann gehe ich mal lieber.« Alex bückte sich und zog seine Jacke von der Armlehne des Sessels. »Also bis bald.« In der offenen Tür blieb er stehen und drehte sich noch einmal um. »Und viel Glück.«
Fast hätte Mitch einen bissigen Kommentar losgelassen – aber warum eigentlich? Warum musste er Alex ständig Kontra geben? Sie waren doch Freunde, ja, er hatte keinen besseren als ihn. Wahrscheinlich lag es bloß am Stress. Er räusperte sich. »Dir auch viel Glück, Kumpel.«
Mit einem letzten Lächeln, einem letzten Nicken trat Alex über die Schwelle, und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Einen Moment lang war es totenstill. Bis sich Jenns Finger um den Griff des Revolvers schlossen, bis sie den Arm ausstreckte und über Kimme und Korn auf das Stadtpanorama hinter dem Fenster zielte.
Und flüsterte: »Peng.«
Bei dem Mietwagen handelte es sich um einen viertürigen Chevy mit Fabrikgeruch. Außerdem war er in einem hellen Metallic-Orange gehalten.
»Wie unauffällig«, meinte Mitch.
Ian zuckte die Schultern. »Ich musste nehmen, was sie hatten.«
»Mir gefällt’s«, sagte Jenn und öffnete die Beifahrertür. Sie legte eine Hand um den Saum ihres Kleids und glitt elegant auf den Sitz. Während Ian den Motor startete und zur Ausfahrt der Parkgarage steuerte, trommelten seine Finger einen hektischen Rhythmus auf das Lenkrad. Mann, war der Typ nervös. Nicht dass sie völlig cool gewesen wäre – letzte Nacht im Bett war ihr plötzlich eine Flutwelle aus purer Angst ins Gesicht geklatscht, eine blanke, bedingungslose, animalische Furcht, die rein gar nichts mehr mit jenem angenehmen Kribbeln gemein hatte. Sie hatte das Telefon vom Nachttisch gerissen und atemlos zu tippen begonnen, um die anderen anzurufen und die Sache abzublasen.
Doch mit einer letzten Willensanstrengung hatte sie aufgelegt, war aufgestanden und ins Bad gegangen, um sich das Gesicht zu waschen. Als sie aufblickte, hatte ihr aus dem Spiegel eine Frau entgegengestarrt, die ihr fremd war, eine Frau mit ihren Wangen, ihren Augen und Lippen, aber irgendetwas war anders. Sie sah eine müde, deprimierte Frau, eine Frau, die keine ihrer Chancen ergriffen hatte.
Das bin ich nicht. Das lasse ich nicht zu.
Also hatte sie sich gezwungen, wieder ins Bett zurückzukehren, und den Rest der Nacht damit verbracht, an die Decke zu starren. Als sie am nächsten Morgen in den Spiegel schaute, hatte sie wieder ihr altes Gesicht gesehen. Aber nervös war sie trotzdem.
Auf dem Weg Richtung Norden, durch die abendliche Pendlerkarawane vom Stadtzentrum in die Außenbezirke, wurde kein Wort gesprochen. Wegen des dichten Verkehrs erreichten sie das Restaurant erst nach einer halben Stunde. Ian bremste abrupt und blinkte zu spät. Der Typ war angespannt wie ein Klavierdraht, geladen wie eine Hochspannungsleitung.
Jenn saß stumm auf dem Beifahrersitz, die Handtasche auf dem Schoß, und
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