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Der Ausloeser

Der Ausloeser

Titel: Der Ausloeser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Sakey
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zerkratzte, von altem Rost überzogene Metalltür, und unter der Hausnummer ein Schild: LIEFEREINGANG. Als Mitch nach der Klinke griff, spürte er kalten Schweiß unter den Handschuhen.
    Die Tür war nicht abgeschlossen, genau wie Alex versprochen hatte. Sie betraten einen Lagerraum, der von grellen Neonröhren in ein klinisches Licht getaucht wurde. Auf wackeligen Stahlregalen stapelten sich Fässer, Schläuche und Schachteln mit verschiedensten Vorräten. Es gab zwei Türen, die weiter ins Gebäudeinnere führten: eine hölzerne Schwingtür wie aus einem Western, durch die man in die eigentliche Bar gelangte, und eine aus billigem Pressspan – die Tür zum Büro, wie Alex erklärt hatte.
    Mitch trug zwei Paar Socken, seine Schuhe waren zwei Nummern zu groß. Kein Wunder, dass er so stark schwitzte. Ian hatte schon die Maske übergezogen. Also holte Mitch den schwarzen Stofffetzen aus der Tasche und zerrte ihn über den Kopf. Jetzt war ihm noch wärmer, außerdem juckte die Baumwolle auf der Haut. Er trat einen Schritt vor, dann noch einen. Langsam. Vorsichtig. Da hörte er eine dumpfe Stimme hinter dem Pressspan: »Schwachsinn. Solange sie im Wrigley Field spielen, kriegen sie das nie gebacken. Warum auch? Sie haben immer volles Haus, egal ob sie gewinnen oder nicht …«
    Johnny Love. Was für ein himmelschreiendes Arschloch.
    Mitch zog die Pistole aus dem Gürtel. Sofort fühlte er sich stärker – als würde von der Waffe, dem Totem in seiner Hand, eine Macht ausgehen, die direkt in seinen Körper strömte. Er legte die Finger auf den Türknauf.
    Fast meinte er, Jenns Stimme zu hören:   Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Oder?
    Wollen wir mal sehen , dachte Mitch.
    Obwohl Alex wusste, was kommen würde, zuckte er zusammen, als die Tür aufflog und gegen die Wand knallte. Er fuhr herum. Zwei dunkel gekleidete Männer mit Masken über dem Gesicht und gezogenen Pistolen stürmten das Büro.
    »Keine Bewegung, oder ich blas euch das Hirn raus!« Mitchs Stimme – und auch wieder nicht. Er klang, als würde er tagtäglich Bars überfallen, ein fester, unnachgiebiger Tonfall, gerade leise genug, um von nebenan keine unliebsamen Besucher anzulocken.
    »Was zur …«, fing Johnny an.
    »Maul halten, Fettarsch«, fauchte Mitch und richtete die Kanone auf seine Stirn.
    Ian übernahm die andere Seite des Raums, Alex’ Seite. Ihre Augen trafen sich.
    Bringen wir’s hinter uns.   Alex holte aus, trat einen Schritt vor und feuerte einen schwerfälligen Haken ab, zu schwerfällig für Ian, der die restliche Distanz blitzschnell überbrückte, die rechte Hand zurückriss und wieder vorschnellen ließ, die Hand mit dem Pistolengriff, der als unscharfer Umriss auf Alex’ Gesicht zuraste.   Scheiße, Mann, doch nicht mit der Pistole!
    Vor seinen Augen explodierten weiße Sterne. Sein Kopf wurde zur Seite geschleudert, er spürte, wie sein Hirn im Schädel waberte. Auf einmal hatte er glitschiges Eis unter den Füßen, brennender Schmerz schoss durch seinen Körper. Er stolperte nach hinten, fasste mit einer Hand nach der Kante des Aktenschranks und griff ins Leere. Eine Sekunde schwebte er im freien Fall, dann klatschte er auf den Boden. Instinktiv verkrümmte er sich zur Embryonalstellung und barg das Gesicht in den Händen. Gleichzeitig hörte er, wie Johnny etwas murmelte und Mitch erwiderte: »Ich sagte doch: keine Bewegung.«
    Jenn lief die Straße hinunter, getrieben vom pulsierenden Blut in ihren Adern. Nein, es war kein Traum – jetzt, genau in diesem Moment, war es so weit. Sie versuchte, sich die Szene vorzustellen: Mitch und Ian in Skimasken, Johnny auf dem Boden, und das Geld, das viele Geld. Auch wenn es ihr schwerfiel, sie musste sich zwingen, langsam und natürlich zu gehen, ein bisschen mit den Hüften zu schwingen. Schließlich war sie nicht allein auf der Straße, und sie konnte es sich nicht leisten, in irgendeiner Weise aufzufallen.
    Als sie um die Ecke bog, warf sie einen Blick auf die Uhr: 9.41. Falls die Jungs sofort reingegangen waren, nachdem sie ihre Nachricht erhalten hatten, und falls nichts weiter vorgefallen war – und es konnte, es durfte nichts weiter vorgefallen sein –, sollten sie in ein paar Minuten wieder rauskommen. Sie musste bloß den Wagen anlassen und warten. In ihrer Handtasche spürte sie das Gewicht des Revolvers, ein Gefühl, das den Kick noch verstärkte.
    Die Gasse war so schattig, dass sie zunächst nicht erkennen konnte, ob der Mietwagen tatsächlich leer war. Am Ende

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