Der Außenseiter
wurde.
55
Handschuhe, die vermutlich dem Opfer gehörten, wurde in einer Mülltonne in der Nähe des Hauses von Grace Jefferies gefunden. Die Polizei nimmt an, dass die Handschuhe von ihrem Mörder getragen und dann weggeworfen wurden« ( Daily Telegraph , Mittwoch, 14. April 1971). »Das Ass im Ärmel der Anklage ist die Tatsache, dass die in Grace Jefferies’ Badewanne vorgefundenen Haare als die des Angeklagten identifiziert wurden. Dr. James Studeley (amtlicher Pathologe) erklärte, die Haare seien mit denen Stamps identisch« ( The Times , Mittwoch, 14. April 1971).
»Der Verteidiger, Adam Fanshaw, hielt es für ausgeschlossen, dass die in Grace’ Badewanne gefundenen Haare von Stamp stammen. ›Der Angeklagte hat im Haus seiner Großmutter nie ein Bad genommen‹, brachte er vor. ›Jede von Dr. Studeley (amtlicher Pathologe) nachgewie-sene Ähnlichkeit zwischen den Haaren des Angeklagten und den in der Badewanne gefundenen kann daher nur rein zufällig sein‹« ( Daily Telegraph , Donnerstag, 15. April 1971). »In seinem Schlussplädoyer sagte der Verteidiger Adam Fanshaw: ›Dr. Foyle (medizinischer Gutachter der Verteidigung) hat gezeigt, dass das Haar des Angeklagten seiner Beschaffenheit, Farbe und Form nach mit dem seiner Mutter vergleichbar ist, dennoch wird hier von niemandem unterstellt, dass Wynne Stamp die Tat begangen hat.
56
Es ist der Anklage nicht gelungen zu beweisen, dass das in der Wanne gefundene Haar vom Körper des Angeklagten stammt; lediglich eine Ähnlichkeit konnte nachgewiesen werden. Jeder mit rotblondem Haar könnte dieses Verbrechen verübt haben … Ebenso gut kann Haar vom Kopf des Angeklagten bei einem seiner früheren Besuche bei seiner Großmutter in die Wanne gefallen sein‹« ( The Times , Freitag, 16. April 1971).
Die Schwierigkeit, die Haare eindeutig zuzuordnen, wirkte sich zu Stamps Nachteil aus. Fanshaw, der später Richter am obersten Zivilgericht in London wurde, war in seiner Verteidigungsstrategie in-konsequent. Er saß in der Zwickmühle, weil sein Mandant steif und fest darauf beharrte, niemals ein Bad im Haus seiner Großmutter genommen zu haben, und bot den Geschworenen deshalb gleich zwei Erklärungen an. Die Haare stammten nicht von Stamp, sagte er, und wenn doch, dann könnten sie nur versehentlich bei anderer Gelegenheit in die Wanne gelangt sein. Wynne Stamp sagte aber aus, dass ihr Sohn seine Großmutter zwischen Donnerstag, dem 28. Mai, und Mittwoch, dem 3. Juni, überhaupt nicht besucht habe. Da sie weiterhin erklärte, ihre Mutter sei eine viel zu gewissen-hafte Hausfrau gewesen, um ihre Wanne schmutzig zu lassen, blieb nur der Mittwoch als der Tag, an dem Howards Haare »versehentlich bei anderer 57
Gelegenheit« in die Wanne gelangt sein konnten.
Verständlicherweise glaubten die Geschworenen der Argumentation der Anklage, dass ein solches Quantum an Haaren nicht »versehentlich« in die Wanne geraten sein könne; das Vorhandensein einer derartigen Menge sei vielmehr nur damit zu erklären, dass jemand seinen Kopf ins Wasser getaucht und mit Shampoo gewaschen hatte.
Wenn man der zweiten Einschätzung des Pathologen folgt, wurde die Tat am Mittwoch, dem 3. Juni 1970, zwischen 12 und 14 Uhr verübt.
Aufgrund der Blutspuren auf der Treppe, den Wänden und den Fußböden kam man zu dem Schluss, dass Grace’ Leiden bis zu ihrem Tod ein bis zwei Stunden dauerte. Das vertrug sich prakti-scherweise bestens mit dem von Zeugen beobachteten Kommen und Gehen Stamps. Es war bekannt,
dass er das Haus seiner Mutter um 11 Uhr 45 verlassen hatte. Er war dabei von einer Nachbarin beobachtet worden. Ihrer Aussage zufolge sah er
»ganz normal« aus, sie konnte allerdings nicht sagen, was für Kleider er anhatte. Die Zeugen, die ihn aus dem Haus seiner Großmutter kommen sahen, gaben durchweg eine Zeit zwischen 14 und 14 Uhr 30 an, und die Beschreibungen, die sie von seiner Kleidung gaben, stimmten im Wesentlichen überein – »weißes Hemd, über der Hose getragen, und Blue Jeans«, »Hemd und Hose«, »weißes T-Shirt und Levi’s«. Ferner sagten sie übereinstim-58
mend aus, sein Verhalten sei »merkwürdig« gewesen. Einer sagte: »Er rannte, als wäre der Teufel hinter ihm her.« Ein anderer: »Er hat überhaupt nicht geschaut, wohin er lief, und ist direkt in das Heck eines geparkten Autos gerannt.« Ein Dritter:
»Er hat versucht, sein Gesicht zu verstecken, aber ich hab’s gesehen, bevor er sich weggedreht hat. Er hatte einen richtig irren
Weitere Kostenlose Bücher