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Der Außenseiter

Der Außenseiter

Titel: Der Außenseiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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schwillt der Unterleib an.‹ Er wies darauf hin, dass Dr. Studeleys Obduktionsaufzeichnungen ›umfas-65

    sende Fleckenbildung und beginnende Schwellung‹, erwähnten. ›Das entspricht eher einem Zeitraum von drei bis vier Tagen‹, schloss er. Vom Anklagevertreter gefragt, ob er den Leichnam selbst untersucht habe, räumte Dr. Foyle ein, dass er das nicht getan hatte« ( Daily Telegraph , Mittwoch, 14. April 1971). »Dr. Foyle erklärte, für ihn klinge die Aussage des Angeklagten
    ›sehr plausibel‹. ›Mr. Stamps Beschreibung lässt darauf schließen, dass die Totenstarre zu dem Zeitpunkt, als er den Leichnam fand, noch nicht vom ganzen Körper Besitz ergriffen hatte. Das würde mit meiner Einschätzung übereinstimmen, dass Mrs. Jefferies in der Nacht des 1. Juni oder spätestens am Abend des 2. Juni starb.‹ Im Kreuzverhör verneinte er die Frage, ob er den Leichnam gesehen habe. ›Es ist eine Sache der Interpretation‹,sagte er. ›Wenn Dr. Studeley seine Befunde richtig niedergeschrieben hat, kann ich seinen Schlussfolgerungen nicht zustimmen. In Fällen wie dem vorliegenden ist die Feststellung der Todeszeit immer schwierig, aber für mich besteht kein Zweifel daran, dass Mrs. Jefferies viel früher getötet wurde als hier behauptet wird.‹ Jedoch vom Ankläger unter Druck gesetzt, erklärte Dr. Foyle, dass Dr. Studeleys Schlussfolgerungen ›nicht außerhalb des Bereichs des Möglichen‹ lägen« ( The Times, Mittwoch, 14. April 1971).
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    Interessanterweise sprach ausgerechnet der Ankläger, Robert Tring, Dr. Studeleys so genannten
    »Schreibfehler« an.
    »Robert Tring fragte den Zeugen, warum er in seinen Obduktionsaufzeichnungen von vier Tagen gesprochen habe, wenn er jetzt behaupte, Mrs. Jefferies sei lediglich zwei Tage tot gewesen.
    Dr. Studeley antwortete, es handle sich dabei um einen ›Schreibfehler‹, den er im amtlichen Bericht korrigiert habe« ( The Times , Mittwoch, 14. April 1971).
    Es ist schwer zu verstehen, warum Adam Fanshaw an dieser Stelle nicht nachhakte, da doch sein Sachverständiger behauptete, drei bis vier Tage seien eine realistischere Einschätzung. Vielleicht beabsichtigte er, Studeley noch einmal in den Zeugenstand zu rufen, wenn sein eigener Sachverständiger mit Erfolg nachgewiesen hätte, dass die Nacht des 1. Juni oder der Tag des 2. Juni viel eher als Todeszeitpunkt in Frage kämen; und/oder den Fehler in den Mittelpunkt seines Schlussplädoyers zu stellen. Vielleicht fürchtete er auch, die Geschworenen gegen sich aufzubringen, wenn er einen altgedienten Pathologen wegen eines Konzentrationsfehlers in die Mangel nahm, und beschloss deshalb zu unterstellen, Studeley habe seine Meinung unter polizeilichem Druck geän-67

    dert. Wie dem auch sei, ihm wurde der Boden unter den Füßen weggezogen, als Dr. Foyle einräumte, Studeleys Befunde lägen nicht »außerhalb des Bereichs des Möglichen«.
    Es gab keinen Grund, weshalb Foyle den
    Leichnam hätte untersuchen sollen. Strittig war ja nicht die Todesursache; strittig war die Todes zeit.
    Für den 1. und den 2. Juni konnte Stamp Alibis vorweisen – Wynne hatte zwei Tage blaugemacht, um »ihm bei der Arbeitssuche Beine zu machen«.
    Vor dem 3. Juni hatte er keine Gelegenheit, seine Großmutter zu besuchen. Aber selbst wenn die Verteidigung darauf bestanden hätte, ihrerseits eine Obduktion vorzunehmen, wozu sie das Recht gehabt hätte, so hätte das nicht weitergeholfen.
    Die zur Feststellung der Todeszeit signifikanten Faktoren – Lufttemperatur, rigor mortis (Totenstarre), algor mortis (Körpertemperatur), livor mortis (Absinken des Bluts in die unteren Körperteile), Autolyse und Verwesung – sind nur dann von Nutzen, wenn die Leiche sofort untersucht wird und nicht erst nach einer Woche Kühlung. Es gab im Übrigen keinen Anlass zu der Annahme, Studeleys Daten könnten unrichtig sein. Eine wichtige Tatsache, die beim Prozess zur Sprache kam, war Dr. Studeleys Befund »umfassender Fleckenbildung und beginnender Schwellung« des Unterleibs. Wenn das, wie Foyle behauptete, eher einem Verwesungszustand nach drei oder vier Tagen entsprach, dann waren 68

    die algor-mortis-Messungen von Bedeutung5 und können erklären, warum er überzeugt war, dass Grace »viel früher« gestorben war. Einfach ausgedrückt, wenn stündliche Messungen einen Anstieg zeigten, hatte Grace’ Körper sich bereits auf den Temperaturstand der Umgebung abgekühlt und war wieder im Steigen begriffen.
    Ohne zusätzliche Informationen

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