Der Autor und sein Werk
formen.
Lesen Sie den Nobelpreisträger Scholochow. ›Der stille Don‹. ›Neuland unterm Pflug‹, ›Ernte am Don‹, ›Geschichten vom Don‹ … Sie werden immer die gleichen Menschen finden in tausenden Variationen. – Das ist ja das Verblüffende und gleich Erschreckende am Menschen: Jeder ist eine individuelle Variation des anderen. Wenn ein Schriftsteller ehrlich sein will, muß er das zeigen.
12.
Happy-End. – Warum nicht? Es gibt genug Autoren, die ihren Lesern am Ende die Lösung der Konflikte selbst überlassen. Das verwirrt den Leser, und er kauft solche Bücher nicht mehr. – Und was heißt Happy-End? Wenn z.B. im Strafbataillon 999 am Schluß ein neues Bataillon nach Rußland zieht, nachdem das alte völlig vernichtet wurde … ist das ein Happy-End? Oder wenn – wie in Natascha – am Schluß die große Sehnsucht nach Rußland zurückbleibt, die Leere in der Emigration, die innere Träne nach der verlassenen Heimat … ist das happy? Und wenn im Arzt von Stalingrad von 364.000 deutschen Soldaten nur noch 6.000 übrigblieben und dann aus der Gefangenschaft zurückkommen … ist das ein Happy-End? Andererseits – und das ist ja der Wille eines jeden Menschen – möchte man Probleme gelöst haben, im täglichen Leben wie im Roman. Wie sähe die Welt aus, wenn jeder sagen würde: Laß alles so laufen, wie's läuft, warum soll ich's ändern?! – Jeder will in seinem Leben eine kleine Insel voll Glück und Zufriedenheit haben … was ist das anderes als das ganz große Happy-End?! Und warum soll ein Roman, der Leben beschreiben will, gerade dieses Happy-End aussparen? Das wäre eine unrealistische Masche.
13.
Viele – nicht die meisten – meiner Romane spielen in Rußland, weil ich in Rußland war, als Kriegsberichterstatter, und weil ich dieses Land und seine Menschen liebe. Nicht den Kommunismus, nicht den Bolschewismus – das kann wirklich keiner von mir verlangen –, aber dieses riesige Land mit seinen Taigawäldern und Seen, Steppen und Strömen, unendlichen Sonnenblumenfeldern und bizarren Felsen, mit seinem Bodenreichtum und seiner Jahrtausende alten Jungfräulichkeit (man nennt ja in Rußland Sibirien das ›jungfräuliche Land‹ … das alles ist so schön und prägt den Menschen so tief, daß man nicht wieder davon loskommt, wenn man es erlebt hat. Hinzu kommt, daß mein Name KONSALIK (weit über Generationen zurückverfolgt) aus dem Bulgarischen kommt. Von den Rosenfeldern von Kasanlik. Die ›ostische Seele‹ steckt also in mir.
14.
Warum nicht? Liebe kennt keine Grenzen. Liebe kennt auch keine Zeitumstände. Und Liebe ist – neben Hunger und Durst – die stärkste Triebfeder im Leben eines Menschen. Gäbe es ›Tristan und Isolde‹ ohne die Liebe Wagners zu Mathilde Wesendonck? Gäbe es Chopins wundervolle Nocturnes ohne die Liebe zu George Sand? Hat Liebe nicht ganze Abschnitte der Weltgeschichte verändert, wie bei Cäsar und Cleopatra, oder bei Marc Anton und Cleopatra? Wäre die gesamte Renaissance denkbar ohne das Fundament großer Lieben?
Warum also sollen sich Deutsche und Russen nicht lieben?
15.
Der Gottglaube der Russen ist nie gestorben. Seit fast 60 Jahren nun schon hat man die Kirchen in Sowjetrußland bedrängt, verboten, geschlossen, Wodkafabriken aus ihnen gemacht, Getreidelager, Theater … die Popen (Priester) arbeiteten weiter, und das Volk schlich in die geheimen Gottesdienste. Dann lockerte man den Druck, weil man einsah, daß es besser sei, Bolschewismus und Gott nebeneinander leben zu lassen. Und seitdem gibt es in Rußland – wenn auch reduziert – wieder öffentliche Gottesdienste in Kirchen, es gibt den Patriarchen von Moskau, die Metropoliten von Leningrad und Minsk … und der nächtliche Ostergottesdienst in den Kirchen rund um Stalingrad (heute!) gehört zu den ergreifendsten Erlebnissen. Ich habe viele Fotos davon.
16.
Das Ende einer Liebe zwischen einer Russin zu einem Deutschen mit Tragik. Warum? – Noch heute ist es ungeheuer schwer, als Deutscher oder überhaupt Ausländer eine Russin zu heiraten und aus Rußland mitzunehmen. Allein in meinem Bekanntenkreis haben zwei Herren Russinnen drüben geheiratet. Sie brauchten 2 Jahre, bis die Ehefrauen endlich, unter größten Schwierigkeiten, die Ausreiseerlaubnis erhielten. Man schaltete sogar den KGB (Sowj. Geheimdienst) ein, drohte mit Deportationen, Verhaftungen usw. Und das nicht etwa vor einigen Jahren, sondern jetzt! Vor Jahren war eine Ehe zwischen Russinnen und Ausländern fast
Weitere Kostenlose Bücher