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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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die du mir gezeigt hast, war auch das einer hübschen Frau. Geh und hol mir dieses Bild.«
    Ich tat es, wiewohl mir das Herz dabei sank. Ich bedauerte, der jungen Königin diese Skizze gezeigt zu haben. Ich hatte sie zu keinem besonderen Zweck gezeichnet, sondern, der Regung des Augenblicks nachgebend, aus Bewunderung für diese Frau, als sie zuerst meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie zog in der Tat die Augen vieler Männer auf sich, und in diesen Augen leuchtete vor allem heftiges Begehren auf. Aber Nemalhuili war bereits verheiratet, war die Frau eines wohlhabenden Federwirkers vom Texcócoer Handwerksmarkt. Nicht nur ihr lebhaftes und strahlendes Gesicht war schön. Ihre Bewegungen hatten etwas Fließendes und Sanftes, ihre Haltung war stolz, und stets hatte sie ein Lächeln für alle bereit. Nemalhuili strahlte einfach unauslöschliches Glücklichsein aus, und ihr Name paßte ausnehmend gut zu ihr, er bedeutete nämlich »Etwas Köstliches«.
    Jadestein Puppe betrachtete eingehend das Bild und sagte dann zu meiner Erleichterung. »Dich kann ich nicht zu ihr schicken, Hole! Das wäre ein zu großer Verstoß gegen die guten Sitten und könnte unliebsames Aufsehen erregen. Ich werde eine meiner Sklavinnen zu ihr schicken.«
    Doch war ich noch lange nicht aus allem heraus, wie ich gehofft hatte. Das nächste, was ich von der jungen Königin hörte, war: »Die Frau Nemalhuili wird heute nacht hier sein. Und ob du es glaubst oder nicht – es wird das erstemal sein, daß ich eine von meinem eigenen Geschlecht genieße. Ich will, daß du mit deinem Zeichenmaterial dabei bist und dieses Abenteuer festhältst, auf daß ich mich später an den verschiedenen Dingen ergötzen kann, die wir miteinander tun werden.«
    Mich packte schieres Entsetzen bei dieser Vorstellung, und das aus drei Gründen. Zuerst war ich wütend auf mich selbst, weil ich Etwas Köstliches unabsichtlich in die ganze Sache hereingezogen hatte. Wiewohl ich sie nur dem Aussehen nach und wegen ihres Rufes kannte, hegte ich größte Hochachtung vor ihr. Zweitens, und das war höchst selbstsüchtig gedacht, konnte ich nach dieser Nacht beim besten Willen niemals mehr behaupten, ich wüßte nicht genau, was sich in den Gemächern der Dame abspielte. Und drittens empfand ich einen gewissen Abscheu vor der Aussicht, zur Zeugenschaft bei etwas gezwungen zu werden, was meiner Überzeugung nach zwei Menschen nur unter sich abzumachen haben. Ich sah jedoch keine Möglichkeit, mich zu weigern, muß jedoch gestehen, daß ich auch von einer gewissen Neugier getrieben wurde. Zwar hatte ich den Ausdruck Patlachuia bereits gehört, vermochte mir jedoch beim besten Willen nicht vorzustellen, was zwei Frauen miteinander anfangen konnten.
    Etwas Köstliches sah fröhlich und anmutig aus wie immer und wußte – was durchaus verständlich ist – nur nicht recht, was sie von diesem heimlichen mitternächtlichen Treffen halten sollte. Es war Sommer, und die Luft draußen war keineswegs kühl; trotzdem trug sie einen schweren Überwurf um die Schultern.
    »Gebieterin«, sagte sie höflich fragend und sah von der jungen Königin zu mir, der ich mit einem Stoß Papier auf dem Schoß dasaß. Es hatte keine Möglichkeit gegeben, meine Anwesenheit diskret zu verbergen, da ich meiner schwachen Augen wegen ganz in der Nähe sitzen mußte, wollte ich etwas von dem festhalten, was sich abspielen sollte.
    »Übersieh den Schreiber einfach«, sagte Jadestein Puppe. »Richte deine Aufmerksamkeit ausschließlich auf mich. Zunächst einmal muß ich wissen, daß dein Mann nichts von diesem Besuch weiß.«
    »Nichts, Gebieterin. Er schlief bereits, als ich das Haus verließ. Eure Zofe hatte mich angewiesen, ihm nichts zu sagen, und so habe ich es auch nicht getan, da ich dachte, vielleicht wolltet Ihr etwas von mir – nun, etwas, was Männer nichts angeht.«
    »Genau das ist es«, sagte die Gastgeberin und gluckste belustigt. Als die Augen der Frau abermals zu mir herüberwanderten, fauchte Jadestein Puppe: »Ich habe gesagt: übersieh ihn! Er ist nichts weiter als ein Stück Möbel. Er sieht nichts und hört nichts. Er ist überhaupt nicht vorhanden.« Dann senkte sie die Stimme, daß sie nur mehr ein einschmeichelndes Murmeln war. »Man hat mir gesagt, du seiest eine der schönsten Frauen von Texcóco. Wie du siehst, meine Liebe, bin ich das auch. Mir kam der Gedanke, daß es vielleicht lustig sein könne, wenn wir unsere Schönheit miteinander verglichen.«
    Mit diesen Worten griff sie

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