Der Azteke
mit ihren eigenen königlichen Händen nach dem Überwurf und hob ihn in die Höhe, so daß der Schlitz in der Mitte Nemalhuilis Kopf hindurchließ. Die Besucherin machte selbstverständlich ein überraschtes Gesicht als die Königin ihr höchst eigenhändig den Überwurf abnahm. Dann jedoch verwandelte sich ihre Überraschung in Schrecken und Verblüffung, als Jadestein Puppe ihr nun auch noch die Bluse über den Kopf zog, so daß sie von der Hüfte an nackt dastand.
Nur ihre geweiteten Augen bewegten sich. Abermals blickten sie rasch zu mir herüber, wie eine Hindin, die von der Meute gestellt ist und jetzt Hilfe von den Jägern erwartet, die auf sie eindringen. Ich jedoch tat so, als sähe ich nichts, setzte ein undurchdringliches Gesicht auf, und tat so, als hielte ich die Augen gebannt auf die Zeichnung gerichtet, mit der ich gerade eben begonnen hatte. Ich glaube auch nicht, daß Etwas Köstliches jemals wieder zu mir herübergeschaut hat. Von diesem Augenblick an brachte sie es offensichtlich über sich, zu tun, was man ihr gesagt hatte: zu glauben, daß ich nicht da sei, ja, überhaupt nicht existierte. Ich meine, wenn die Frau es nicht fertiggebracht hätte, mich aus ihrem Bewußtsein auszulöschen – sie wäre in dieser Nacht vor Scham gestorben.
Während Nemalhuili barbrüstig und so stocksteif dastand, als wäre sie bereits eine Statue, zog Jadestein Puppe sich selbst – langsam, verführerisch – ihre Bluse aus; man hätte meinen können, sie tue es, um einen Mann zu erregen, der nicht reagieren wollte. Sodann trat sie näher, bis beider Körper sich fast berührten. Etwas Köstliches mochte zehn Jahre älter sein als die Mädchen-Königin und etwa eine Handbreit größer.
»In der Tat«, sagte Jadestein Puppe, »deine Brüste sind wunderschön. Nur« – sie machte einen Schmollmund – »deine Brustwarzen sind schüchtern und wagen es nicht, sich zu entfalten. Können sie nicht schwellen und sich aufrichten wie die meinen?« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, neigte den Oberkörper ein wenig vor und rief aus: »Aber sieh doch, sie passen genau aufeinander! Unsere Busen passen vollkommen zueinander, meine Liebe. Ob alles andere es wohl auch tut?«
Damit preßte sie ihre Lippen auf die von Etwas Köstlichem. Die Frau schloß weder die Augen, noch veränderte sich ihr Ausdruck im geringsten, nur Jadestein Puppes Wangen wurden nach innen gesaugt. Nach einem Augenblick zog sie ihr Gesicht gerade weit genug zurück, um entzückt sagen zu können: »Schau! Deine Brustwarzen können doch wachsen! Ich hab's ja gewußt. Spürst du, wie sie sich den meinen entgegenrecken?« Sie neigte sich vor, versuchte es nochmals mit einem tief tastenden Kuß, und diesmal schloß Etwas Köstliches doch die Augen, gleichsam als befürchtete sie, etwas Verräterisches könnte in ihnen aufleuchten.
Regungslos standen sie da, lange genug für mich, ein Bild von ihnen zu zeichnen: Jadestein Puppe immer noch hochgereckt auf Zehenspitzen, Nemalhuili nirgends berührend außer an den Lippen und den Spitzen der Brüste. Dann griff die jüngere von beiden nach der Rockschließe der älteren, nestelte sie auf, und raschelnd fiel der Rock zu Boden. Ich saß nahe genug dabei, um zu sehen, wie kaum merklich ein Zittern über Nemalhuilis Muskeln hinwegging, als sie die Beine wie schützend zusammendrückte. Nach einem Augenblick machte Jadestein Puppe die Schließe ihres eigenen Rocks auf, der sich zu ihren Füßen ringelte. Sie hatte nichts darunter an, so daß sie bis auf ihre Goldsandalen jetzt vollständig nackt war. Doch als sie sich mit ihrem ganzen Körper gegen den von Etwas Köstlichem drängte, merkte sie, daß diese, wie jede anständige Frau, immer noch ihr Untergewand trug.
Jadestein Puppe trat einen Schritt zurück und betrachtete sie mit einer Mischung aus Belustigung, Zärtlichkeit und Mißmut und sagte dann süß: »Ich werde dir deine letzte sittsame Hülle nicht abnehmen, Etwas Köstliches. Ich werde dich nicht einmal bitten, es zu tun. Ich werde dich soweit bringen, daß du es von dir aus willst.«
Die Mädchen-Königin nahm die Frau bei der Hand und zog sanft, bis sie mitkam; dann durchquerten sie den ganzen Raum und gingen zu dem großen, weichen, baldachinbewehrten Bett hinüber, und ich rückte mit meinen Kreiden und Papieren näher heran.
Jawohl, Pater Jerónimo, es ging durchaus noch weiter. Schließlich war ich dabei und habe alles gesehen – und vergessen habe ich nichts. Aber selbstverständlich
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