Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
Vom Netzwerk:
meinen vier alten Kameraden über ihm und betrachtete die im Todeskampf sich noch leicht hebende und zitternd senkende Brust, während die immer weiter sich zusammenziehende Haut seinen Rumpf und seine Gliedmaßen immer dünner und seine sichtbaren Glieder immer dicker machte. Seine Hände und Füße waren wie schwarze Brüste mit vielen schwarzen Brustwarzen daran, sein Kopf ein gesichtsloser, schwarzer Kürbis. Er fand noch Atem genug, um einen letzten lauten Schrei auszustoßen, als sein prall aufgerichteter Tepúli dem Druck nicht mehr standhielt, die Haut platzte, schwarzes Blut verspritzte und er zerfetzt zusammensank.
    Er lebte zwar immer noch schwach, aber er war erledigt, unserer Rache war Genüge getan. Zornig Auf Jedermann befahl den Tecpanéca zu packen und sich auf den Rückmarsch vorzubereiten, während die anderen drei alten Männer mit mir zurückwateten durch den Fluß auf die andere Seite, wo Béu Ribé wartete. Schweigend wies ich ihr die blutbefleckten Opale. Ich weiß nicht, wieviel sie sonst noch gesehen oder gehört oder geahnt hat, und ich weiß nicht, wie ich in diesem Augenblick aussah. Aber sie richtete entsetzensgeweitete Augen auf mich, in denen Vorwurf und Kummer standen – vor allem aber Entsetzen –, und einen Moment schrak sie vor meiner Hand zurück, die ich nach ihr ausstreckte. »Komm, Wartender Mond«, sagte ich wie versteinert. »Ich bringe dich heim.«

IHS
S.C.C.M.
    SEINER ALLERKATHOLISCHSTEN MAJESTÄT, KAISER KARL V., UNSEREM ALLERDURCHLAUCHTIGSTEN KÖNIG UND HERRN:
    Scharfsinnigster und Hochweiser Fürst: aus der Stadt Mexíco, Hauptstadt Neuspaniens, entbiete ich Euch drei Tage nach dem Fest Maria Lichtmeß im Jahre des Herrn eintausendfünfhundertundfünfunddreißig meinen alleruntertänigsten Gruß.
    Sire, wir können nur unsere Bewunderung zum Ausdruck bringen ob der Tiefe und Kühnheit, mit welcher unser oberster Lehnsherr in das Gebiet der spekulativen Hagiologie eingedrungen ist. Die glänzenden Mutmaßungen, so Euer Majestät in Ihrem letzten Schreiben dargelegt haben, erfüllten uns wahrhaft mit Ehrfurcht. Viz., daß es sich bei der Lieblingsgottheit der Indianer, Quetzalcóatl, auf welche in der Geschichte unseres Azteken so oft angespielt wird, in Wahrheit um den Apostel Thomas handeln könnte, welcher vor fünfzehn Jahrhunderten in diese Lande gekommen ist, um den Heiden allhier das Wort Gottes zu bringen.
    Selbstverständlich können wir nicht einmal als Bischof von Mexíco einer derart kühnen Hypothese das kirchliche Imprimatur erteilen, Sire, ehe sie nicht höheren Ortes geprüft worden ist. Gleichwohl können wir bestätigen, daß es eine ganze Menge von Indizien gibt, welche geeignet sind, Euer Majestät originelle Theorie zu stützen.
    Primus: Die sogenannte Gefiederte Schlange war das einzige übernatürliche Wesen, welches von allen verschiedenen Völkern und unterschiedlichen Religionen, so uns bisher in ganz Neuspanien begegnet sind, anerkannt wurde und hieß in der Náhuatl-Sprache Quetzalcóatl, in der Sprache der Maya Kukulkán und unter den Völkern noch weiter im Süden Gukumatz etc.
    Secundus: Alle diese Völker stimmen in der Überlieferung überein, daß Quetzalcóatl zunächst ein Mensch war, sterblich und die Verkörperung eines Königs oder Kaisers, welcher eine ganze Lebensspanne auf Erden lebte und wandelte, ehe er in eine rein geistige und unsterbliche Gottheit verwandelt wurde. Da der Kalender der Indianer zum Verzweifeln unbrauchbar ist und da nicht einmal Bücher über die mythische Geschichte existieren, wird es vielleicht nie möglich sein, genauer zu bestimmen, wann Quetzalcóatl gelebt haben soll. Es könnte daher durchaus möglich sein, daß er ein Zeitgenosse des heiligen Thomas war.
    Tertius: Alle diese Völker stimmen gleichfalls darin überein, daß Quetzalcóatl nicht so sehr ein Herrscher war – oder ein Tyrann, wie es die meisten ihrer Herrscher gewesen sind –, sondern ein Lehrer und Prediger und wohl nicht von ungefähr aus religiöser Überzeugung ehelos. Ihm wird die Erfindung oder Einführung zahlloser Dinge, Sitten und Gebräuche und Glaubensvorstellungen zugeschrieben, welche sich bis heute erhalten haben.
    Quartus: Unter den zahllosen Gottheiten in diesen Landen gehörte Quetzalcóatl zu der kleinen Zahl jener, die nie Menschenopfer gefordert oder geduldet haben. Die Opfergaben, welche ihm dargebracht wurden, waren immer harmlos: Vögel, Schmetterlinge, Blumen und dergleichen.
    Quintus: Für die Kirche ist es

Weitere Kostenlose Bücher