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Der Azteke

Der Azteke

Titel: Der Azteke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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dem gefangenen Priester zu. Er trug nicht mehr das Haar und das Antlitz meiner Tochter, sondern sein eigenes Gesicht, in dem es vor Furcht zuckte.
    Ich sagte: »Legt ihn rücklings auf den Boden, dorthin, und seid vorsichtig, hütet euch, roh mit dem Fleisch meiner Tochter umzugehen. Treibt ihm Pflöcke durch Hände und Füße und heftet ihn auf den Boden.«
    Wie alle anderen Priester auch, war er ein junger Mann. Und er schrie wie ein Knabe, als der erste spitze Pflock ihm durch die linke Hand getrieben wurde. Viermal insgesamt schrie er. Es kam Bewegung in die anderen Priester und Auswanderer, und sie murrten zurecht aus Furcht vor ihrem eigenen Schicksal, doch meine Krieger hielten ihre Waffen kampfbereit erhoben, und keiner wagte es, als erster zu fliehen. Ich sah hinunter auf die groteske Gestalt auf dem Boden, die sich wand und versuchte, sich von den vier Pflöcken zu befreien, welche seine vier ausgestreckten Glieder an den Boden hefteten. Nochipas jugendliche Brüste reckten ihre braunroten Brustwarzen stolz nach oben, doch das eben noch starrende Gemächt, welches sich zuvor zwischen ihren Beinen in die Höhe gereckt hatte, war erschlafft und in sich zusammengesunken.
    »Bereitet Kalkwasser vor«, befahl ich. »Nehmt reichlich Kalk und tränkt die Haut damit. Tränkt die Haut die ganze Nacht damit, bis sie sich ganz vollgesogen hat. Dann warten wir, bis die Sonne aufgeht.«
    Zornig Auf Jedermann nickte zustimmend. »Und die anderen? Wir erwarten deine Befehle, Mixtli.«
    Von Entsetzen getrieben, sprang einer der anderen Priester zwischen uns und warf sich vor mir auf die Knie, packte mit seinen blutbefleckten Händen den Saum meines Umhangs und sagte: »Gebieter, wir haben dieses Fest mit Eurer ausdrücklichen Zustimmung begangen. Jeder andere hier hätte gejubelt, wenn sein Sohn oder seine Tochter zum Gottesdarsteller erkoren worden wäre, doch Eure Tochter war es, welche den Erfordernissen am besten entsprach. Nachdem sie von der Einwohnerschaft gewählt und diese Wahl durch die Priester gebilligt worden war, hättet Ihr Euch nicht weigern können, sie für die Zeremonie herzugeben.«
    Ich sah ihn an. Er senkte die Augen und stammelte dann:
    »Zumindest – in Tenochtítlan – hättet Ihr Euch nicht weigern können.« Er zupfte nochmals an meinem Umhang und sagte flehentlich: »Sie war eine Jungfrau, wie es sich gehört, aber sie war reif genug, zur Frau gemacht zu werden, was auch geschah. Ihr habt mir selbst gesagt, Gebieter: Tut unbedingt alles, was die Götter fordern. So hat der Blumentod des Mädchens jetzt Euer Volk und die neue Kolonie gesegnet, und es ist gewährleistet, daß dieser Boden reiche Frucht trägt. Ihr hättet Euch diesem Segen nicht widersetzen können. Glaubt mir, Gebieter, es ging uns nur darum, Xipe Totec zu ehren … und Eure Tochter … und Euch!«
    Ich versetzte ihm einen Stoß, daß er auf die Seite fiel, und ich sagte zu Qualánqui: »Du weißt, womit die zur Xipe Totec gewählten für gewöhnlich geehrt werden?«
    »Ich weiß es, Freund Mixtli.«
    »Dann weißt du auch, was der unschuldigen und makellosen Nochipa angetan wurde. Das gleiche tut diesem Dreckshaufen an, tut es, wie und auf welche Weise immer es euch gefällt. Ihr habt genügend Krieger. Sollen sie ihre Lust haben, und sie brauchen sich nicht zu beeilen. Sollen sie sich doch etwas einfallen lassen und sich Zeit lassen. Aber wenn all das getan ist, will ich, daß niemand – und nichts hier in Yanquitlan zurückbleibt.«
    Das war der letzte Befehl, den ich dort gab. Zornig Auf Jedermann übernahm das Kommando. Er drehte sich um und erteilte genaue Anweisungen, und die Menge heulte, als läge sie bereits im Todeskampf. Aber die Krieger taten mit Freuden, wie ihnen geheißen. Einige von ihnen trieben alle erwachsenen Männer zu einer besonderen Gruppe zusammen und hielten sie mit ihren drohend erhobenen Waffen in Schach. Die anderen Krieger legten ihre Waffen ab, zogen ihre Kleider aus und gingen ans Werk – oder ans Spiel –, und wenn einer von ihnen es müde wurde, konnte er mit denen tauschen, die Wache standen.
    Was Qualánqui befohlen hatte und was tatsächlich geschah, war folgendes: Alle kleinen Kinder – solche, die noch nicht oder eben gerade laufen konnten – wurden von den Kriegern gepackt und in Stücke gehackt – nicht rasch, sondern langsam, so wie man eine Frucht zerteilt, die man essen will –, während ihre Eltern zusahen und weinten und drohten und fluchten. Dann wurde allen übrigen

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