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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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Müller: »Die Fragen von Herrn Schily zielen offensichtlich auf die Ermordung des Polizisten Schmid ab. Das Verfahren läuft noch. Ich habe da bisher keine Angaben gemacht, im Gegensatz zu den Unterstellungen dieser Anwälte. Ich möchte das im Moment auch nicht machen, weil das Verfahren noch läuft. Es ist aber so, daß ich den Polizisten Schmid nicht erschossen habe. Und ich verweigere auf weitere Fragen in diesem Zusammenhang die Aussage.«
    Ganz so leicht wollte sich Schily nicht geschlagen geben: »Also, zunächst mal die Frage, ob Sie den Polizeibeamten Schmid erschossen haben.«
    »Bereits beantwortet mit ›Nein‹«, sagte der Vorsitzende.
    Schily ließ nicht locker: »Sind Ihnen wegen dieser Erschießung von anderen Personen Vorwürfe gemacht worden? Haben Sie darauf erwidert, Sie seien stolz darauf, einen Bullen erschossen zu haben?«
    »Das ist eine Unverschämtheit«, antwortete Müller.
    Rechtsanwalt Heldmann richtete eine letzte Frage an den Zeugen Gerhard Müller: »Wenn nicht Sie, wie Sie hier behauptet haben, Norbert Schmid erschossen haben, wer hat ihn dann erschossen?«
    »Verweigere die Aussage.«
    »Keine Frage mehr.«

29. RAF und » 2 . Juni« – eine mißglückte Kooperation
    Andreas Baader und Gudrun Ensslin waren eine Woche vor der Ermordung des Polizeibeamten Norbert Schmid nach Berlin gereist und tauchten eines Nachts bei den Leuten vom » 2 . Juni« auf. Sie hatten gehört, daß Bommi Baumann und Georg von Rauch eine Gefangenenbefreiung planten.
    »Ihr wollt da Leute rausholen. Wenn ihr die rausholt, dann bleiben sie ja bei euch. Das geht nicht.« Baader und Ensslin vertraten die Auffassung, daß jemand, der einmal bei der RAF gewesen war, auch wieder zur RAF zurückkehren solle, ganz gleich, wer ihn befreie. Sie wußten auch, wie: »Paßt auf, wir helfen euch dabei. Aber die Leute werden gleich in eine Wohnung von uns gefahren. Ihr behaltet die gar nicht.« Es ging um Irene Goergens und Ingrid Schubert, die in der Frauenhaftanstalt Lehrter Straße einsaßen. Horst Mahler stand, wohl wegen seiner theoretischen Eigenmächtigkeiten, nicht mehr auf der Befreiungsliste. Kunzelmann hatte das Angebot abgelehnt. »Das ist unseriös«, hatte er Bommi Baumann gesagt. Er sympathisierte schon mit der maoistischen Studenten- KPD . Später, Anfang der achtziger Jahre, als sich die KPD auflöste, zog er für die »Alternative Liste« ins Berliner Abgeordnetenhaus ein.
    Der » 2 . Juni« war zur Zusammenarbeit mit der RAF bereit. Gemeinsam setzten sich die technischen Experten beider Gruppen an den Tisch. Sie entwarfen ein kompliziertes Leitersystem, mit dessen Hilfe die Gefängnismauer überwunden werden sollte.
    »Wie kriegen die Frauen drinnen denn die Gitter kaputt?« fragte jemand vom » 2 . Juni«.
    »Da haben wir einen in Hamburg«, sagten die Leute von der RAF . »Der ist Bildhauer, der hat so Sägedrähte, mit denen er seine Bronzen zerschneidet.« Wenig später hatten sie die Drähte besorgt. Baumann probierte einen davon aus. Die Säge funktionierte. Die übrigen Drähte wurden in die Haftanstalt eingeschmuggelt.
    Dann kam die Nacht der Befreiung. Mit zwei Kleinlastwagen rückte das Kommando an. Baumann stellte sich mit einer Kalaschnikow auf die dunkle Straße. Die anderen vier versuchten, das Leitersystem an die Gefängnismauer zu bringen. Doch die »Technikexperten« hatten sich verrechnet. Sie schafften es zwar noch, die eine Leiter von außen an die Mauer zu stellen, aber die übrigen Brückenteile waren selbst für vier Leute zu schwer. Plötzlich kamen Lichtsignale aus dem Innern der Anstalt. Die beiden Frauen hatten ihre Fenstergitter nicht durchsägen können. Sie gaben mit einer Taschenlampe fünf Blinkzeichen ab: »Alles verraten.« Die Befreier sprangen in ihre Autos und rasten davon. Die Leitern blieben liegen.
     
    Andreas Baader hatte vor Beginn der Aktion noch ein Ablenkungsmanöver vorgeschlagen: Die Polizeikaserne in Ruhleben sollte mit Flakgeschützen beschossen werden. Doch weder RAF noch » 2 . Juni waren im Besitz von solchen Kanonen.
    Auch nach der gescheiterten Befreiungsaktion trafen sich Baader und Ensslin noch mehrmals mit den Leuten vom » 2 . Juni«, hatten aber die Hoffnung aufgegeben, sie in die RAF integrieren zu können. »Am besten, ihr bleibt in Kreuzberg«, hatte Ensslin resigniert gesagt. Lebensstil von RAF und » 2 . Juni« paßten nicht zusammen.
    »Was macht ihr denn, ihr rennt durch die Wohnungen, fickt kleine Mädchen, raucht Haschisch. Das

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