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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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hielt sie fest. Gemeinsam brachten sie Ulrike Meinhof zum Dienstwagen zurück. Eine halbe Stunde später kam über Funk die Meldung, daß nichts gegen Sabine Marckwort vorliege und auch der Wagen nicht als gestohlen gemeldet sei.
    Die Beamten durchsuchten den roten Renault, konnten aber nichts Verdächtiges finden. Daraufhin ließen sie Ulrike Meinhof gehen. Sie stieg zu Ruhland in den Wagen.
    Die Polizeibeamten merkten sich noch, wie der Fahrer aussah, und gaben das später zu Protokoll: »Bei dem Fahrer handelte es sich um einen etwa 40 jährigen Mann, ca. 170 cm groß, mit rotem, zurückgekämmtem, lückenhaftem Haar.«
    Ruhland wurde damals noch nicht von der Polizei gesucht. Aber Ulrike Meinhofs Bild und Personenbeschreibung hing auf jeder Polizeidienststelle. Die Personenüberprüfung hatte eine Stunde gedauert.
     
    In Frankfurt setzte Ruhland Ulrike Meinhof vor dem Lokal »Westend« ab. Dort wollte sie sich mit Vertretern der El Fatah treffen, um Waffen zu kaufen. Anschließend war sie mit der Familie B. verabredet. Als sie dort eintraf, hatte sie 23 Pistolen der Marke »Firebird«, Kaliber neun Millimeter, fabrikneu in Pappkartons bei sich.
    Raspe und Ruhland erhielten je eine der Waffen, fünf blieben in der Wohnung, die übrigen wurden am nächsten Tag nach Lützellinden zu einer Freundin Ulrikes aus früheren Tagen gebracht. Die Zahl der Helfer aus ihrem alten Freundeskreis wurde größer.

13. »Eine bestimmte psychologische Disposition«
    In Berlin waren neue Leute zur Gruppe gestoßen: Holger Meins, Student an der Berliner Filmakademie, Beate Sturm, Physikstudentin, und Ulrich Scholze, ebenfalls Physikstudent.
    Beate Sturm war neunzehn Jahre alt. Sie kam aus Leverkusen. Ihr Vater war Physiker bei Bayer.
    Nach dem Abitur schrieb sie sich an der Freien Universität Berlin für das Fach Physik ein. In den Vorlesungen verstand sie nichts, lief ziellos in der Universität herum und schloß sich bald einer Ad-hoc-Gruppe von Studenten an, die mit ähnlichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatten wie sie selbst. Berlin mit seinen alten Gebäuden, den asphaltierten Hinterhöfen, Kohlen- und Müllhaufen, Ratten und dazwischen spielenden Kindern war ein Schock für sie. »Da wird man einfach echt sauer«, sagte sie später. »Das ist nicht nur Mitleiden, das ist ganz einfach blinde Wut. Das war aktuell in Berlin: Macht kaputt, was euch kaputtmacht.« Im Herbst 1969 lernte Beate Sturm in Berlin Holger Meins, Student an der Hochschule für Film, kennen, der ständig Bücher mit sich herumschleppte. Einmal sah sie bei ihm vier Mao-Bände. Fast auf jeder Seite hatte er Kernsätze des großen Vorsitzenden unterstrichen.
    Holger Meins wurde 1941 geboren. Nach dem Abitur in Hamburg besuchte er die Kunsthochschule und wechselte Mitte der sechziger Jahre zur Filmhochschule nach Berlin. Er war still, schüchtern, neigte zu Depressionen. Mit der Filmkamera war er in der Studentenbewegung aktiv, war Mitautor eines Dokumentarfilms über den Schahbesuch im Juni 1967 . Zwei Jahre später drehte er einen Kurzfilm über die Herstellung von Molotowcocktails und ihre Anwendung, der von den Studenten im Audimax der Freien Universität begeistert aufgenommen wurde.
    Kurz nach der Baader-Befreiung durchsuchte die Polizei seine Wohnung. Meins griff sich das Telefon, um einen Anwalt anzurufen. Ein Polizeibeamter hielt ihm die Pistole an die Stirn.
     
    Wohnungsrazzien wurden immer häufiger durchgeführt, mit immer schwererer Bewaffnung. Maschinenpistolen. »Raus aus den Betten! Hände hoch!« So empfand es Holger Meins. Es dauerte nicht lange, da schloß er sich der Baader-Meinhof-Gruppe an.
    Ende Oktober 1970 lud er Beate Sturm zu einer politischen Diskussion in der Kulmbacher Straße ein. »Ich will dich da mit zwei interessanten Typen bekannt machen.«
    Holger Meins führte sie in eine nur mit Matratzen »möblierte« Wohnung. Nach einiger Zeit erschienen Ulrich Scholze, der ihr als »Ulli« vorgestellt wurde, und »Hans«. Vorsichtig begann »Hans« das Gespräch. Sie seien eine Gruppe nach dem Vorbild der Stadtguerilla in Lateinamerika. Beate Sturm hatte das Gefühl, Hans wolle sie anwerben. Er imponierte ihr.
    »Was wollt ihr denn nun konkret wissen?« fragte Baader. »Etwas über den Hintergrund oder wie man Autos knackt?«
    »Wie man konkret Autos knackt«, antwortete Beate Sturm. Und Baader erklärte, auf welche Weise man die Zündung kurzschließt. Beate hatte den Eindruck, daß er ganz froh darüber war, nicht über

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