Der Baby-Test
war schon lange her, seit Liz über den Las Vegas Boulevard gefahren war. Selten kam sie weiter nördlich als bis zum Flughafen. Deshalb war sie verblüfft, wie viel inzwischen gebaut worden war.
"Das ,New York, New York' ist ja schon fast fertig!" rief sie und spähte aus dem Fenster auf das neue Casinohotel, das tatsächlich an die Skyline von New York erinnerte. "Und das ,Monte Carlo'!" Sie reckte den Hals, um den pompösen Stuckbau besser betrachten zu können.
Allmählich kam sie in Stimmung, was sie zugleich überraschte und freute. "Könnten wir nach der Show vielleicht beim ,Stratosphere' vorbeifahren? Ich habe gehört, dass die neue Achterbahn geöffnet ist. Natürlich will ich sie nur ansehen und nicht damit fahren. Niemand bekommt mich in einen kleinen Wagen, der einhundert Stockwerke über der Erde dahin rast."
"Vielleicht willst du dich von der Turmspitze des Gebäudes lieber in den Weltraum schießen lassen?" schlug er vor. "Ich habe gehört, es fühlt sich an wie ein umgekehrter Bungeesprung."
"Sehr gern." Liz verdrehte die Augen. "Aber erst, wenn ich Fallschirmspringen und Löwenbändigen gelernt habe. An ein Bungeeseil würde ich mich nicht einmal wagen, wenn ich nicht..."
Er warf ihr einen Blick zu, als sie abrupt verstummte. Um ein Haar hätte sie sich verraten. Doug strahlte große Genugtuung aus. "Wenn du nicht..."
So leicht gab Liz das Spiel nicht auf. Doug dachte wohl, dass sie jetzt alles gestand. Aber da hatte er sich getäuscht. "Angst vor großen Höhen hätte", sagte sie freundlich. "Aber diese Achterbahn ist wirklich sensationell. Was werden sie sich wohl als nächstes einfallen lassen?"
Dougs Lächeln wirkte etwas gezwungen, aber er lenkte die Unterhaltung wieder in unverfängliche Bahnen. "Keine Ahnung, aber es wird bestimmt atemberaubend sein. Du weißt doch, wie rasant sich die Entwicklung in den letzten Jahren beschleunigt hat. Jedes Jahr werden mindestens zwei neue Casinos gebaut."
Doug trat auf die Bremse und bog nach links auf den Parkplatz des Treasure Island. "Wir waren bisher noch nicht einmal im Luxor."
"Das ist wirklich verrückt. Wir leben hier und kennen nicht einmal alle neuen Casinos."
"So ungewöhnlich ist das gar nicht. Meine Mutter hat mir erzählt, dass mein Dad mit ihr auf das Empire State Building fuhr, als sie sich verlobten. Sie hatte ihr ganzes Leben in Brooklyn verbracht, war aber noch nie dort gewesen. Weißt du was, Liz? Wir werden von jetzt an jede Woche in einem anderen Casino essen. Wir fangen in der Fremont Street im Golden Nugget an. Ich weiß noch, wie du für die heiße Karamellmilch geschwärmt hast."
Liz lehnte sich lächelnd zurück. Sie würde ihm verzeihen, weil er jetzt wieder fair spielte. Gerade diese Fairness liebte sie so an ihm. Er gehörte wirklich zu den Guten. "Das wäre schön und vor allem eine willkommene Abwechslung von Sandwiches oder Pizza. Aber wir hatten in letzter Zeit beide so viel zu tun ..."
"Das weiß ich doch, Schatz", unterbrach er sie. Sie sollte sich nicht dafür entschuldigen, dass vor allem ihre Arbeitswoche auf fast sechzig Stunden angewachsen war. "Manchmal sehen wir uns wirklich nur zwischen Tür und Angel. Aber das wird sich ändern. Wie wäre es, wenn wir das Tempo ein bisschen zurücknehmen und das Leben genießen?"
Liz atmete tief aus. "Schön wäre das." Plötzlich war ihre innere Anspannung weg. Doug war wirklich ein Schatz. Er gab sich solche Mühe. Und sie genoss es, ihn dabei zu erleben. "Und ab heute fangen wir damit an."
Erst als die Zwillinge sicher in ihrem Kinderwagen angebunden waren, fiel Liz ein, dass sie eigentlich noch böse auf Doug war und vorgehabt hatte, ihn noch eine Weile mit kleinen Hinweisen über die Nachteile der Elternschaft aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Kurze Zeit später hatte sie es jedoch schon wieder vergessen, und als sie Doug dabei beobachtete, wie er den Kinderwagen über die hölzernen Stege schob und den Zwillingen dabei etwas erklärte, dachte sie überhaupt nicht mehr daran.
Irgendwann blieb ein nettes älteres Ehepaar neben ihnen stehen und sagte, diese reizenden Kinder kämen wohl beide nach dem stolzen Papa.
Während die Show ablief, hielten sie jeder einen Zwilling auf dem Arm und kreischten mit den anderen, als die geschickt positionierten Nebelwerfer Wasser über ihren Köpfen versprühte, das die Luft trotz der trockenen Hitze von Las Vegas herrlich kühl hielt.
Während die Zwillinge wie kleine Engel schliefen, saßen Liz und Doug auf einer Bank
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