Der Ball spielende Hund
nachdenklichem Blick an Theresa. «Sie wussten nichts davon?»
Bevor seine Schwester antworten konnte, fiel Charles ein: «Theresa, ich habe es dir bestimmt gesagt – oder angedeutet.»
Ein sonderbares Schweigen entstand. Charles starrte Theresa an, und in seinem Blick lagen eine Beharrlichkeit, ein Eifer, die in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Sache standen.
Langsam erwiderte Theresa: «Wenn du mir das gesagt hättest, glaube ich nicht, dass ich es vergessen hätte. Meinen Sie nicht auch, Monsieur Poirot?»
«Nein, Mademoiselle, ich glaube nicht, dass Sie es vergessen hätten.» Poirot wandte sich abrupt an Charles: «Wir müssen diesen Punkt ganz klarstellen. Sagte Ihnen Miss Arundell, dass sie ihr Testament ändern werde, oder sagte sie ausdrücklich, dass sie es geändert habe?»
Charles entgegnete prompt: «Ganz ausdrücklich. Nicht nur das – sie zeigte mir das Testament!»
Poirot riss die Augen auf und beugte sich vor. «Das ist sehr wichtig. Miss Arundell zeigte Ihnen tatsächlich das Testament?»
«Ja, sie zeigte es mir», antwortete er, sich wie ein Schuljunge windend. Poirots tiefer Ernst brachte ihn in Verlegenheit.
«Können Sie das beschwören?»
«Natürlich!» Er sah Poirot nervös an. «Warum ist denn das so wichtig?»
Theresa war aufgesprungen und zum Kamin getreten, wo sie sich eine Zigarette anzündete.
«Und Sie, Mademoiselle?», fragte Poirot unvermittelt. «Zu Ihnen sagte die Tante während dieses Wochenendes nichts von Belang?»
«Ich glaube nicht. Sie war sehr freundlich. Das heißt, so freundlich wie sonst. Hielt mir eine Predigt über meine Lebensweise und so weiter. Aber das hat sie doch immer getan. Sie kam mir allerdings ein bisschen fahriger vor als sonst.»
Poirot lächelte. «Wahrscheinlich, Mademoiselle, waren Ihre Gedanken völlig von Ihrem Verlobten eingenommen?»
Scharf antwortete sie: «Er war überhaupt nicht da. Er war zu einem Ärztekongress gefahren.»
«Sie hatten ihn seit Ostern nicht mehr gesehen?»
«Nein. Am Abend, bevor wir wegfuhren, kam er zum Dinner.»
«Hatten Sie vielleicht – Verzeihung! – damals Streit mit ihm?»
«Keine Spur!»
«Ich dachte nur, weil er doch bei Ihrem zweiten Besuch nicht da war – »
«Sie müssen wissen», fiel Charles ein, «dieser zweite Besuch kam ganz plötzlich. Wir entschlossen uns Knall und Fall, nach Basing zu fahren.»
«Wirklich?»
«Ach Gott, sagen wir gleich die Wahrheit», meinte Theresa müde. «Nämlich, Bella und ihr Mann waren die Woche vorher draußen gewesen und taten besorgt um Tante Emily wegen des Unfalls. Wir hatten Angst, sie könnten uns zuvorkommen.»
«Wir hielten es für ratsam», grinste Charles, «ebenfalls die besorgten Verwandten zu spielen. Obwohl die alte Dame eine viel zu gute Menschenkennerin war, um auf diese Komödie hereinzufallen.»
Plötzlich lachte Theresa. «Hübsch, was? Wie uns allen die Zunge nach dem Geld heraushing.»
«War das auch bei Ihrer Kusine und deren Mann so?»
«O ja. Bella hat es immer knapp. Einfach rührend, wie sie meine Kleider zu einem Zehntel des Preises nachzumachen sucht. Tanios hat ihr Geld verspekuliert. Sie kommen finanziell kaum über die Runden. Sie haben zwei Kinder, die sie in England zur Schule schicken möchten.»
«Können Sie mir sagen, wo sie wohnen?», fragte Poirot.
«Sie sind im Durham Hotel in Bloomsbury abgestiegen.»
«Wie ist Ihre Kusine?»
«Bella? Zum Sterben langweilig. Nicht wahr, Charles?»
«Ja, entschieden langweilig. Sie erinnert mich an einen Ohrwurm. Aber sie ist eine fürsorgliche Mutter. Ein Ohrwurm wahrscheinlich auch.»
«Und ihr Mann?»
«Tanios? Na, er sieht ein bisschen komisch aus, ist aber ein wirklich netter Mensch. Intelligent, unterhaltend und kein Spielverderber.»
«Ist das auch Ihre Ansicht, Mademoiselle?»
«Ich muss zugeben, dass er mir lieber ist als Bella. Er scheint ein unerhört tüchtiger Arzt zu sein. Trotzdem würde ich ihm nicht übermäßig trauen.»
«Theresa traut keinem Menschen», sagte Charles, den Arm um sie legend. «Auch mir nicht.»
«Dir, mein Lieber, kann nur ein Schwachkopf trauen.»
Die Geschwister traten auseinander und sahen Poirot an. Er verbeugte sich und näherte sich der Tür.
«Ich mache mit», sagte er. «Es wird schwer sein, aber, wie Mademoiselle richtig sagt, es gibt immer einen Ausweg. Übrigens, glauben Sie, würde diese Miss Lawson bei einem Kreuzverhör vor Gericht den Kopf verlieren?»
Bruder und Schwester tauschten einen Blick. «Meiner Ansicht
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