Der Ball spielende Hund
Ihres Bruders.»
«Charles? Was wollen Sie von Charles?»
«Wer will etwas von Charles?», fragte eine angenehme Männerstimme.
Ein junger Mann mit gebräuntem Gesicht und unwiderstehlichem Lächeln trat ein. «Wer spricht hier von mir? Ich hörte meinen Namen. Aber ich habe nicht gehorcht. Horchen war in meiner Schule besonders streng verpönt. Theresa, mein Kind, was geht hier vor? Spuck’s aus!»
14
Ich muss gestehen, dass ich vom ersten Augenblick geheime Sympathie für Charles Arundell empfand. Er hatte etwas so Ungezwungenes und Sorgloses. Seine Augen zwinkerten lustig, und sein Grinsen war entwaffnend.
Charles setzte sich auf die Armlehne eines Fauteuils. «Worum handelt es sich, Kindchen?», fragte er.
«Das ist Monsieur Hercule Poirot, Charles. Er ist bereit, für uns – eh – dreckige Arbeit zu machen. Gegen bescheidenes Entgelt.»
«Ich verwahre mich!», rief Poirot. «Nicht dreckige Arbeit. Nennen wir es eine kleine, harmlose Täuschung, durch die die ursprüngliche Absicht der Erblasserin ausgeführt wird. Sagen wir so!»
«Sagen Sie, wie Sie wollen!», antwortete Charles verbindlich. «Aber wieso verfiel Theresa gerade auf Sie?»
«Überhaupt nicht. Ich kam aus eigenem Antrieb.»
«Um Ihre Dienste anzubieten?»
«Nicht gerade das. Ich suchte Sie. Ihre Schwester gab an, Sie seien im Ausland.»
«Theresa ist eine sehr vorsichtige Schwester. Sie täuscht sich selten. Misstrauisch wie eine Eule.»
Er lächelte ihr zärtlich zu, aber sie blieb ernst und sah nachdenklich und voll Unruhe drein.
«Da kann etwas nicht stimmen», fuhr Charles fort. «Monsieur Poirot ist doch berühmt dafür, dass er Verbrecher zur Strecke bringt, nicht dafür, dass er ihnen Vorschub leistet.»
«Wir sind keine Verbrecher», fiel Theresa scharf ein.
«Aber bereit, es zu werden. Ich dachte selber schon an eine kleine Urkundenfälschung. Das liegt mir. In Oxford wurde ich wegen eines kleinen Missverständnisses, das einen Scheck betraf, hinausgeworfen. Das war allerdings kinderleicht, man brauchte nur eine Null hinzuzufügen. Dann gab es einmal Streit mit Tante Emily und der Bank. Ein Blödsinn von mir. Ich hätte mir doch denken können, dass Tante Emily scharf aufpasste. Aber das alles waren Kleinigkeiten. Ein Testament, das wäre entschieden gewagt. Man müsste sich der steifen, hölzernen Ellen versichern und sie verleiten, dass sie erklärt, sie sei Zeugin gewesen. Keine leichte Arbeit. Ich könnte sie auch heiraten, dann wäre sie nach unseren Gesetzen nicht in der Lage, hinterher gegen mich auszusagen.» Er grinste Poirot liebenswürdig an. «Ich bin überzeugt, dass Sie irgendwo ein Aufnahmegerät verborgen haben und Scotland Yard unser Gespräch abhorcht.»
«Ihr Problem interessiert mich wirklich», antwortete Poirot mit leisem Vorwurf im Ton. «Natürlich kann ich mich auf nichts Gesetzwidriges einlassen. Aber es gibt verschiedene Wege – » Er brach vielsagend ab.
Charles zuckte die Achseln. «Ohne Zweifel! Sie müssen es wissen.»
«Wer waren die Zeugen des Testaments? Am 21. April, meine ich.»
«Purvis hatte seinen Angestellten mit; der zweite Zeuge war der Gärtner.»
«Es wurde in Gegenwart des Rechtsanwalts unterschrieben?»
«Ja.»
«Und Mr Purvis ist wahrscheinlich ein korrekter Mann?»
«Der Inbegriff der Korrektheit.»
«Er war gegen das zweite Testament», bemerkte Theresa. «Ich glaube, auf seine förmliche Art versuchte er sogar, es Tante Emily auszureden.»
Scharf fragte Charles: «Hat er dir das selbst gesagt, Theresa?»
«Ja. Ich war gestern bei ihm.»
«Das hat doch keinen Zweck, Süßes, siehst du das denn nicht ein? Es läppern sich nur immer mehr Kosten zusammen.»
«Ich bitte Sie», sagte Poirot, «mir jetzt die letzten zwei Wochen im Leben Ihrer Tante möglichst genau zu schildern. Wie ich höre, waren Sie beide und Doktor Tanios mit seiner Frau über Ostern bei ihr zu Besuch?»
«Ja.»
«Ereignete sich während dieses Wochenendes irgendetwas von Bedeutung?»
«Ich glaube nicht.»
«Nein? Ich dachte – »
Charles fiel ein: «Du denkst immer nur an dich, Theresa. Bei dir gab es nichts von Bedeutung, du warst im siebenten Himmel. Sie müssen wissen, Monsieur Poirot, Theresa hat nämlich einen blonden Schatz in Basing. Einen der Knochensäger des Ortes. Sie sieht daher alles durch eine rosarote Brille. Tatsache ist, dass meine geschätzte Tante die Treppe hinunterpurzelte und um ein Haar den Geist aufgegeben hätte. Ich wollte, sie hätte es getan. Dann wäre
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