Der Ball spielende Hund
Aber das Interessanteste ist, dass die Person, die keinen Nutzen davon hatte, wenn der Tod am Dienstag eingetreten wäre, den größten Nutzen hatte, wenn der Tod zwei Wochen später eintrat.»
«Worauf wollen Sie hinaus, Poirot?», fragte ich verdutzt.
«Ich denke über Ursache und Wirkung nach, mein Freund – Ursache und Wirkung.»
Ich sah ihn fragend an.
«Gehn Sie logisch vor, Hastings! Was geschah nach dem Unfall? Miss Arundell war bettlägerig und hatte viel Zeit zum Nachdenken. Da schrieb sie mir. Und der Brief wurde nicht zur Post gegeben. Schade, schade!»
«Sie haben den Verdacht, dass da irgendetwas faul ist, weil der Brief nicht abgeschickt wurde?»
Poirot runzelte die Stirn. «Ich muss gestehen, Hastings, das weiß ich nicht. Im großen Ganzen glaube ich, dass der Brief wirklich verlegt war. Ferner glaube ich – mit Bestimmtheit kann ich das natürlich nicht wissen –, dass überhaupt niemand von dem Vorhandensein dieses Briefes eine Ahnung hatte. Fahren wir fort! Was kam dann?»
«Der Besuch des Rechtsanwalts», sagte ich. «Und das neue Testament.»
«Ganz richtig. Unerwarteterweise machte sie ein neues Testament. Und jetzt müssen wir einer Bemerkung besondere Beachtung schenken, die von Ellen stammt. Ellen sagte, wie Sie sich erinnern werden, dass Miss Lawson sich bemühte, Miss Arundell zu verheimlichen, dass Bob die ganze Nacht ausgeblieben war.»
«Aber – oh, ich verstehe – nein, ich verstehe nicht! Ich begreife nicht, was Sie sagen wollen – oder –?»
«Nein. Aber Sie begreifen wenigstens die ungeheure Wichtigkeit dieser Bemerkung?», fragte er und sah mich grimmig an.
«Gewiss, gewiss», beeilte ich mich zu versichern.
«Und dann geschah alles mögliche», fuhr Poirot fort. «Charles und Theresa kamen zum Wochenende, und Miss Arundell zeigte ihm das zweite Testament – zumindest behauptet er das.»
«Sie glauben ihm nicht?»
«Ich glaube nur, was bewiesen ist. Miss Arundell zeigte es Theresa nicht.»
«Weil sie annahm, dass er es ihr sagen werde.»
«Hat er aber nicht getan. Warum nicht?»
«Charles behauptet, es ihr gesagt zu haben.»
«Theresa erklärt steif und fest, dass er nichts gesagt hat – ein sehr aufschlussreicher Widerspruch. Nachher nennt sie ihn einen Esel.»
«Es wird immer wirrer, Poirot!»
«Nehmen wir die Reihenfolge der Ereignisse wieder auf! Doktor Tanios kommt Sonntag nach Basing, vielleicht ohne Wissen seiner Frau.»
«Bestimmt ohne Wissen seiner Frau.»
«Sagen wir wahrscheinlich! Weiter! Charles und Theresa fahren Montag weg. Miss Arundell ist bei guter Gesundheit und Laune, isst ein reichliches Dinner und hält im Finstern eine Sitzung mit den Tripps und der Lawson. Gegen Ende der Séance wird ihr übel. Sie legt sich ins Bett, vier Tage später stirbt sie; die Lawson erbt das ganze Vermögen – und Captain Hastings sagt, sie sei eines natürlichen Todes gestorben.»
«Während Hercule Poirot sagt, das Essen sei vergiftet gewesen, und nicht die geringsten Beweise dafür hat.»
«Einige doch, Hastings. Denken Sie an unser Gespräch mit den Schwestern Tripp – und an eine in die Augen springende Bemerkung, die Miss Lawson im Lauf ihrer zerfahrenen Reden machte.»
«Sie meinen, dass die alte Dame Curry zum Dinner aß? Das Currypulver würde den Geschmack eines beigemischten Mittels überdeckt haben. Wollen Sie das damit sagen?»
Langsam antwortete Poirot: «Ja, der Curry hat vielleicht eine gewisse Bedeutung.»
«Aber wenn das zutrifft, was Sie trotz des ärztlichen Gutachtens behaupten, dann kann nur Miss Lawson oder die Haushälterin oder die Köchin sie umgebracht haben.»
«Wer weiß?»
«Oder die Tripps? Unsinn! Das glaube ich nicht. Alle diese Personen sind offenkundig unschuldig.»
Poirot zuckte die Achseln. «Vergessen Sie nicht, Hastings, Albernheit und Dummheit kann mit großer Schlauheit Hand in Hand gehn. Und übersehen Sie auch nicht den ersten Mordversuch. Das war nicht das Werk eines besonders klugen oder komplizierten Gehirns, sondern ein sehr einfacher Plan, zu dem Bob mit seinem Spielball die Idee gab. Eine Schnur vor die Stufe zu spannen, war leicht – ein Kind hätte darauf verfallen können.»
«Sie meinen – »
«Ich meine, dass wir hier nur eines zu suchen haben – den Wunsch zu töten. Sonst nichts.»
«Aber das Gift müsste sehr geschickt gewählt gewesen sein, damit es keine Spuren hinterließ – müsste eines sein, das man im Allgemeinen nicht leicht erhält. Verflucht und zugenäht! Poirot, ich
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