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Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Purvis schien schon den Gedanken anstößig zu finden. «Keineswegs. Das wäre im höchsten Grade ungehörig gewesen.»
    «Ließ sich aus irgendeiner Bemerkung Miss Arundells schließen, dass Miss Lawson von dem neuen Testament zu ihren Gunsten Kenntnis hatte?»
    «Im Gegenteil. Ich fragte in diesem Sinn, und Miss Arundell erwiderte sehr scharf, dass Miss Lawson keine Ahnung habe. Ich hielt es für ratsam, Miss Lawson nichts von dem neuen Testament zu sagen, was ich auch andeutete. Miss Arundell schien ganz meiner Meinung zu sein.»
    «Warum legten Sie gerade darauf solches Gewicht, Mr Purvis?»
    Der alte Herr erwiderte Poirots Blick voll Würde. «Solche Dinge bleiben meiner Ansicht nach besser unerörtert. Überdies hätte es später Grund zur Enttäuschung geben können.»
    «Ah!» Poirot schöpfte tief Atem. «Sie hielten es offenbar für wahrscheinlich, dass Miss Arundell in absehbarer Zeit ihren Entschluss ändern könnte.»
    Der Anwalt neigte den Kopf. «So ist es. Ich vermutete, dass es zwischen Miss Arundell und ihren Verwandten eine heftige Meinungsverschiedenheit gegeben hatte, und nahm an, dass sie ihren übereilten Entschluss bereuen werde, sobald sich die Erregung gelegt hätte.»
    «Und was hätte sie in diesem Fall getan?»
    «Mich beauftragt, ein neues Testament aufzusetzen.»
    «Sie hätte den einfacheren Weg einschlagen können, das zweite Testament einfach zu vernichten, wodurch das erste Testament wieder in Geltung getreten wäre, nicht wahr?»
    «Ein etwas strittiger Punkt. Alle früheren Testamentsbestimmungen wurden durch die Erblasserin ausdrücklich widerrufen.»
    «Aber Miss Arundell hätte nicht die juristischen Kenntnisse besessen, dieses Problem zu erfassen. Sie hätte vielleicht gedacht, dass durch Vernichtung des zweiten Testaments das erste wieder rechtskräftig würde.»
    «Das ist wohl möglich.»
    «Wenn sie ohne Testament gestorben wäre, hätte die Familie das Vermögen geerbt?»
    «Ja. Die Hälfte Mrs Tanios und je ein Viertel Charles und Therese Arundell. Aber die Tatsache bleibt bestehen, dass sie ihren Entschluss nicht änderte. Sie starb, ohne das zweite Testament widerrufen zu haben.»
    «Und hier», sagte Poirot, «beginnt meine Arbeit.»
    Der Anwalt sah ihn fragend an, und Poirot fuhr fort: «Nehmen wir an, Miss Arundell wollte auf ihrem Sterbebett das zweite Testament vernichten. Nehmen wir an, sie hat geglaubt, es vernichtet zu haben – hatte aber in Wirklichkeit nur das erste Testament vernichtet.»
    Mr Purvis schüttelte den Kopf. «Nein, beide Testamente waren unberührt.»
    «Dann wollen wir annehmen, sie habe ein falsches Testament – eine Attrappe – vernichtet, im Glauben, es sei das echte. Sie war schwer krank, und es wäre ein Leichtes gewesen, sie zu täuschen.»
    «Dafür müssten Sie Beweise erbringen», sagte der Anwalt scharf.
    «Oh, gewiss – gewiss…»
    «Darf ich fragen, ob ein Grund zu der Annahme besteht, dass sich dergleichen zugetragen hat?»
    Poirot richtete sich auf. «Ich möchte mich derzeit noch nicht äußern – »
    «Natürlich!», versetzte der Rechtsanwalt auf diese ihm so geläufige Formel.
    «Aber in strengstem Vertrauen kann ich Ihnen sagen, dass der Fall seine sonderbaren Seiten hat.»
    «So? Was Sie nicht sagen!» Mr Purvis rieb sich die Hände, gleichsam in erwartungsvoller Vorfreude.
    «Was ich von Ihnen wissen wollte, Mr Purvis, und was ich nun weiß, ist, dass Miss Arundell früher oder später ihren Entschluss geändert und eine andere Haltung gegen ihre Familie eingenommen hätte.»
    «Das», erwiderte der Rechtsanwalt, «ist selbstverständlich nur mein persönlicher Eindruck.»
    «Natürlich. Übrigens – Sie sind nicht etwa Miss Lawsons Anwalt?»
    «Ich habe Miss Lawson empfohlen, sich an einen unbeteiligten Anwalt zu wenden», sagte Mr Purvis hölzern.
    Poirot dankte ihm für die Auskünfte, und wir gingen.

20
     
    Auf der Fahrt von Harchester nach Basing sprachen wir über die Lage.
    «Poirot», fragte ich, «haben Sie einen Grund zu der Annahme, dass Miss Arundell glaubte, sie habe das Testament vernichtet?»
    «Nein, mein Freund. Aber ich fühlte mich verpflichtet, irgendetwas dieser Art anzudeuten. Mr Purvis ist ein schlauer Kopf. Wenn ich nicht eine solche Vermutung geäußert hätte, würde er sich gefragt haben, was ich bei der ganzen Sache zu suchen habe.»
    «Wissen Sie, Poirot, an wen Sie mich erinnern?»
    «Nein, mein Freund.»
    «An einen Jongleur, der mit verschiedenfarbenen Bällen spielt. Alle

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