Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ball spielende Hund

Der Ball spielende Hund

Titel: Der Ball spielende Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
gefunden habe. Zum Beispiel den Brief, den der Mann gebracht hatte. Nichts dergleichen war gefunden worden, aber im Kamin lag ein Stoß verkohlten Papiers.
    Nachdenklich nickte Poirot.
    Mrs Peters hatte, soweit im Hotel bekannt war, keinen Besuch empfangen; niemand hatte ihr Zimmer betreten, bis auf den Mann, der die Kinder geholt hatte.
    Ich fragte den Portier, wie der Mann ausgesehen habe, aber er konnte mir nur eine ganz unbestimmte Beschreibung geben. Mittelgroß, blond vermutlich, militärische Erscheinung – das war alles. Nein, der Mann habe bestimmt keinen Bart gehabt.
    «Es war nicht Tanios», sagte ich halblaut zu Poirot.
    «Mein lieber Hastings! Glauben Sie wirklich, dass Mrs Tanios – nach all der Mühe, die sie sich gegeben hatte, die Kinder von ihrem Vater wegzubringen – sie glattweg ihm zurückgeben würde, ohne ein Wort zu sagen?»
    «Aber wer war der Mann?»
    «Offenbar jemand, dem Mrs Tanios vertraute, oder – noch wahrscheinlicher – er war von einem Dritten geschickt, dem Mrs Tanios vertraute.»
    «Mittelgroß», murmelte ich vor mich hin.
    «Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf über sein Äußeres, Hastings! Ich weiß ganz bestimmt, dass dieser Mann ganz unwichtig war. Der eigentliche Drahtzieher blieb im Hintergrund.»
    «Und der Brief – den hatte dieser Dritte geschrieben?»
    «Ja.»
    «Mrs Tanios vertraute ihm?»
    «Offenbar.»
    «Der Brief wurde verbrannt?»
    «Ja, sie hatte den Auftrag, ihn sogleich zu verbrennen.»
    «Und der Bericht, den Sie ihr gaben?»
    «Auch der ist verbrannt. Aber das macht nichts. Denn er ist noch vorhanden – hier, im Kopf von Hercule Poirot.»
    Er fasste mich am Arm. «Kommen Sie, Hastings! Wir müssen uns mit den Lebenden befassen, nicht mit den Toten.»

29
     
    Um elf Uhr vormittags am folgenden Tag kamen alle in Littlegreen House zusammen.
    Hercule Poirot stand am Kamin. Charles und Theresa Arundell saßen auf dem Sofa, Charles auf der Seitenlehne, die Hand auf die Schulter seiner Schwester gelegt. Dr. Tanios saß in einem Ohrensessel. Er hatte gerötete Augen und trug einen schwarzen Flor um den Ärmel.
    Auf einem geradlehnigen Stuhl am runden Tisch saß die Eigentümerin von Littlegreen House, Miss Lawson. Auch sie hatte rotgeweinte Augen; ihr Haar war noch unordentlicher als sonst. Dr. Donaldson saß mit ausdrucksloser Miene Poirot gegenüber.
    Ich sah von einem Gesicht zum anderen. Eine kleine Gesellschaft, äußerlich gefasst, die Mienen manierliche Masken. Binnen Kurzem würde Poirot die Maske von einem dieser Gesichter reißen und es als das entlarven, was es war – das Gesicht eines Mörders.
    Ja, einer von ihnen war ein Mörder. Aber wer? Nicht einmal jetzt wusste ich es bestimmt.
    Poirot räusperte sich, ein wenig würdevoll, wie es seine Gewohnheit ist, und begann:
    «Meine Damen und Herren! Wir sind hier zusammengekommen, um die Hintergründe von Emily Arundells Tod aufzudecken. Es gibt vier Möglichkeiten: dass sie eines natürlichen Todes starb; dass sie infolge eines Unfalls starb; dass sie sich selber das Leben nahm und dass ihr Tod von fremder Hand verursacht wurde. Man nahm an, dass sie eines natürlichen Todes gestorben sei, und Doktor Grainger stellte einen Totenschein in diesem Sinne aus.
    Wenn sich nach der Bestattung Zweifel über die Todesursache ergeben, wird meist die Leiche exhumiert. Ich hatte meine Gründe, diesen Weg nicht einzuschlagen – vor allem den, dass es meiner Auftraggeberin nicht recht gewesen wäre.»
    Dr. Donaldson unterbrach ihn mit der Frage: «Ihrer Auftraggeberin?»
    Poirot wandte sich ihm zu. «Meine Auftraggeberin ist Miss Emily Arundell. Es war ihr lebhaftester Wunsch, dass kein Skandal erregt werde.»
    Poirot sprach dann von dem Brief, den er zwei Monate nach Miss Arundells Tod erhalten hatte, und las ihn vor; hierauf schilderte er, was er in Basing unternommen und in Erfahrung gebracht hatte.
    Dann räusperte er sich wieder: «Wir müssen uns zunächst vergegenwärtigen, was in Miss Arundells Geist vorging. Sie liegt nach einem Sturz zu Bett, einem Sturz, der angeblich durch den Spielball des Hundes verursacht wurde – aber sie weiß, dass das nicht wahr ist. Sie ruft sich die Einzelheiten des Unfalls ins Gedächtnis zurück und kommt zu der Überzeugung, dass jemand ihr Schaden zufügen, vielleicht sie töten wollte.
    Sie fragt sich, wer es gewesen sein könne. Sieben Personen waren im Haus anwesend: vier Gäste, ihre Gesellschafterin und die beiden Dienstboten. Nur eine von diesen sieben Personen

Weitere Kostenlose Bücher